Mitte Mai ist Saisonstart für die Schafe auf der Donauinsel: 70 von ihnen werden alljährlich zum nördlichen Teil der Insel gebracht, um bis November als natürliche Rasenmäher zum Einsatz zu kommen. Die "tierischen Mitarbeiter" der Stadt, wie man sie in der Magistratsabteilung 45 für Wiener Gewässer nennt, ersetzen dort die maschinelle Wiesenmahd.

Die Schafbeweidung ist Teil des EU-Projekts Life Dicca (Danube Island Climate Change Adaptation), das die gesamte Donauinsel und die mit ihr unmittelbar in Verbindung stehenden Oberflächengewässer sowie das Grundwasser umfasst. Die darin vorgesehenen Maßnahmen sollen den negativen Auswirkungen des Klimawandels im Ökosystem und Naherholungsgebiet entgegenwirken – sie sollen daher klimaschonend und CO2-einsparend durchgeführt werden.

Auch wenn sie beim Mähen mähen, sind Schafe leiser als Maschinen. Und umweltfreundlicher sowieso.
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Für Wiesen und Artenvielfalt

Hier kommen die Schafe ins Spiel, die umweltfreundlicher und auch leiser sind als Maschinen. Außerdem sollen sie die Artenvielfalt und die Vernetzung von Biotopflächen erhöhen. Schafe lassen beim Grasen immer auch Pflanzen übrig, wodurch Wiesen mit längeren oder kürzeren Pflanzen entstehen.

Acht Hektar Fläche haben die Tiere im Vorjahr getrimmt – was der Fläche von elf Fußballfeldern entspricht. Die Schafe werden dabei durch einen mobilen, hüfthohen elektrischen Weidezaun geschützt, der beliebig verlegt werden kann. Nach jeweils gut einer Woche ist ein Teilstück abgegrast, und die Herde wird auf eine neue Fläche umgesiedelt. Die aktuell werkende Schafherde setzt sich aus verschiedenen alten und seltenen Rassen zusammen, wie dem Wald-, Zackel- und Steinschaf, die in Österreich als gefährdet gelten. Auch internationale Rassen wie Coburger Fuchsschaf, Shropshire und Berrichon du Cher finden sich darunter.

Die Herde besteht aus Mutterschafen und deren Lämmern sowie einem kastrierten Widder. Sie gehört dem Mostviertler Landwirtschaftsbetrieb Kablhof des Ehepaares Nikolaus und Verena Kirchmayr im niederösterreichischen Sankt Peter. Die Tiere lösen die bisherigen Krainer Steinschafe ab, die in den vergangenen drei Jahren ihren Dienst in Wien absolviert haben.

Während sich Herr und Frau Kirchmayr über den Einsatz von Willi, Lotti, Rosi, Fritzi, Fridolin und dem Rest ihrer Herde freuen, wie sie auf ihrer Homepage festhalten, sorgte die Nachricht über die Neuvergabe des Auftrags beim Wuk-Bioschafe-Team, das bisher die Mähschafe zur Verfügung gestellt hat, für "Bedauern". Bei der Neuausschreibung seien "weder Regionalität und Biozertifizierung noch der Umstand, dass Wuk-Bioschafe Arbeitsplätze für ehemals Langzeitarbeitslose schafft, ein Kriterium" gewesen, kritisiert Ursula Königer, Betriebsleiterin des Projekts.

Das Wuk (Werkstätten- und Kulturhaus) unterstützt in Wien und Niederösterreich mit mehreren Projekten Menschen auf Jobsuche. Im Rahmen des Schaf-Programms fanden in den vergangenen drei Jahren zwei Betroffene eine neue Aufgabe – die sie nun verlieren könnten. Außerdem drohe auch einem Schäfer der Jobverlust. Und die Zukunft der Schafe sei ungewiss, man befürchte, dass einige verkauft werden müssen. Dementsprechend groß sei nun die Verzweiflung, beklagt Königer.

Ausschreibung gewonnen

Die Stadt Wien weist ihrerseits darauf hin, dass die Schafbeweidung inzwischen über ein Vergabeverfahren ausgeschrieben wird. "Grundsätzlich tut es mir leid, dass das Wuk die Ausschreibung nicht gewonnen hat, weil die Zusammenarbeit sehr gut war", sagt MA-45-Leiter Gerald Loew. Die vergangenen drei Jahre habe es sich allerdings um ein Entwicklungsprojekt gehandelt, dessen ökologische Wirkung für Wiese und Insekten sich bestätigt habe. Deshalb habe die Stadt entschieden, auch über das Ende des EU-Projekts hinaus an den Mähschafen festzuhalten. Bei der Ausschreibung, für die gesetzliche Vorgaben gelten, "wurden allen dieselben Möglichkeiten gegeben", sagt Loew. Dieses Mal habe am Ende nach dem Bestbieterprinzip jemand anderer den Zuschlag erhalten. (Anna Giulia Fink, 20.5.2022)