Tokio – Die USA seien bereit, Taiwan nötigenfalls mit Gewalt zu verteidigen: Das erklärte US-Präsident Joe Biden bei einem Besuch in Japan. Die Vereinigten Staaten würden mit anderen Nationen zusammenstehen, um sicherzustellen, dass China in Taiwan keine Gewalt anwenden könne, sagte Biden. China flirte mit der Gefahr, indem es Flüge in der Nähe der Insel durchführe.

Bidens Kommentar schien eine Abkehr von der bestehenden US-Politik der sogenannten strategischen Ambiguität gegenüber Taiwan zu sein. China betrachtet auf Basis der "Ein-China-Politik" die demokratische Insel als sein Territorium.

Auf die Journalistenfrage, ob die Vereinigten Staaten Taiwan im Falle eines Angriffs verteidigen würden, antwortete Biden nun: "Ja. Das ist die Verpflichtung, die wir eingegangen sind. Wir stimmen der Ein-China-Politik zu. Wir haben sie unterzeichnet und alle gewünschten Vereinbarungen getroffen. Aber die Vorstellung, dass die Insel mit Gewalt eingenommen werden kann, nur mit Gewalt, ist einfach nicht angemessen."

Er fügte hinzu, dass er nicht erwarte, dass es zu einem solchen Ereignis kommen werde oder ein solches auch nur versucht werden würde.

Es gebe keine Änderung in der US-Politik gegenüber Taiwan, bemühte sich das Weiße Haus nach Bidens Aussage um eine eilige Klarstellung. "Wie der Präsident sagte: Unsere Politik hat sich nicht geändert", sagte ein Sprecher des Weißen Hauses, der nicht genannt werden wollte. "Er bekräftigte unsere Ein-China-Politik und unser Engagement für Frieden und Stabilität in der Taiwanstraße. Er bekräftigte auch unser Engagement im Rahmen des Taiwan Relations Act, Taiwan mit den militärischen Mitteln zur Selbstverteidigung auszustatten."

"Ausrutscher"

Schon im Oktober äußerte sich Biden ähnlich zur Verteidigung Taiwans. Auch damals sagte ein Sprecher des Weißen Hauses, Biden kündige damit keine Änderung der US-Politik an, und ein Analyst bezeichnete den Kommentar als "Ausrutscher".

In den Vereinigten Staaten ist man sich seit langem darüber einig, dass es nur ein China gibt, einschließlich Taiwan, man nimmt aber eine "strategische Ambiguität" in der Frage, ob man sich in einen militärischen Konflikt um die Insel einmischen würde, ein.

Lob für Japan

Biden lobte den japanischen Regierungschef Fumio Kishida nach Gesprächen in Tokio für dessen Kooperation bei den Sanktionen gegen Russland. Japan sei eine "wichtige globale Führungsmacht", und die USA blieben "Japans Verteidigung uneingeschränkt verpflichtet", bekräftigte Biden nach dem Treffen am Montag. Kishida zeigte sich wiederum erfreut, dass Biden trotz des Kriegs in der Ukraine sein "Engagement in der indopazifischen Region weiter verstärken" wolle.

Joe Biden sorgt mit seinem Auftritt in Tokio für Aufregung.
Foto: Reuters/Ernst

Es wird erwartet, dass Biden in Japan eine Initiative für den Handel in der Region vorstellt. Diese wird als Versuch gewertet, sich langfristig von chinesischen Lieferketten unabhängig zu machen. Auch eine Erklärung über die Notwendigkeit von "Stabilität" in der Straße von Taiwan wird erwartet, um Pekings Drohgebärden gegen Taipeh zu begegnen. Schließlich erwarten Beobachter noch eine Ankündigung Kishidas zur Erhöhung der Verteidigungsausgaben.

Am Dienstag ist Bidens Teilnahme an einem Treffen der sogenannten Quad-Allianz geplant – einem regionalen Bündnis, dem neben den USA Australien, Indien und Japan angehören.

Zuvor hatte Biden bereits Südkorea besucht, wo er angesichts der Raketentests aus Nordkorea erweiterte gemeinsame Militärmanöver in Aussicht stellte. Die USA warnen zudem seit Wochen, Nordkorea könne bald erstmals seit 2017 wieder einen Atomwaffentest vornehmen.

Strafzölle könnten fallen

Angesichts der hohen Inflation prüft die US-Regierung die Abschaffung mancher unter dem damaligen Präsidenten Donald Trump eingeführten Strafzölle auf Importe aus China. "Ich erwäge das. Wir haben keine dieser Zölle verhängt, sie wurden von der letzten Regierung verhängt", sagte Biden. Er werde das nach seiner Rückkehr aus Asien mit Finanzministerin Janet Yellen besprechen.

Yellen hatte bereits Ende April erklärt, die Regierung tue, was in ihrer Macht stehe, um die Teuerungsrate zu senken. Dazu gehöre auch eine "sorgfältige" Überprüfung der Handelsstrategie gegenüber China. Dabei sei es angebracht, die Zölle zu überprüfen, weil dies mit Blick auf die Inflation "einige wünschenswerte Effekte" hätte, sagte Yellen. Es werde daher geprüft, manche der Zölle wieder abzuschaffen.

Trump verhängte 2018 erste Strafzölle auf chinesische Importe und begann damit einen Handelskrieg der beiden weltgrößten Volkswirtschaften. Er wollte das hohe US-Handelsdefizit gegenüber China senken und warf Peking unfaire Handelsmethoden vor. Schon ein Jahr später galten auf fast alle Importe aus China im Wert von damals mehr als 500 Milliarden US-Dollar (473 Mrd. Euro) Strafzölle. Peking reagierte ebenfalls mit neuen Abgaben auf US-Importe.