Die Rückkehr in die Arbeitsverhältnisse vor der Schwangerschaft ist für viele Frauen schwierig.
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Nachwuchs stellt vieles im Leben auf den Kopf: Nicht nur etliche Prioritäten verschieben sich, sondern auch die Arbeits- und Einkommensverhältnisse in einem Haushalt. Im europäischen Vergleich hat ein Forschungsteam der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und der Universität Wien die finanzielle Situation von Familien und die entsprechende subjektive Wahrnehmung ausgewertet. Dabei zeigte sich unter anderem, dass in Österreich und Deutschland das Wiedereinsteigen ins Berufsleben schwieriger und seltener sein dürfte.

Klar ist, dass Mütter länger in Karenz gehen als Väter. Im Gegensatz zu anderen europäischen Regionen bleiben Frauen in deutschsprachigen Ländern aber am längsten zu Hause, um sich um den Nachwuchs zu kümmern. Das verdeutlich auch die aktuelle Studie, für die rund 128.000 heterosexuelle Paare aus 30 europäischen Ländern über vier Jahre unter anderem Angaben zu Einkommen und Erwerbstätigkeiten machten. In Österreich stehen 60 Prozent der Frauen wieder im Erwerbsleben, wenn das Kind zwei Jahre alt ist, und viele arbeiten dann in Teilzeit. In Skandinavien, aber auch in Frankreich, den Niederlanden und Belgien sind viele Mütter bald wieder in Vollzeit tätig, zwei Jahre nach der Geburt arbeiten bereits mehr als 80 Prozent der Frauen.

Auch zehn Jahre später keine Erholung

Dieser Unterschied zeigt sich auch dann, wenn die Ausgleichszahlungen in den verschiedenen Regionen ähnlich hoch sind. Es dürften also einerseits zu wenige Möglichkeiten zur Kinderbetreuung eine Rolle spielen, andererseits aber auch gesellschaftliche Normen, sagt Erstautorin Sonja Spitzer. Zu groß ist bei vielen Frauen im deutschsprachigen Raum das Gefühl, eine "schlechte Mutter" zu sein, wenn ein Kind nicht lange genug von ihnen betreut wird, oder das Bedürfnis, sich selbst hauptsächlich um den Nachwuchs zu kümmern.

Mütter verdienen durch die zurückgegangenen geleisteten Arbeitsstunden und durch niedrigere Löhne durchschnittlich weniger. In einer früheren Studie zeigte eine andere Forschungsgruppe bereits, dass im Rahmen des "Karriereknicks" selbst zehn Jahre nach der Geburt eines Kindes das Gehalt der Mütter noch nicht auf dem Niveau vor der Geburt beziehungsweise Schwangerschaft liegt.

Vorteil der Vaterschaft

In allen Regionen Europas blieb das Haushaltseinkommen der Paare vergleichsweise konstant, wohingegen die Mütter in der Zeit nach der Geburt wesentlich weniger verdienten. Besonders deutlich wurde dieses Absinken ebenfalls im deutschsprachigen Raum. Öffentliche Beihilfen wurden generell dem Paar und nicht dezidiert dem Gehalt der Mutter zugeschrieben. Diese sorgen teilweise für den Ausgleich des Haushaltseinkommens, sagt Bevölkerungsökonomin Spitzer.

Zuzüglich käme es aber auch zum relativ konstanten Niveau, "weil die Einkommen der Männer nach der Geburt eines Kindes in vielen Regionen sogar leicht steigen". Der Effekt wird "Fatherhood Premium", also quasi "Vaterschaftsprämie" genannt. Sie sind mit Nachwuchs erfolgreicher bei Lohnverhandlungen und arbeiten im Durchschnitt länger.

Gefühl der Unsicherheit

Interessant ist, dass im Gegensatz zu anderen Studien nicht nur objektive Faktoren wie Einkommen und Arbeitsverhältnis erhoben wurden, sondern auch die subjektive Einschätzung der eigenen Finanzlage. Davon versprechen sich die Forschenden einen umfangreicheren Einblick und eine bessere Abdeckung der Verhältnisse.

Denn wenn ein Paar ein Kind bekommt, wirke sich das nicht nur auf die rein monetären Kosten aus, schreiben sie im Fachblatt "Social Indicators Research". Es gehe auch "um die Zeitkosten und die Erwartungen weiterer direkter und indirekter Kosten, die langfristig anfallen". So kann in dieser Lebensphase das Gefühl finanzieller Unsicherheit ansteigen.

Subjektiver Einfluss

Prinzipiell ging sowohl objektiv als auch in der subjektiven Wahrnehmung das wirtschaftliche Wohlbefinden zurück, wenngleich die beiden Indikatoren auf eher komplizierte Weise miteinander in Wechselwirkung zu stehen scheinen. Die Angaben der Paare deuten darauf hin, dass das subjektive Empfinden der eigenen ökonomischen Lage unter anderem mit Stress in Zusammenhang mit den Kindern zusammenhängt, schreibt das Forschungsteam.

Während dieser Faktor die harten Fakten zu Verdienst und Arbeitsverhältnissen nicht ersetzen wird, könne er die Forschung dennoch ergänzen. Immerhin sind es auch persönliche Eindrücke und Wahrnehmungen, die Paare in ihren Entscheidungen beeinflussen – auch etwa darin, ob sie überhaupt Nachwuchs bekommen möchten.

Zukünftige Verhältnisse

Ob sich die Verhältnisse für Länder wie Deutschland und Österreich ändern, darüber kann Spitzer im Gespräch mit der APA nur spekulieren: "Zum einen funktioniert das System ja für die Hälfte der Beteiligten sehr gut, denn Männer erleben kaum Einbußen in ihren Einkommen oder der Beschäftigung."

Das Potenzial sei also begrenzt, wenn Männer nicht 50 Prozent der Karenzzeit übernähmen. "Zum anderen ist es natürlich schwierig, Normen und Geschlechterrollen über Nacht zu ändern." Selbst mit skandinavischen Vorgaben und Möglichkeiten kann also der Unterschied zwischen den Einkommen von Müttern und Vätern hierzulande größer bleiben als in Nordeuropa. (sic, 21.5.2022)