Bei WLAN-Routern offenbart sich der Unterschied zwischen Theorie und Praxis üblicherweise recht schnell. Was der Hersteller auf der Verpackung in Hinblick auf die abgedeckte Fläche verspricht, hat mit der Realität nur selten etwas zu tun. Eine dicke Wand hier, viele Menschen dort – oder der Endgegner "mehrere Stockwerke": Wer eine etwas größere Wohnung oder gar ein eigenes Haus hat, wird mit einem einzelnen Router nur selten überall gutes WLAN bekommen.

Mesh

Genau für solche Szenarien wurden Mesh-Router ersonnen. Dabei werden mehrere Endpunkte über das Haus verteilt positioniert, um dann untereinander ein maschenartiges Netzwerk aufzubauen. Das verspricht auch noch die entlegensten Ecken mit einer guten Anbindung zu versorgen. Einer der Pioniere dieser Technologie ist die Firma Eero, die mittlerweile im Besitz von Amazon steht. Grund genug, sich einmal näher anzusehen, was das aktuelle Topgerät der Firma so vermag.

Eero Pro 6

Der Eero Pro 6 ist wahlweise einzeln oder auch im Dreierpack zu haben – wobei natürlich erst bei zweiter Option wirklich ein Mesh-System zum Einsatz kommt. Erfreulich ist, dass sich das aktuelle Modell mit älteren Eero-Routern kombinieren lässt, also ein bestehendes Netzwerk nach und nach aufgerüstet werden kann. Ebenfalls eine wichtige Anmerkung: Die Router im Dreierpack sind alle gleich stark, bei anderen Mesh-Lösungen – zum Teil auch von Eero selbst – kommt oftmals ein zentraler Router mit schwächeren Satelliten zum Einsatz.

Der Eero Pro 6.
Foto: Proschofsky / STANDARD

Design ist wichtig

Eines der nicht gar so geheimen Geheimnisse in Hinblick auf Router: Für eine gute Abdeckung ist es essentiell, dass sie gut positioniert werden, und das bedeutet nicht zuletzt, dass sie in keinem Kasten versteckt werden. Dieser Erkenntnis folgend geben sich die Hersteller zuletzt zunehmend Mühe, auf gefälligere Designs ohne groß sichtbare Antennen zu setzen.

Das ist beim Eero Pro 6 so halb gelungen. Sonderlich abschreckend sieht das Gerät nicht aus, Designpreise wird der ziemlich generische Plastiklook in Weiß aber auch nicht gewinnen – aber das kennt man von Amazon ja schon. Zur weiteren Einordnung: Der Eero Pro 6 ist 142 × 138 × 48 Millimeter groß.

Setup

Im nächsten Schritt wird es dafür dann richtig erfreulich: Der Einrichtungsvorgang ist von Eero nämlich wirklich vorbildlich gelöst. Über eine eigene Smartphone-App können die Router innerhalb weniger Minuten eingerichtet werden. Der gesamte Vorgang wird dabei einfach verständlich erklärt und auch bildlich illustriert.

Zum Betrieb braucht es ein Eero-Konto, wer will, kann aber auch den eigenen Amazon-Zugang weiterverwenden. Generell muss an dieser Stelle erwähnt werden, dass gerade Firmen wie Amazon/Eero oder auch Google/Nest in den vergangenen Jahren das WLAN-Router-Setup erfreulich einfach gemacht und so auch andere Mitbewerber zum Umdenken gebracht haben. Ein erfreulicher Trend also.

Das Setup ist nicht nur sehr einfach, es ist auch mit diversen Tipps versehen und gut illustriert
Screenshots: Proschofsky / STANDARD

Wi-Fi 6

Kommen wir zu den Eckdaten: Der Eero Pro 6 unterstützt den Wi-Fi-6-Standard. Im Vergleich zu gängigeren Wi-Fi-5-Routern verspricht das nicht zuletzt eine bessere Performance. In der Praxis aber wohl noch wichtiger: Der neuere Standard kann besser mit einer hohen Anzahl an verbundenen Geräten umgehen und dabei mehr Verbindungen gleichzeitig offenhalten.

Zudem sind aber auch die Verbindungen zum Endgerät besser optimiert, weswegen etwa Smartphones, die via Wi-Fi 6 verbunden sind, weniger Strom verbrauchen. Da ergibt sich hervorragend, dass mittlerweile die meisten aktuellen Smartphones – vor allem im High-End-Bereich – Wi-Fi 6 bieten.

Performance, theoretisch

In Hinblick auf die Geschwindigkeit verspricht Eero Datenübertragungsraten von bis 1 Gigabit/s. Das klingt schon einmal recht gut, muss aber umgehend eingeordnet werden. Immerhin sind solche Topwerte zwar theoretisch nett, in der Praxis bringen sie aber meist wenig, da kaum jemand eine entsprechende schnelle Leitung nach außen hat. Wer also nicht gerade dauernd innerhalb des lokalen Netzwerks große Datenmengen transferiert oder einen Gigabit-Internetanschluss hat, wird das also kaum ausreizen können.

