US-Präsident Joe Biden bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Südkoreas Präsidenten Yoon Suk-yeol am Campus des Elektronikunternehmens Samsung.

Foto: EPA/KIM MIN-HEE

Wegen der Bedrohung durch Nordkorea wollen die USA und Südkorea "die Tragweite und den Umfang" ihrer gemeinsamen Militärmanöver ausbauen. US-Präsident Joe Biden und Südkoreas Staatschef Yoon Suk-yeol seien sich einig, dahingehende Gespräche zu beginnen, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. Gleiches gelte auch für die militärische Aus- und Fortbildung, hieß es nach einem bilateralen Treffen der beiden Präsidenten in Seoul am Freitag und Samstag.

Die Ankündigung dürfte für Nordkoreas Diktator Kim Jong-un einem Affront gleichkommen. Er lehnt die Militärmanöver als kriegerische Provokation ab. Bidens Vorgänger Donald Trump hatte Zahl und Ausmaß der Militärübungen als Zugeständnis an Kim während der versuchten Annäherung der beiden Staaten reduziert. Die USA und Südkorea allerdings sehen das Raketen- und Atomwaffenprogramm Pjöngjangs nun wieder verstärkt als Bedrohung.

Umfangreiche Unterstützung

Biden habe Yoon versichert, dass die USA weiter entschlossen seien, bei Bedarf die "volle Bandbreite" ihrer militärischen Fähigkeiten zur Verteidigung Südkoreas einzusetzen, einschließlich Atomwaffen, konventioneller Waffen und Raketenabwehrsystemen, hieß es. Hinter dieser Strategie der erweiterten Abschreckung steht die Absicht, potenzielle Gegner – in diesem Fall Nordkorea – von einem Angriff abzuhalten. In Südkorea sind gut 28.000 US-Soldaten stationiert.

Bidens Besuch wird überschattet von der angespannten Sicherheitslage auf der koreanischen Halbinsel. Nordkorea hat in diesem Jahr bereits mehrfach Raketen getestet, die einen Atomsprengkopf tragen können. Südkorea und die USA befürchten, Nordkorea könnte rund um den Besuch Bidens einen neuen Raketen- oder sogar Atomwaffentest vornehmen.

Hilfsangebot für Nordkorea

Mit Blick auf den Konflikt um das nordkoreanische Atomprogramm schloss US-Präsident Biden ein Treffen mit Machthaber Kim nicht grundsätzlich aus. Dies würde davon abhängen, ob Kim "ehrlich" agiere und es "ernst" meine, sagte Biden. Das Ziel sei weiterhin "die komplette Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel".

Nach der Bestätigung eines Corona-Ausbruchs durch Nordkorea sind die USA laut Präsident Biden zu schnellen Hilfslieferungen von Impfstoffen für das Land bereit. "Wir sind bereit, das sofort zu tun", sagte Biden. Die USA hätten bereits Hilfe angeboten, doch Nordkorea habe nicht darauf reagiert. Unter anderem habe China Hilfe angeboten. Die staatlich kontrollierten Medien in Nordkorea berichteten unterdessen, die "Ausbreitung der bösartigen Epidemie" sei nun gebremst und unter Kontrolle.

Biden und Yoon hätten sich bei ihrem Treffen in Seoul besorgt über den "Covid-19-Ausbruch" in Nordkorea geäußert, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung. Demnach seien beide Seiten willens, gemeinsam mit der internationalen Gemeinschaft Nordkorea im Kampf gegen das Virus zu unterstützen.

Millionen Corona-Fälle

Die Regierungen der USA und Südkoreas gehen von einer ernsthaften Situation in dem international isolierten Nordkorea aus. Als eines der letzten Länder der Erde hatte Nordkorea in der vergangenen Woche offiziell bestätigt, dass es Infektionsfälle mit dem Krankheitserreger gebe. Schon seit Ende April schoss demnach die Zahl fieberbedingter Erkrankungen explosionsartig in die Höhe.

Am Samstag meldete das Land, es seien bisher fast 2,5 Millionen Fälle registriert worden, Hunderttausende Menschen befänden sich noch in Behandlung. Es habe über 60 Todesfälle gegeben. Es gibt keine offizielle Bestätigung, ob die Betroffenen mit dem Coronavirus infiziert sind, weil das Land nach Expertenangaben kaum Testkapazitäten hat.

Biden hält sich im Rahmen seiner ersten Asien-Reise als Präsident zu einem dreitägigen Staatsbesuch in Südkorea auf. Biden sieht die Allianz mit Südkorea als "Dreh- und Angelpunkt für Frieden, Stabilität und Wohlstand" in der Region.

Am Sonntag reist Biden weiter zu Gesprächen nach Japan. In Tokio stehen neben bilateralen Gesprächen mit Ministerpräsident Fumio Kishida auch ein gemeinsames Gipfeltreffen mit den Regierungschefs aus Indien und Australien auf dem Programm. Bei dem sogenannten Quad-Gipfel soll das Streben nach einem freien und offenen Indopazifik im Zentrum stehen. Die USA und ihre demokratischen Verbündeten wollen das Bündnis auch nutzen, um dem Machtstreben der kommunistischen Führung Chinas in der Region zu begegnen. (APA, red, 21.5.2022)