Die Inflation macht sich nicht nur beim täglichen Einkauf bemerkbar, sie nagt auch gnadenlos am Vermögen der Bürger.

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Dabei gewinnt die Teuerung zunehmend an Breite. Waren zunächst nur die Energiekosten Treiber der Inflation, kommen mit Wohnen und Nahrung zwei weitere wichtige Bereiche hinzu. Besonders auffällig: Ein Wocheneinkauf, der Nahrungsmittel, Dienstleistungen und Treibstoffe umfasst, kostet um 14 Prozent mehr als vor einem Jahr. Sprich, das Leben wird immer teurer.

Auch bei dem ersparten Vermögen schlägt die Inflation gnadenlos zu. Was empfehlen Finanzprofis, wenn es darum geht, in dieser Situation anzulegen oder vorzusorgen?

Markus Kaller, Erste Bank

"Je höher die Inflation, desto schwieriger wird es auch, diese zu schlagen", sagt Markus Kaller, Wertpapierexperte der Erste Group. Dafür müsse man das Risiko in der Veranlagung erhöhen – etwa auf Einzelaktien setzen. Schwankungen schlagen dann aber auch stärker durch, das müssen Anleger aushalten können. Daher, so rät Kaller, sollte immer nur jenes Geld in die Veranlagung gehen, das langfristig nicht gebraucht wird. So werde verhindert, dass man zu einem für sich ungünstigen Moment aussteigen muss.

Kaller empfiehlt jenen, die neu in den Markt gehen, in Tranchen zu veranlagen. Fonds und Sparpläne bieten dafür eine gute Möglichkeit – ein Einstieg ist bei vielen Produkten ab 20 Euro möglich. Auch die Kombi von Einmalerlag und monatlichem Dazusparen ist möglich.

Claudia Figl, Verband Financial Planners

Vorhandenes und momentan nicht gebrauchtes Geld auf dem Sparbuch liegen zu lassen ist laut Claudia Figl, stellvertretende Vorstandsvorsitzende des Verbands Financial Planners und Partnerin der Bank Gutmann, die schlechteste Variante. Für den Schutz vor der Inflation rät sie zu Gold, Immobilien und Aktien. Bei Immobilien gelte es aber zu bedenken, dass ein schneller Verkauf mitunter nicht möglich ist. Zumal die Preise in manchen Regionen schon als überhitzt gelten. Eine Entspannung am Immo-Sektor erwartet Figl erst, wenn die Anleihenzinsen wieder steigen.

Keinesfalls sollte man alles auf eine Karte setzen, sondern breit diversifizieren. "Wertschwankungen gibt es in jeder Assetklasse", sagt Figl, von diesen solle man sich nicht abhalten lassen. Den richtigen Einstiegszeitpunkt gebe es nicht. Die Expertin rät, in Tranchen zu investieren, um unterschiedliche Preise (Cost-Average-Effekt) auszunutzen. Wer nichts tue, schaue dem Kaufkraftverlust zu. Wer die Veranlagung wagt, habe die Chance auf Wertzuwachs.

Manfred Bartalszky, Wiener Städtische Versicherung

Wegen der tiefen Zinsen muss in der Veranlagung und Vorsorge mehr Risiko genommen werden, um die Inflation zu kompensieren, sagt Wiener-Städtische-Vorstand Manfred Bartalszky. Vor allem junge Menschen sieht er vor einem Dilemma: Sie können wegen der Zinsen kaum ein finanzielles Polster ansparen, gleichzeitig würden die Versorgungslücken im Alter, etwa aufgrund der demografischen Entwicklung, ansteigen.

Als Basisprodukt der privaten Altersvorsorge sieht Bartalszky die prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge wegen der Steuervorteile: keine Versicherungssteuer, keine KESt, keine Einkommenssteuer bei Auszahlung in Rentenform. "Darüber hinaus kommt man in Zeiten niedriger Zinsen und hoher Inflation an kapitalmarktnahen Produkten nicht vorbei", sagt er. Gemeint sind Kombinationen aus klassischer und fondsgebundener Lebensversicherung oder eine rein fondsgebundene.

Christian Nemeth, Zürcher Kantonalbank

"Aktienmärkte haben keine Angst vor Inflation", sagt Christian Nemeth, Chief Investment Officer der Zürcher Kantonalbank Österreich. Solange die Teuerung mit Wirtschaftswachstum einhergeht, hält er sie für gut verträglich. "Wenn die Inflation ganz stark überschießt und wir ein zurückgehendes Wirtschaftswachstum beobachten, wird es kritisch", ergänzt Nemeth. Die Wahrscheinlichkeit einer Rezession beziffert er derzeit mit 25 Prozent.

Bei Aktien ist er bei Wachstumstiteln wie Technologiewerten zurückhaltend, da höhere Zinsen deren Bewertungen zusetzen. "Unternehmen in defensiveren Bereichen wie etwa Nahrungsmittelhersteller sind resistenter", sagt Nemeth. Gold hält er für keinen guten Inflationsschutz verglichen mit einem Aktienportfolio oder Immobilien. Bei Anleihen empfiehlt er kurze Laufzeiten sowie variabel verzinste oder inflationsgeschützte Papiere. (Alexander Hahn, Bettina Pfluger, 22.5.2022)