Bundespräsident Van der Bellen bei seiner persönlichen Erklärung im Presseclub Concordia in der Bankgasse.

Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

Nachdem die Katze aus dem Sack war, ging es dann doch recht schnell. Exakt 18,5 Stunden jung war jenes Video, mit dem Alexander Van der Bellen seine erneute Kandidatur als Bundespräsident bekannt gegeben hatte, als er am Montag im Wiener Presseclub Concordia ans Mikro trat, um seine Motive auch persönlich zu erklären.

Die dutzenden Journalisten und Fotografen, die ihm dabei lauschten, ist Van der Bellen nach fast sechs Jahren in der Hofburg und einem langen politischen Vorleben bereits gewohnt. Mit einem Zuhörer hat aber wohl auch er nicht gerechnet: Cosmo, der Haus- und Hofhund des Presseclubs, ließ es sich nicht nehmen, den Staatschef und Hundebesitzer neugierig zu beschnuppern. Zu Van der Bellens Freude.

Auch abseits der Koketterie mit seiner Hundeliebe blieb sich Van der Bellen am Montag treu. Bedächtig, mit leiser Selbstkritik und die eine oder andere Wuchtel bringend, erklärte der 78-Jährige, warum er es noch einmal wissen will.

Erste Reihe fußfrei: Jack Russell Terrier Cosmo beschnüffelte den Staatschef bei dessen Pressestatement.
Foto: Christian Fischer

Der Presseclub war bewusst als Kulisse gewählt: Bereits im Vorfeld hatte Van der Bellen beteuert, angesichts der vielen Korruptionsermittlungen "keinerlei Ressourcen der Präsidentschaftskanzlei zu Wahlwerbungszwecken" zu nutzen. Man lud daher auf neutralen Boden. "Ich bin alt genug für dieses Amt. Ich habe die Lebenserfahrung, die Berufserfahrung", machte Van der Bellen dort gleich zu Beginn klar – um dann die multiplen Krisen seiner Amtszeit zu referieren.

Rückblick auf harte Zeiten

"Die letzten Jahre waren für uns alle außergewöhnlich hart", sagte Van der Bellen. Österreich befinde sich in einer Übergangszeit, in einer Transformation. Die Ausläufer von Ibiza würden die Republik noch immer belasten. Am Montag wiederholte er seinen bereits berühmten Satz: "So sind wir nicht."

Doch Ibiza war noch nicht alles, was Van der Bellen in seiner Amtszeit miterleben musste: "Dann kam die Pandemie", sagte er. Die Angst, die mit Corona ins Land gezogen sei, werde noch lange bleiben. Doch: "Wir werden sie überwinden."

Zuletzt brach der Krieg in Europa aus. "Der Preis der Freiheit wird zunächst vom ukrainischen Volk bezahlt. Aber auch wir bezahlen einen hohen Preis", sagte Van der Bellen. Die Energiekosten würden steigen, die ökonomischen Opfer, die man aufgrund der Sanktionen gegen Russland bringe, seien "unser Preis für die Demokratie".

Im Schatten all der Krisen, die Van der Bellen zur Sprache brachte, habe sich die Klimakrise weiter verschärft. Man müsse den Planeten retten – "für uns selbst und unsere Kinder", sagte Van der Bellen.

"Nobody is perfect"

Braucht dieses Amt eine weitere Periode mit Van der Bellen? "Ja." Österreich brauche nun "Erfahrung, Ruhe und Unabhängigkeit", sagte Van der Bellen. Und all das habe er. Am spannendsten fände es der Bundespräsident, "wenn es spannend wird". Er wolle auf das größere Wohl aller achten. Das habe er getan. "Und im Übrigen: Nobody is perfect."

Er sei unabhängig, brauche nichts und könne frei entscheiden. "Nach meinem besten Wissen und Gewissen", sagte Van der Bellen. Heute fühle er sich besser gerüstet und reifer für die Verantwortung "als noch vor fünf Jahren, als ich vergleichsweise ein junger Hupfer war".

Einen Wunsch hat Van der Bellen auch: "Ich wünsche mir, das Mädchen in eine Welt hineinwachsen können, in der Gleichberechtigung selbstverständlich ist", sagte er. "Dafür müssen wir alle gemeinsam etwas beitragen." Was Österreich noch brauche? "Mut."

Finanzierung über Verein

Es sei nicht die Zeit für eine "laute Politikshow". Österreich befinde sich in aufregenden Zeiten. Deshalb plädiere er für einen kurzen Wahlkampf – vier bis sechs Wochen – im Herbst. "Ich bitte Sie um Ihre Unterstützung." Finanziert werde der Wahlkampf von einem Verein, Details würden derzeit noch ausgearbeitet. Es würden bereits Spenden gesammelt: "Wir müssen etwas zusammenkratzen", sagt Van der Bellen. Unterstützung gebe es bereits von den Grünen, Van der Bellen hofft, dass ihn auch noch andere Parteien unterstützen.

SPÖ und Neos haben bereits angekündigt, dies zumindest ideell zu tun. Die ÖVP wünschte Van der Bellen am Montag alles Gute für die Kandidatur, gibt aber keine Wahlempfehlung ab. Von den im Parlament vertretenen Parteien will einzig die FPÖ einen eigenen Kandidaten aufstellen. Wer das sein wird, ist aber noch offen.

Wo Van der Bellen im Wahlkampf sparen will? "Gute Frage." Jedenfalls müssten Menschen auf die Wahl hingewiesen werden – ob es weiter Plakate gibt oder nur ein Online-Wahlkampf stattfindet, ist wohl noch offen: "Welche Rolle das Plakat spielen wird, kann ich nicht sagen."

Ein Wahlergebnis, mit dem er glücklich wäre? "Ich würde sagen: Mehrheit ist Mehrheit." Jede Stimme zähle, so der Bundespräsident, und jede wie jeder, die oder der ihn erneut im Amt sehen wolle, solle sich den Wahltag (der noch nicht fixiert ist) im Kalender anstreichen. (Oona Kroisleitner, Stefanie Rachbauer, 23.5.2022)