Wichtiger ist da in der Praxis schon, dass es sich beim Eero Pro 6 um einen Triband-Router handelt. Das heißt, dass hier drei Kanäle parallel aufgebaut werden können, einmal im alten 2,4-GHz-Bereich, zweimal im moderneren – und schnelleren – 5-GHz-Bereich. Solche Lösungen wurden nicht zuletzt ersonnen, um parallel zum Download auch einen getrennten Rückkanal zu haben. Interessanterweise ist das bei dem Amazon-Router aber nicht fix so vergeben, stattdessen wird der Verwendungszweck nach Bedarf eingeteilt.

Spezifikationen

Wer an der Stelle noch etwas Sehnsucht nach technischen Begriffen hat: Die Performance-Kategorie, in der sich der Eero Pro 6 befindet, nennt sich AX4200. Um all das zu bewältigen, befindet sich im Inneren ein Quad-Core-Prozessor mit 1,6 GHz, 1 GB RAM und 4 GB Flash-Speicher.

Abdeckung

Die beste Performance bringt aber wenig, wenn sie nur in direkter Nähe der einzelnen Router erzielt wird. Insofern ist die Abdeckung fast der wichtigere Wert bei aktuellen Routern. Offiziell verspricht Amazon für den Eero Pro 6 ziemlich beeindruckende Werte. Mit einem einzelnen Router sollen sich bis zu 190 Quadratmeter abdecken lassen, im Dreierverbund ist gar von 560 Quadratmetern die Rede.

So erklärt Amazon selbst die Vorteile eines Mesh-Netzwerks: Mehrere Router bieten einfach eine bessere Abdeckung.
Grafik: Amazon

Nun muss noch einmal betont werden, dass solche Werte nicht allzu ernst genommen werden sollten, weil das Maximalwerte sind, die massiv von baulichen Gegebenheiten beeinflusst werden. Relevant ist insofern vor allem der Vergleich zu anderen Geräten. Doch auch hier steigt die Eero-Hardware sehr gut aus. Ein direkter Konkurrent wäre etwa Googles Nest Wifi, der als Wi-Fi-Router nur 120 Quadratmeter pro Gerät abdeckt. Diese theoretischen Werte bestätigen sich dann auch in der Praxis: Der Eero Pro 6 liefert tatsächlich eine deutlich bessere und somit sehr gute Abdeckung. Nun ist schon klar, dass die Amazon-Lösung um rund 50 Prozent mehr kostet, gleichzeitig heißt das aber auch, dass man je nach baulichen Gegebenheiten mit weniger Mesh-Routern auskommen könnte.

Größere Fläche

Im selben Raum mit dem Router bekommt das Smartphone die volle Leistung, die die Internetanbindung im Testumfeld nun einmal so hergibt.
Screenshot: Proschofsky / STANDARD

In der für den Test herangezogenen, größeren und verwinkelten Altbauwohnung reichten jedenfalls zwei Eero-Eckpunkte aus um praktisch überall mehr als 200 Mbit/s zu bekommen. Im konkreten Umfeld war das der relevante Wert, da die Internetanbindung ohnehin nicht über 250 MBit/s hinausgeht. Mit einem Nest-Wifi-Setup waren drei Eckpunkte für ein ähnliches Ergebnis notwendig, und selbst da wurden im Test konsistent niedrigere Werte erzählt. Das heißt auch: Der dritte Router im Dreierpack war eigentlich schon eine Luxusbeigabe.

Wenn es an der Performance des Eero Pro 6 etwas auszusetzen gibt, dann dass die versprochenen Maximalwerte in der Praxis kaum erreicht werden. In einem Testszenario, bei dem eine große Datei von einem Wi-Fi-6-fähigen Laptop zu einem mit Ethernet an den Router angebundenen lokalen Server übertragen wurde, war verblüffenderweise der Nest Wifi sogar schneller als der Eero Pro 6. Also zumindest in direkter Näher zum Router, erst mit zunehmender Entfernung zog dann der Amazon-Router dank seiner besseren Abdeckung davon.

Ethernet

Der Eero Pro 6 ist mit zwei Gigabit-Ethernet-Anschlüssen ausgestattet, einer davon wird üblicherweise für die Verbindung mit dem Internet gebraucht, ist also der Uplink. Über den anderen können hingegen andere Geräte angehängt werden. Erfreulich ist, dass dies auch dazu genutzt werden kann, die Router untereinander via Kabel statt Mesh zu verbinden.

Interessant ist ein solcher Aufbau vor allem für mehrstöckige Gebäude. Denn Mesh hin oder her, die Realität ist, dass WLAN-Router vor allem auf eine horizontale Ausbreitung der Funkwellen ausgerichtet sind, vertikal wird es dann immer schwer – und eine starke Decke hilft natürlich auch nicht.

