Eine vermeintliche Oligarchen-Villa wurde am Samstag besetzt.

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Wien – Villen, Yachten, Anwesen, viele Milliarden Euro – Besitztümer von russischen Oligarchen sind über die ganze Welt verstreut. Ihnen diese auch zuzuordnen gestaltet sich zwar äußerst schwierig, ist hinsichtlich der Sanktionen seit Kriegsbeginn aber unumgänglich. Einen Teilerfolg meldete am Sonntag das Bundeskanzleramt. Eine interministerielle Taskforce habe Vermögenswerte in Höhe von rund 254 Millionen Euro auf 97 Konten gefunden und sanktioniert. Zudem hätten die Ermittler fünf Grundbucheinträge ausfindigt gemacht, die dazu dienen sollten, Vermögen zu verschleiern. Weiteren Verdachtsfällen werde noch nachgegangen. Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) sagt zum Zwischenresümee der Taskforce: "Wir treffen die Oligarchen mit diesen Maßnahmen genau dort, wo es ihnen wehtut: bei ihrem Geld."

Mit 27. Mai soll ein neues Meldesystem eingerichtet werden, mit dem die Anzahl der Konten und des ausfindig gemachten Vermögens nochmals deutlich erhöht werden soll, heißt es beim BKA. Russische Vermögenswerte einwandfrei zuzuordnen gleicht zumeist der Suche nach einer Nadel in einem sehr großen Heuhaufen. Ein Blick ins Firmen- bzw. Grundbuch gibt nämlich nicht zwangsläufig Einblick in die wahren Verhältnisse. Kommen ausländische Gesellschaften aus Zypern, Liechtenstein oder diversen Steueroasen ins Spiel, stehen Behörden oft schnell an. Möglichkeiten gibt es viele, um Geld oder anderen Besitztümern ein neues Mascherl zu verpassen. In verschachtelten Konstruktionen wird Geld über Trusts, Kryptowährungen oder Strohmänner versteckt. Auch Familienmitglieder von Oligarchen tauchen immer wieder in Kaufverträgen auf oder Stiftungen auf Inseln, die eher ein Hotspot für Geld als Touristen sind.

Bürokratische Hürden

Neben der russischen Raffinesse erschweren zerspragelte Zuständigkeiten die Suche. Die Hoheit liegt in erster Linie beim Innenministerium und der Nationalbank (OeNB). Die Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN), beheimatet im Innenministerium, sucht nach Immobilien, Fahrzeugen und anderen Assets. Informationen werden an die jeweiligen Grund- und Firmenbuchgerichte weitergeleitet, vereinzelt kommen auch Verkehrs- und Außenministerium dazu. Für das Einfrieren von Konten und Geldern sind dann wiederum Banken verantwortlich, die dabei von der OeNB überwacht werden.

Ein plakatives Beispiel für verschleierte Besitzverhältnisse ist das Waldschlössl in Burgau am Attersee im Gemeindegebiet St. Gilgen, das am Samstagvormittag von einer Aktivistengruppe besetzt worden war. Die Gruppe forderte die Enteignung des vermeintlichen Besitzers und russischen Ex-Vizepremiers Igor Schuwalow. Warum vermeintlich? Das Waldschlössl gehört einem Fonds in Liechtenstein, der in der Vergangenheit von Schuwalows Sohn verwaltet wurde. Schuwalow, der auf der EU-Sanktionsliste steht, und seine Frau Olga sollen regelmäßig zwischen Moskau und Salzburg gependelt sein.

Die Besetzer bezeichnen sich selbst als "loses Bündnis anarchistischer Aktivistinnen und Aktivisten" und verließen das Haus am Samstagabend wieder. In einer Presseaussendung übten sie Kritik am Krieg in der Ukraine und fordern die Nutzung privatisierten Leerstandes für Geflüchtete, Deserteure und Wohnungslose. (and, 23.5.2022)