Währen der Bitcoin-Preis fällt und fällt, steigt der Dollar-Index in immer höhere Höhen.

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Während Aktien und Kryptowährungen wie Bitcoin seit Monaten massiv an Wert verlieren, gibt es auch einen Ausreißer im globalen Finanzsystem. Scheinbar unbeeindruckt von der sich seit längerem abzeichnenden Inflation und globalen Krisen wie der Russland-Invasion kletterte der Dollar-Index, der die US-Währung mit anderen Weltwährungen wie dem Euro, dem japanischen Yen, dem britischen Pfund und dem Schweizer Franken abgleicht, vergangenen Freitag auf den höchsten Stand seit 20 Jahren.

Der Dollar-Index ist so hoch wie zuletzt vor 20 Jahren.
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Die vorläufige Höchstmarke des Dollar fiel mit einem anderen Ereignis an den Märkten zusammen: Nur wenige Stunden versetzt erreichte Bitcoin mit knapp 25.000 Dollar den niedrigsten Stand seit Ende 2020. In der Kryptoszene wird die Korrelation von Dollar-Kurs und Bitcoin-Kurs seit vielen Jahren diskutiert. Die Hypothese lautet, dass ein starker Dollar schlecht für Kryptokurse und andere Anlageformen ist, während der schwächelnde Dollar Bitcoin eher in neue Höhen treibt.

Bitcoin vs. Dollar

In der Tat finden sich in der Preisentwicklung der vergangenen Jahre einige Hinweise, dass die Korrelation negativ ist, Bitcoin sich also entgegengesetzt zum Dollar entwickelt. Als der Dollar-Index nach der Wahl von US-Präsident Donald Trump im Jahr 2017 praktisch ein Jahr kontinuierlich an Wert verlor, schoss Bitcoin auf seinen damaligen Höchststand von fast 20.000 Dollar hoch. Das Ende des damaligen Kryptohypes inklusive Preisabsturz fiel auch damals mit der Trendumkehr beim Dollar zusammen.

Ähnliches zeigte sich 2020 nach dem Corona-Crash der Märkte und Bitcoin. Der Zeitpunkt markierte einen vorübergehenden Höchststand des Dollar. Während die Weltwährung Monat für Monat schwächelte, setzten Bitcoin und der gesamte Kryptomarkt zu einer enormen Rallye an. Der Bitcoin-Preis kletterte von etwa 4.000 auf über 60.000 Dollar, um im Mai 2021 eine heftige erste Preiskorrektur zu erleben. Seit diesem Zeitpunkt zieht auch der Dollar-Preis stark nach oben.

Kryptoszene hofft auf Dollar-Korrektur

Auch wenn das Zwischenhoch von Bitcoin im Herbst 2021 der Theorie auf den ersten Blick widerspricht, ist doch nicht ganz von der Hand zu weisen, dass die größte Kryptowährung sich besonders schwertut, wenn der Dollar-Index nach oben schießt. Zuletzt war das im April der Fall, als Bitcoin in den darauffolgenden Wochen 45 Prozent an Wert verlor, während der Dollar-Index mit sechs Prozent Plus zu seinem höchsten Stand seit zwei Jahrzehnten abhob.

Der Bitcoin-Preis (orange) und der Wert des Dollar-Index entwickeln sich meist entgegengesetzt.
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Wenig abgewinnen kann der Theorie der negativen Korrelation der Finanzexperte und Gründer des Risikokapitalgebers Venionaire, Berthold Baurek-Karlic: "Ein derartiger Kursrutsch lässt sich nicht nur mit einem Parameter – dem Dollar – begründen. Hier spielen viele Effekte zusammen." Mit Lieferengpässen, Ukraine-Krieg et cetera befänden wir uns in einer Sondersituation, in der Asset-Manager üblicherweise Risiko aus dem Portfolio nehmen. Sollte es diese Korrelation doch geben, kann sie laut Baurek-Karlich nicht stabil sein.

In der Kryptoszene hofft man nach acht aufeinanderfolgenden Wochen im Minus dennoch, dass der Dollar-Index eine Trendumkehr einläutet und somit auch dem Bitcoin-Preis eine Verschnaufpause verschafft. Tatsächlich konnten sich die Kryptopreise in den vergangenen Tagen ein wenig stabilisieren, was erneut mit dem erstmals leicht schwächelnden Dollar zusammenfiel. Kann der Index allerdings die Marke von 105 knacken und zu einem neuen Höhenflug ansetzen, könnte es für den Kryptomarkt noch ungemütlicher werden, als es jetzt schon ist.

Dollar als sicherer Hafen

Ein einfacher Grund für die derzeit entgegengesetzte Korrelation ist, dass Bitcoin ähnlich wie Aktien als riskante Anlage gilt. Werden diese Asset-Klassen abgestoßen, um Liquidität zu erhalten bzw. Gewinne abzuschöpfen, stärkt das eine Weltwährung wie den US-Dollar. Befindet sich dieser zudem in einem längeren Aufwärtstrend auch gegenüber anderen großen Währungen, erhalten Investorinnen eine aktuell risikoarme Anlageform. Summa summarum kann man sagen: Steigt der Zins, sinkt die Risikobereitschaft. Sinkt die Risikobereitschaft, leiden Bitcoin und Co darunter. Bei einem niedrigen Zins geht es in die andere Richtung.

Ein anderes historisch interessantes Beispiel ist der Zusammenhang von Dollar-Preis und Goldwert nach Platzen der Internet- und Technologieblase Anfang der 2000er-Jahre. Während der zuvor stark gestiegene Dollar ab März 2002 einen jahrelangen Abwärtstrend zu verkraften hatte, profitierte Gold damals von einem 600-prozentigen Anstieg in den kommenden neun Jahren. Eine Korrelation zwischen Bitcoin und Gold bestätigt Baurek-Karlic: "Herrscht am Markt Verunsicherung oder gehen Inflationsängste um, steigen üblicherweise sowohl Bitcoin- als auch Goldkurs." Aktuell bewegt sich Gold etwa zehn Prozent unter seinem absoluten Höchstwert seitwärts. (Martin Stepanek, Andreas Danzer, 21.5.2022)