Seit 26. Jänner 2017 ist Alexander Van der Bellen der amtierende Bundespräsident. Am Sonntag hat er angekündigt, für eine zweite Amtszeit antreten zu wollen. Seine erste Amtszeit wird jedenfalls lange in Erinnerung bleiben, sie hatte viele innenpolitische Premieren zu bieten: ein Überblick.

Der längste Wahlkampf der Zweiten Republik

Als der Wahlkampf zur Bundespräsidentschaft im Frühjahr 2016 startete, erwartete wohl niemand, dass erst in der Adventszeit der neue Bundespräsident feststehen würde. Schon der erste Wahlgang hatte seine Besonderheit: Mit insgesamt sechs Kandidaten konnte nur noch die Wahl 1951 mithalten, bei der ebenfalls sechs Personen zur Auswahl standen. Schnell zeichnete sich ab, dass es zu einer Stichwahl zwischen dem FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer und Alexander Van der Bellen kommt. Begleitet wurden die Wahldurchgänge von hitzigen TV-Debatten und einem langen Wahlkampf. Als in der Stichwahl erst nach dem vollständigen Auszählen der Briefwahlkarten feststand, dass sich Van der Bellen mit nur rund 30.000 Stimmen den Wahlsieg gesichert hatte, machte sich Erleichterung breit, dass der Wahlkampf endlich vorbei war.

Alexander Van der Bellen und Norbert Hofer lieferten sich einen harten Wahlkampf im Jahr 2016.
Foto: APA/ Helmut Fohringer

Doch nach einer Verfassungsbeschwerde des damaligen FPÖ-Parteichefs Heinz-Christian Strache musste die Wahl wiederholt werden, es sei zu Unregelmäßigkeiten bei den Briefwahlstimmen gekommen, und die Wahlergebnisse seien zu früh vor Wahlschluss veröffentlicht worden. Auch das kennzeichnet ein Novum in der Zweiten Republik, noch nie musste eine Wahl wiederholt werden. War das nicht schon Aufregung genug, musste der Wiederholungstermin im Oktober verschoben werden, denn der Kleber der Briefwahlkarten hielt nicht, und es musste ein neuer Termin her. Erst im Dezember stand Alexander Van der Bellen schließlich als Bundespräsident fest, er konnte sich nochmals in der wiederholten Stichwahl gegen Hofer durchsetzen. Nach neun Monaten Wahlkampf wurde Van der Bellen im Jänner 2017 offiziell angelobt, Wort des Jahres 2016 wurde zu Recht "Bundespräsidentenstichwahlwiederholungsverschiebung".

Regierungskrise und erste Expertenregierung

Rund ein Jahr später stand die erste Angelobung für Van der Bellen auf dem Programm, im Dezember 2017 wurde die türkis-blaue Bundesregierung unter Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) angelobt. Es kam zum Wiedersehen der beiden ehemaligen Konkurrenten im Maria-Theresien-Zimmer: Van der Bellen als Präsident schüttelte dem damals frisch angelobten Infrastrukturminister Norbert Hofer (FPÖ) zur Gelöbnisformel die Hand. Während Van der Bellen noch heute sein politisches Amt weiter ausführt, war für Hofer als Minister im Mai 2019 wieder Schluss: Schuld war das Ibiza-Video.

Der damalige Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) war für Präsident Van der Bellen eine der ersten Angelobungen.
Foto: Heribert Corn

Ab diesem Zeitpunkt war die Amtszeit für Van der Bellen kein Spaziergang mehr, im Zuge der Regierungskrise kam es zu Rücktritten und einem Regierungswechsel. Der Regierung Kurz wurde im Mai 2019 das Misstrauen im Parlament ausgesprochen, zum ersten Mal in der Zweiten Republik musste der Bundespräsident nach einem Misstrauensvotum alle Regierungsmitglieder entlassen. Wenige Tage später kam es erneut zu einem einmaligen Ereignis in der innenpolitischen Geschichte: Für die Übergangszeit bis zur nächsten Nationalratswahl wurde eine Expertenregierung bestellt. Noch dazu wurde mit Brigitte Bierlein die erste Frau als Bundeskanzlerin in der Geschichte Österreichs angelobt.

Brigitte Bierlein war die erste Frau, die in der Geschichte Österreichs zur Bundeskanzlerin ernannt wurde.
Foto: Robert Newald

Der Angelobungsmarathon

Höchstwahrscheinlich wird Van der Bellen als der Bundespräsident mit den meisten Angelobungen in die Geschichtsbücher eingehen, seine Amtszeit war bisher von ungewöhnlich vielen Ministerwechseln begleitet. Die letzte Angelobung des Landwirtschaftsministers Norbert Totschnig (ÖVP) Mitte Mai war das insgesamt 69. Mal, dass Van der Bellen ein Regierungsmitglied mit dessen Amt betraute. Übertreffen kann ihn mit dieser Leistung nur noch der ausgeschiedene Bundespräsident Thomas Klestil, der von 1992 bis 2004 insgesamt 75 Angelobungen durchführte. Er brauchte dafür jedoch volle zwölf Jahre. Van der Bellen hätte bei einer Wiederwahl weitere sechs Jahre Zeit, diesen Rekord zu übertreffen. Das wäre auch unumgänglich: Spätestens 2024 muss der Nationalrat neu gewählt werden, seine zweite Amtszeit würde bis 2028 dauern.

Erneute Regierungskrise

Im Oktober 2021 kam es erneut zu krisenhaften Zuständen in der Republik. Ermittlungen der Wirtschaftskorruptionsstaatsanwaltschaft hatten Hausdurchsuchungen im Bundeskanzleramt zur Folge, brisante Chats von ÖVP-Regierungsmitgliedern führten fast zum Zusammenbruch der türkis-grünen Koalition. Einmal mehr musste Van der Bellen als Krisenbewältiger herhalten. Er führte Beratungsgespräche mit allen Parteien und versuchte, eine erneute Regierungskrise zu verhindern. Die politische Krise endete mit einem Rücktritt von Kanzler Kurz. Alexander Schallenberg übernahm kurz die Leitung der Regierung, bis Karl Nehammer (alle ÖVP) letztlich Kanzler wurde. In seiner ersten Amtszeit brachte es Van der Bellen damit bislang auf sechs angelobte Bundeskanzler.

Weniger Staatsbesuche wegen Corona

Ein prägendes Ereignis von Van der Bellens Amtszeit war die Corona-Pandemie, die auch die regelmäßigen Auslandsreisen des Bundespräsidenten dezimierte. Reisefreudig war jedenfalls sein Vorgänger Heinz Fischer, der es in seiner Amtszeit von 2004 bis 2016 auf insgesamt 191 Staatsbesuche schaffte. Van der Bellen kam in seiner bisherigen Zeit als Präsident bislang auf rund 60 Auslandsreisen, vor allem 2020 und 2021 konnte der Staatschef Corona-bedingt kaum andere Länder besuchen. (Max Stepan, 23.5.2022)