Für Fischer wie Darren Kenyon aus Grimsby hat sich die Situation nach dem Brexit weiter verschlechtert.

Foto: Sebastian Bellwinkel

Hat sein Votum für den Austritt aus der EU schnell bereut: Carl Mc Glone, Inhaber von Cave Street Fisheries in Hull.

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Die Fischer im Nordosten Englands waren so etwas wie Galionsfiguren der Brexit-Bewegung. Fast 70 Prozent von ihnen haben für den Austritt aus der Europäischen Union gestimmt. Und das, obwohl sie als "rote Wand", als tief verwurzelt in der Labour Party, galten. Heute ist die Ernüchterung groß: "Ich schäme mich, für den Austritt gestimmt zu haben, und würde die Zeit gerne zurückdrehen", sagt einer von ihnen gleich zu Beginn der Reportage Re: Brexit ja, Zukunft nein – Der Frust der britischen Fischer, zu sehen heute, Freitag, um 19.40 Uhr auf Arte und weiterhin in der Mediathek.

Erzählt wird ein so simples wie offenbar ewig gültiges politisches Lehrstück über große Versprechungen und deren Enttäuschung. Bereits seit den 1990er-Jahren wurde die wirtschaftliche Situation für die Fischer wegen der Fangquoten immer schwieriger. Das macht sich im Dezember 2019 ein Politiker zunutze, der gerade auf Stimmenfang im Kampf um das Amt des Premierministers ist: Boris Johnson. In der Montur der Fischfabrikarbeiter taucht er auf und fabuliert von der rosigen Zukunft der Fischerei nach einem Brexit, von besseren Fangquoten und dem Ende der EU-Bürokratie, von Geld, das künftig in das britische Gesundheitssystem fließen wird.

Nichts davon hat sich bewahrheitet. Die Fischer auf ihren kaum noch leistbaren Booten wurden ebenso verraten wie die Händler und Lieferanten. Die gezeigten Einzelschicksale sind düster. Immerhin gibt es in Hull nach wie vor ein Hip-Hop-Projekt, das die Jugendlichen von der Straße fernhalten soll. Wie Projektleiter Steve erzählt, kamen dafür in der Vergangenheit Gelder von der EU. Was dafür heute aus London kommt? Nichts. (Karl Gedlicka, 20.5.2022)