Sehr stabil

Was besonders positiv zu vermerken ist: Der Eero Pro 6 arbeitet äußerst zuverlässig und stabil, Netzwerkprobleme waren im Testverlauf keinerlei zu bemerken. Und das ist eine nicht zu unterschätzende Stärke, immerhin kann das wahrlich nicht von allen Routern behauptete werden.

Eine weitere Stärke des Eero Pro 6 ist das Management: Über die schon beim Setup erwähnte App geht das alles sehr einfach. Also so zumindest die Beurteilung, wenn man keine Detaileinstellungen selbst vornehmen will. Wer an einzelnen Netzwerkparametern selbst herumfeilen will, der wird mit so einer auf die Bedürfnisse von technisch weniger versierten Nutzern ausgerichteten Lösung wenig Freude haben.

Neben der Konfiguration der Router selbst bietet die App auch Einblick in allerlei Statistiken zur Nutzung und zu den verbundenen Geräten. Wer will kann dann auch gleich einzelne Devices gezielt pausieren. Zudem kann dort auch ein eigenes Gastnetzwerk eingerichtet werden, das dann wie gewohnt keinen Zugriff auf die lokalen Geräte hat.

Smart Home

Neben der WLAN-Funktionalität bietet der Eero Pro 6 noch ein interessantes Extra. Er kann nämlich auch zur Steuerung des Smart Home genutzt werden. Dazu ist Support für Zigbee und Thread eingebaut, Geräte, die das unterstützen, können dann also lokal direkt gesteuert werden. In Hinblick auf die Zukunftssicherheit besonders wichtig: Damit enthält der Router auch all die notwendigen Komponenten, um den kommenden Smart-Home-Standard Matter zu unterstützen. Dass dieser via Update nachgerüstet werden soll, hat Amazon bereits zugesichert.

Die Eero-App ist gut gemacht und bietet einen simplen Zugriff auf die wichtigsten Funktionen. Besonders erfreulich ist auch die gute Update-Versorgung der Geräte.
Screenshots: Proschofsky / STANDARD

Apropos: Die Update-Versorgung ist eine weitere Stärke der Eero-Geräte. Neue Softwareversionen gibt es nicht nur mit schöner Regelmäßigkeit, sie werden auch automatisch installiert, und zwar zu Zeiten, in denen die Störung des Betriebs minimal ist – also gerade keine aktive Nutzung erfolgt.

Doch noch einmal zurück zum Thema Smart Home, denn das geht auch in die andere Richtung: Eero-Router können nämlich via Alexa ferngesteuert werden. Wer also etwa einen Echo hat, kann dann per Sprachbefehl das WLAN temporär pausieren oder auch auf einzelne Geräte beschränken.

Preis

Bleibt die Frage aller Fragen: Was kostet das jetzt eigentlich? Ein einzelner Eero-Pro-6-Router wird bei Amazon derzeit mit 230,93 Euro gelistet. Das Dreierpack liegt dann schon bei 604,03 Euro. Der Preis darf also durchaus als saftig bezeichnet werden – auch wenn das für Wi-Fi-6-Router nicht ganz ungewöhnlich ist.

Fazit

Der Eero Pro 6 ist fraglos ein sehr guter Mesh-Router mit entsprechender Performance und vor allem einer hervorragenden Abdeckung. Gleichzeitig muss aber auch gesagt werden: Der massive Aufpreis zu günstigeren Mesh-Systemen ist eigentlich nur schwer zu rechtfertigen.

Eigentlich müsste man schon eine sehr große und für Funkwellen notorisch problematische Wohnung mit Gigabit-Internetanbindung haben, damit sich die stärkere Hardware wirklich rentiert. Andererseits: Wenn Geld eine nebensächliche Rolle spielt, ist der Eero Pro 6 eine sehr gute Wahl – nicht zuletzt auch wegen des hervorragenden Software-Supports.

Ausblick

Da kommt dann allerdings wieder ein anderer Haken ins Spiel, nämlich dass derzeit genau genommen ein schlechter Zeitpunkt ist, sich einen neuen Eero-Router zuzulegen. Denn wer wirklich das Beste vom Besten aus dem Hause Amazon haben will, sollte besser auf den bereits angekündigten Nachfolger warten. Der Eero Pro 6E soll nämlich den noch neueren Wi-Fi-6E-Standard unterstützen, der zusätzliche Frequenzen im 6-GHz-Band nutzen kann.

Das sollte in der Praxis vor allem im städtischen Bereich noch einen deutlich größeren Unterschied bei der Leistungsfähigkeit ausmachen, da dort die bisher genutzten Frequenzbereiche schon sehr voll sind. Nun ist Wi-Fi 6E zwar in Österreich derzeit noch nicht offiziell freigegeben, dieser Schritt soll aber noch dieses Jahr folgen. Insofern könnte sich etwas Geduld rentieren. (Andreas Proschofsky, 21.5.2022)