Angelobungsroutinier Van der Bellen: Mit dem neuen Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) vollzog er am Mittwoch seine 156. Angelobung.

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Am Sonntag sollte es so weit sein, wollten immer mehr Politbeobachter im Laufe der Woche wissen: Am Sonntag werde Alexander Van der Bellen seine Kandidatur bekannt geben. Alles andere wäre eine Überraschung. Doch am frühen Nachmittag herrschte immer noch Schweigen. Kein Lebenszeichen aus der Hofburg. Für Van der Bellen wäre eine erneute Kandidatur jedenfalls aus heutiger Sicht eine sichere Bank.

OGM sieht Zustimmung bei 63 Prozent

Denn während die Republik darauf wartet, dass sich der amtierende Bundespräsident seine Wiederkandidatur bekannt gibt, kann sich die überwiegende Wählerschaft offenbar schon jetzt gut vorstellen, ihm die Stimme ein zweites Mal zu geben. Laut einer aktuellen OGM-Umfrage, die der "Kurier" am Sonntag veröffentlichte, sagen 63 Prozent der Befragten, dass sie Alexander Van der Bellen für eine zweite Amtszeit wählen würden. Ein Wert, der sich während des Wahlkampfs vermutlich steigern ließe. Die erfolgreichsten Wiederwahlen konnten bisher Rudolf Kirchschläger mit 79,87 Prozent und Heinz Fischer mit 79,33 Prozent für sich verbuchen.

Die Republik wartet auf ein Zeichen. Noch hält sich Van der Bellen offiziell bedeckt, was seine mögliche Wiederkandidatur betrifft.
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Zudem wollen zwei Drittel der Anhängerschaft von ÖVP, SPÖ und Neos, die ja alle auf die Unterstützung eigener Kandidatinnen oder Kandidaten verzichten wollen, für Van der Bellen votieren. Nur jeweils rund ein Viertel der Wählerschaft dieser Parteien wünscht sich, dass ihre Parteien eigene Kandidaten aufstellen.

Alle außer FPÖ für VdB

Wenig überraschend sind auch die Umfragewerte bei der grünen und blauen Stammwählerschaft. Rund 95 Prozent der Grünen-affinen Befragten wollen, dass Van der Bellen in der Hofburg bleibt, und ebenfalls 95 Prozent der befragten FPÖ-Fans wollen ihn nicht wählen. Die FPÖ ist bislang auch die einzige Partei, die wieder einen Kandidaten oder eine Kandidatin aufstellen möchte, Norbert Hofer, 2016 Gegenkandidat von Van der Bellen, hat aber schon abgewunken.

Zuletzt hatte ein relativ professionell geschnittenes Tiktok-Video mit Bildern Van der Bellens und dem darüber gelegten Song "Should I Stay or Should I Go" von The Clash für Spekulationen gesorgt, dass der Bundespräsident nun endlich seine Kandidatur bekannt geben würde – DER STANDARD berichtete. Gewählt werden soll diesen Spätherbst, vermutlich im November. spätestens aber im Dezember.

Doch auch ohne Plattformen wie Tiktok spricht ein schlichter Blick in die Geschichte der Staatsoberhäupter der Zweiten Republik dafür, dass Van der Bellen wieder antritt. Bisher stellten sich alle Bundespräsidenten ihrer Wiederwahl, mit Ausnahme des von der ÖVP unterstützten Kurt Waldheim, dessen Wahlkampf aufgrund seiner verschwiegenen NS-Vergangenheit ein internationaler Skandal wurde. Theodor Körner verstarb gegen Ende seiner ersten Amtszeit.

Im Altersdurchschnitt liegt der 78-jährige Van der Bellen im Spitzenfeld: Nur Körner war ebenfalls zu Beginn der ersten Periode schon über 70.

Erfahren nicht nur an Jahren

Alexander Van der Bellen wäre in seiner zweiten Periode jedenfalls nicht nur ein an Lebensjahren erfahrener Bundespräsident: Er hat bisher schon 156 Angelobungen von Ministerinnen und Ministern, Staatssekretärinnen und Staatssekretären, Landeshauptleuten und Höchstrichtern vollzogen. (22.5.2022, cms, APA)