Wenn es im Eigenheim hakt in puncto WLAN, haben sich Mesh-Systeme in den letzten Jahren als in der Regel gut funktionierende und einfach installierbare Lösungen etabliert. Hier arbeitet ein vom Hersteller aufeinander abgestimmtes System an meist identischen Routern zusammen, um einerseits hohe Signalabdeckung und andererseits auch gute Bandbreiten und niedrige Latenzen zu bieten. Intelligentes Routing innerhalb des Meshs hin zum Modem des Internetanbieters soll das möglich machen.

Nachdem wir zuletzt mit dem D-Link Covr-X1860 und dem Xiaomi Mesh AX3000 zwei eher günstige Systeme unter die Lupe genommen haben, ist es nun Zeit für einen Blick in eine Preisstufe darüber. Seit kurzem neu am Markt sind die Deco-XE75-Mesh-Router des chinesischen Netzwerkroutiniers TP-Link. Sie kosten im Dreierpack rund 600 Euro bzw. 400 und 200 Euro als Duo und Einzelgerät. Sie werben mit dem Label "AXE5400", also theoretischen 5400 Mbit/s netzwerkinterner Gesamtübertragungsleistung, bestehend aus 600 Mbit/s im 2,4-GHz-Band sowie jeweils 2400 Mbit/s im 5- und 6-GHz-Spektrum.

Foto: DER STANDARD/Pichler

Wi-Fi-6E-Disclaimer

Gleich eines vorweg: Wie techaffinen Leserinnen und Lesern soeben aufgefallen sein wird, unterstützt das System Wi-Fi 6E. Unter diesem Marketingbegriff, bei dem das E gerne mit "Extended", "Enhanced" oder "Evolved" übersetzt wird, versteht man eine Erweiterung des Frequenzspektrums um Frequenzen des zuvor für WLAN-Zwecke unerschlossenen 6-GHz-Bands. Das ist eigentlich gut, eröffnet das doch höhere Bandbreiten bei niedrigeren Latenzen. Während in Deutschland entsprechende Frequenzen bereits freigegeben wurden, fehlen in Österreich aber leider noch die regulatorischen Grundlagen.

Das bedeutet, dass man derzeit die Vorteile von Wi-Fi 6E hierzulande noch nicht (legal) nutzen kann. Sofern man bei der Einrichtung von Geräten nicht schummelt, ist die 6-GHz-Option daher auch standardmäßig deaktiviert. Das gilt auch für die Deco-XE75-Router, die somit als "normale" ax-Router getestet wurden. Abhilfe soll aber noch im Laufe des Jahres geschaffen werden, ehe im März 2023 eine EU-weite Harmonisierung auf den Frequenzbereich 5,925 GHz bis 6,425 GHz erwartet wird.

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Basics und Testumgebung

Die Router präsentieren sich als weiße Kunststoffzylinder. Die Oberseite ist schwarz und in "Wellenästhetik" gehalten. Der Durchmesser beträgt 10,5 Zentimeter, die Höhe 16,8 Zentimeter. Auf der Vorderseite finden sich ein Produktlogo sowie eine Zustands-LED, die unten zwischen den Belüftungsschlitzen hervorleuchtet. Hinten liegen der Stromanschluss und drei Gigabit-RJ45-Ports. Einer davon wird beim "Hauptrouter" dazu verwendet, ihn mit dem Modem zu verbinden, bei den Satelliten stehen alle zum Anschluss von Geräten zur Verfügung. Auf der Unterseite findet man einen Reset-Button zur Rücksetzung der Router auf ihre Werkseinstellung.

Testumgebung ist eine länglich aufgebaute 46-Quadratmeter-Altbauwohnung, in welcher der Kabelanschluss am Nordende liegt und die WLAN-Abdeckung mit einzelnen Routern dank dicker Wände eher schlecht als recht möglich ist. Für den Test stand zwar das Dreierpack der Router zur Verfügung, für einen besseren (und bedarfsgerechteren) Vergleich mit den zuvor getesteten Systemen wurden aber nur zwei der Router platziert: einer direkt neben dem Kabelmodem, der zweite im Badezimmer, das sich circa mittig in der Wohnung befindet. Theoretisch sollen zwei der Router eine Fläche von über 500 Quadratmetern mit WLAN abdecken können, das ist aber freilich als reiner Laborwert zu verstehen.

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Einrichtung und Verwaltung

Die Einrichtung des Systems läuft über die Deco-App von TP-Link und setzt einen Account beim Hersteller voraus, über den auch Fernzugriff auf das Netzwerk möglich ist. Der Prozess an sich ist simpel. Der erste Router wird angesteuert und einem Raum zugeordnet, anschließend lassen sich Name und Passwort des WLAN festlegen sowie gegebenenfalls auch ein Gastnetzwerk einrichten. Anschließend wird der zweite Router in Betrieb genommen und in wenigen Schritten als "Satellit" hinzugefügt. Die Router können auch als Access-Points genutzt werden, um ein bestehendes, kabelgebundenes Netzwerk zu erweitern. Dabei erübrigen sich freilich die Mesh-WLAN-Funktionen.

