Der Temagami Grünsteingürtel in Kanada verrät den Forschenden einiges über die Frühzeit der Erde.

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Wiener Forschende haben eine neue geochemisches Informationsquelle erschlossen, die Einblicke bis in die Frühzeit der Erde gewährt: Aus dem Vorkommen eines Wolfram-Isotops in speziellen geologischen Formationen, die einst im Meerwasser entstanden sind, kann man schließen, wie sich der Erdmantel und die Kontinente in der Erdfrühzeit entwickelt haben. Dies biete neue Möglichkeiten, die Erde im Präkambrium besser zu verstehen, wie die Autorinnen und Autoren im Fachjournal "Nature Communications" berichten.

Rückschlüsse auf Meteoriteneinschläge

Um die Vorgänge im Erdmantel – die mittlere Schale des Planeten zwischen Erdkruste und Erdkern – in der Frühzeit der Erde zu erforschen, wurden schon bisher zwei Isotope von Hafnium und Wolfram untersucht. So zeigt das Isotop 182Wolfram u.a. an, wie sehr die Erde intensiven Meteoriteneinschlägen ausgesetzt war und wie rasch sich der Erdmantel im Laufe der Erdgeschichte mit diesem Meteoritenmaterial vermischt hat.

Allerdings wurden für solche Untersuchungen magmatische Gesteine der wenigen Relikte sehr alter Kontinente etwa in Australien oder Südafrika verwendet. Einerseits gibt es nur noch wenige Proben davon, andererseits ist unklar, ob diese Gesteine tatsächlich repräsentativ für die globale Erdentwicklung sind.

Präkambrische Ablagerungen

Andrea Mundl-Petermeier und Sebastian Viehmann vom Department für Lithosphärenforschung der Universität Wien haben nun gemeinsam mit Kollegen aus Deutschland gezeigt, dass sich das Isotop 182Wolfram in sogenannten gebänderten Eisenformationen als geochemisches Archiv eignet. Solche Formationen mit eisen- und quarzreichen Lagen stammen vorwiegend aus dem Präkambrium, sind also zwischen 3,8 Milliarden Jahre und 540 Millionen Jahre alt.

Sie entstanden durch chemische Ablagerungen aus dem Meer und repräsentieren daher direkt die Meerwasserchemie der jeweiligen Entstehungszeit. "Wir sehen uns die damalige Erde somit quasi aus der Perspektive des Meeres an", erklärte Viehmann.

Konkret untersuchen die Forscher eine 2,7 Milliarden Jahre alte Eisenformation aus dem kanadischen Temagami Grünsteingürtel. Sowohl die eisen- als auch die quarzreichen Bänder zeigen die für diese Zeit typischen Anreicherungen mit 182Wolfram, es gibt aber auch signifikante Unterschiede zwischen den Bändern. In den hellen Quarzschichten finden sich Hinweise auf die Verwitterung der Kontinente, in den dunklen Eisenlagen hingegen Hinweise auf die Zusammensetzung des Erdmantels durch Ablagerungen aus hydrothermalen Systemen ähnlich den heutigen 'Schwarzen Rauchern'.

Durchmischter Erdmantel

"Wir konnten somit nachweisen, dass sich mithilfe der gebänderten Eisenformationen sowohl die geodynamische Entwicklung des Mantels als auch der Kontinente innerhalb einer einzelnen Probe nachverfolgen lässt", so Mundl-Petermeier. Die Forscher hoffen, mithilfe der neuen Methode detaillierte Erkenntnisse über die sehr frühe Entwicklung der Erde gewinnen zu können – etwa zur Frage, wie lange es dauerte, bis der Erdmantel vollkommen durchmischt war.

"Die letzten rund 0,5 Prozent der Erdmasse trudelte in Form von Meteoriten ein – aber wie lange es schlussendlich brauchte, bis sich diese meteoritischen Komponenten vollkommen mit dem Mantel vermischt haben, ist noch unklar", so Viehmann. Dies könne man nun mithilfe der 182Wolfram-Signatur nachvollziehen. (APA, red, 18.5.2022)