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Der republikanische Gouverneur Kevin Stitt tritt für eine harte Antiabtreibungslinie in Oklahoma ein.

Foto: AP Photo/Sue Ogrocki, file

Gouverneur Kevin Stitt war klar in seiner Ankündigung, dass er aus Oklahoma jenen US-Bundesstaat machen möchte, der am härtesten gegen Abtreibungen vorgeht. Und der Republikaner ist kurz vor seinem Ziel. Am Donnerstag unterstützte eine eindeutige Mehrheit von 73 zu 16 Stimmen im Abgeordnetenhaus ein Gesetz, mit dem fast alle Abtreibungen verboten werden – und zwar ab dem Zeitpunkt der Empfängnis. Stitt muss das Gesetz nur noch unterschreiben, damit es unmittelbar in Kraft tritt.

Dann gibt es keine Frist mehr, in der eine Schwangerschaft legal abgebrochen werden kann. Es gibt nur Ausnahmen in Fällen von Vergewaltigung oder Inzest. Diese gelten aber nur, wenn sie angezeigt wurden.

Einzelpersonen zeigen an

So wie der Bundesstaat Texas es bei seinem bis dato restriktivsten Gesetz in den USA vorgemacht hat, werden auch in Oklahoma nicht die Behörden mögliche Verstöße verfolgen. Vielmehr sollen Bürgerinnen und Bürger Menschen und Institutionen anzeigen, die Abtreibungen unterstützen oder durchführen. Indem das auf Einzelpersonen abgewälzt wird und nicht staatliche Stellen das Gesetz durchsetzen, können es weder untere Gerichte noch das US-Höchstgericht blockieren – selbst wenn die Regelung gegen das verfassungsgegebene Recht auf Abtreibung verstößt, das durch das berühmt gewordene Gesetz "Roe v. Wade" festgestellt wurde.

Im Fall einer Verurteilung sollen die anzeigenden Personen – wie in Texas – mindestens 10.000 Dollar Belohnung erhalten. Unter anderem, um den "emotionalen Schmerz" zu kompensieren. Frauen, die ihre Schwangerschaft abbrechen lassen, sind von Strafen ausgenommen. Diese rote Linie wollten die Gesetzgeber nicht überschreiten.

Im Vorfeld gegen Roe v. Wade

"Es kann nichts Höheres oder Entscheidenderes geben als die Verteidigung von unschuldigem, ungeborenem Leben", sagte der republikanische Abgeordnete Jim Olsen vor der Abstimmung im Parlament. Das Gesetz definiert ein ungeborenes Kind als "menschlichen Fötus oder Embryo in jeder Stufe der Schwangerschaft von der Befruchtung bis zur Geburt". Die zahlenmäßig unterlegenen Demokraten im Abgeordnetenhaus haben bis zuletzt ihre republikanischen Kolleginnen und Kollegen darum gebeten, nicht Abtreibung zu verbieten, sondern sich stattdessen auf die Unterstützung von Familienplanungsprogramm zu konzentrieren.

Das Gesetz ist die letzte einer Reihe von Restriktionen, die das Abtreibungsrecht kippen wollen. Es wird erwartet, dass auch der Supreme Court in absehbarer Zeit das Grundsatzurteil Roe v. Wade aufheben könnte. Ein an die Öffentlichkeit gelangter Urteilsentwurf von Höchstrichter Samuel A. Alito legte ein entsprechendes Vorgehen nahe.

Angst vor Stammesgebieten

In der Vorwoche hatte Gouverneur Stitt in einem Interview auf Fox News Bedenken angemeldet, wonach das restriktive Gesetz in Oklahoma umgangen werden könnte, indem auf indigenem Gebiet Abtreibungen durchgeführt werden. Verbrechen, die auf diesen Gebieten verübt werden, können laut einem Supreme-Court-Urteil aus dem Jahr 2020 nämlich nur von indigenen Gerichten oder staatlichen Gerichten behandelt werden. Bundesstaatliche oder lokale Strafverfolgungsbehörden haben darüber keine Gewalt.

"Sie wissen, dass die Stämme in Oklahoma superliberal sind", sagte Stitt im Interview. "Also ja, wir glauben, dass es eine Möglichkeit gibt, dass manche Stämme Abtreibungen auf Nachfrage durchführen werden. Die glauben, dass man ein eintausendstel Stammesmitglied sein kann und deshalb die bundesstaatlichen Gesetzen nicht befolgen muss. Das ist etwas, das wir beobachten." (Bianca Blei, 20.5.2022)