Verwaltung und Konfiguration des Netzwerks erfolgt ebenfalls über die App. Es gibt zwar auch ein (sogar mobile-taugliches) Browserinterface, auf dessen Existenz nur sehr dezent hingewiesen wird, aber hier lassen sich nur Zeiteinstellungen, Firmwareupdates und ein Neustart durchführen und grundlegende Netzwerkinfos wie IP- und DNS-Adressen und verbundene Geräte ansehen. Wer einen dynamischen DNS-Service einrichten, Quality-of-Service-Priorisierungen vornehmen, weitere Admins hinzufügen, Clients sperren oder Smart-Home-Features nutzen will, muss die App nutzen. Letztere halten sich für die Router allein in Grenzen. Wer andere vernetzte Geräte von TP-Link besitzt, kann in der App aber auch Shortcuts für bestimmte Aktionen anlegen oder Interaktionen zwischen verschiedenen Geräten definieren. Das Mesh-System lässt sich auch mit Amazons Sprachassistentin Alexa und dem Google Assistant verbinden, ebenso auch mit dem Automationsdienst IFTTT.

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Für Eltern ist eine Kindersicherungsfunktion dabei, in der man einzelne Profile mit verschiedenen Rollen (auch für Großeltern) anlegen und Geräten im Netzwerk zuordnen kann. Hier lassen sich einzelne Webseiten, aber auch kategorisierte Inhalte blockieren und auch eine Schlafenszeit festlegen, innerhalb derer die Verbindung abgedreht wird. Zwei weitere Funktionen – ein Zeitlimit für die Internetnutzung sowie Offline-Zeiten für die Freizeit – stecken hinter der Bezahlschranke eines "Homeshield Pro"-Abos. Der Dienst verspricht darüber hinaus verschiedene Sicherheitsvorteile und kann monatlich (für sechs Euro) oder jährlich (für 55 Euro) gebucht werden, wobei ein 30-tägiger Gratistest möglich ist.

Insgesamt bietet das Deco-XE75-System einen guten Funktionsumfang, den man in dieser Preisklasse aber auch erwarten darf. Dass relativ simple Kindersicherungsfeatures Teil eines Bezahlabos sind, ist jedoch ärgerlich. Doch wie sieht es mit der Performance aus?

Getestet wurden die Übertragungsraten mit einem Wi-Fi-6-fähigen Smartphone im 5-GHz-Band an sechs Punkten innerhalb der Wohnung. Die nominelle Datenrate (Linkstärke) lag dabei meist bei 1700 oder beim am Spezifikationszettel angegebenen Maximum von 2400 Mbit/s, nur in einem Fall – am entferntesten Punkt – bei 1400 Mbit/s. Die tatsächliche Übertragungsbandbreite innerhalb des Netzwerks pendelte dabei zwischen 420 und 580 Mbit/s, was rund 53 bis 73 Megabyte pro Sekunde entspricht.

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Das liegt in etwa auf dem Level des Xiaomi-Mesh-Systems, das im 5-GHz-Band ebenfalls mit einer maximalen Linkstärke von 2400 Mbit/s arbeiten kann. Es ist allerdings ein Dualband-System, in Haushalten mit mehr aktiven WLAN-Nutzern ist also vom TP-Link-System mit steigender Auslastung eine bessere Performance zu erwarten, wenn es um die Bandbreite pro Nutzer und Wahrung einer niedrigen Übertragungslatenz geht.

Bei der Außenverbindung stand, mit einer Ausnahme, stets die volle Bandbreite von 250/50 (Downstream/Upstream) Mbit/s zur Verfügung, nur einmal wurden im Downstream lediglich 237 Mbit/s erreicht. In allen Testläufen bis auf einen fiel auch die innerhalb des WLAN anfallende Latenz mit drei bis vier Millisekunden angenehm gering aus, beim Ausreißerergebnis waren es acht Millisekunden.

Innerhalb des knapp zweiwöchigen Testzeitraums wurden das Deco-XE75-Mesh-System anstelle der normalerweise verwendeten WLAN-Lösung von D-Link betrieben, um einen Eindruck der Tauglichkeit unter Alltagsbedingungen zu erhalten. Dabei kam es zu keinerlei Verbindungsproblemen, Abstürzen oder anderen Problemen mit den Routern.

Updates?

TP-Link gewährt für die Hardware des Deco XE75 eine Garantie von drei Jahren. Wie es mit der Updateversorgung abseits eines etwaigen Homeshield-Pro-Abos aussieht, lässt die Website des Herstellers offen.

DER STANDARD hat um diesbezügliche Auskunft angefragt. Und nicht zum ersten Mal in den letzten Monaten enttäuscht ein Router-Hersteller mit seiner Auskunft. "Die Deco-Geräte erhalten in regelmäßigen Abständen, mehrfach pro Quartal, Sicherheitsupdates", lautet die Antwort. Doch wie lange dieser Support für dieses Mesh-System geleistet wird, bleibt weiter offen.

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Fazit

Das Deco XE75 ist ein kompetentes Mesh-System, das allerdings für Inbetriebnahme und Konfiguration auf einen TP-Link-Account und eine App angewiesen ist. Es gibt zwar auch ein Browser-Interface, dieses bietet aber primär Netzwerk-Statusinformationen und nur rudimentäre Einstellmöglichkeiten. Die Featureausstattung an sich ist ziemlich komplett, mit drei Gigabit-Netzwerkanschlüssen pro Router sollten die meisten Haushalte auch hier ausreichend versorgt sein.

Die Performance an sich ist solide, Haushalte mit mehr Bewohnern sollten von der Tri-Band-Ausstattung profitieren. Zudem schlummert mit dem Wi-Fi-6E-Support noch weiteres Potenzial in den Routern, das – zumindest in Österreich – aber erst noch auf regulatorischer Ebene geweckt werden muss. Ein großer Kritikpunkt ist jedoch die Updatesituation. TP-Link erklärt zwar, Deco-Geräte "mehrfach pro Quartal" mit Sicherheitspatches zu bespielen, doch eine zeitliche Garantie für diese Versorgung will man nicht abgeben. (Georg Pichler, 24.5.22)