Jeder Mensch sollte das Recht haben, ein Leben ohne eigenes Auto führen zu können, sagt die Mobilitätsexpertin Katja Diehl, die kürzlich ihr Buch "Autokorrektur" veröffentlicht hat. In der aktuellen Episode des Podcasts "Edition Zukunft Klimafragen" erklärt sie, wie ein Leben ohne Auto gelingen könnte – und welche politischen Weichenstellungen es bräuchte.

Das Elektroauto sieht Diehl jedenfalls nicht als Allzwecklösung, denn viele Probleme bleiben auch mit der klimafreundlicheren Antriebsart bestehen. Reifenabrieb, eine der größten Quellen für Feinstaub, gibt es auch beim Elektroauto, auch die Lärmbelastung ist im Vergleich zum Verbrenner nur wenig reduziert.

Ins Auto gezwungen

Diehl hat sich vor allem mit sozialen Aspekt von Verkehr beschäftigt und hierzu 60 Menschen zu ihrem Mobilitätsverhalten befragt. Ihre Erkenntnis: Viele fahren nicht mit dem Auto, weil sie es so lieben, sondern weil sie müssen. So haben etwa 90 Prozent der Frauen schon Belästigung in Öffentlichen Verkehrsmittel erlebt, viele fühlen sich nachts als Fußgängerinnen nicht sicher. "Das sind alles Gründe, warum Menschen ins Auto einsteigen", sagt Diehl.

Eine soziale Zwickmühle sind auch die Kosten. Oft wird kritisiert, dass Autofahren zu günstig ist. Würden Steuern und Spritpreise steigen, trifft das aber oft die Ärmsten. Doch Diehl merkt an, dass die Preise im öffentlichen Nahverkehr in den vergangenen Jahrzehnten stärker gestiegen sind als jene von Diesel und Benzin. "Aber ich habe noch nie einen Politiker gesehen, der empört vor einem Ticketautomaten steht und sagt: 'So geht das nicht weiter'", merkt Diehl an.

Sie fordert vor allem von der Politik, Alternativen zum eigenen Auto zu schaffen. "Es darf keinen Zwang zum Auto mehr geben", sagt die Mobilitätsexpertin. Gelingen könnte das etwa durch sichere Wege für Radfahrerinnen und Fußgänger und öffentlichen Verkehr, der auch die sogenannte "nicht-männliche Mobilität" berücksichtigt. (Nora Laufer, Philip Pramer, 20.5.2022)