Auf etwas mehr als 21 Kilometern führt die Gleichenberger Bahn von Feldbach in einem Bogen nach Bad Gleichenberg. Weil sie dabei vor allem durch Wälder fährt, über das oststeirische Hügelland, vorbei an Streuobstwiesen, und maximal 40 km/h schnell ist, nannten sie die Steirerinnen und Steirer bald den Dschungelexpress. Der Name passt heute noch gut, denn die Trasse hat sich in den vergangenen 90 Jahren genauso wenig verändert wie der Großteil des Rollmaterials.

Die Gleichenberger Bahn – wegen der Landschaft, durch die sie fährt, in ihrer Heimat auch Dschungelexpress genannt – bleibt als Touristenzug erhalten.
Foto: Steiermarkbahn / C. Rath

"Vor einem halben Jahr hat es noch so ausgesehen, als würde die Gleichenberger Bahn weggerissen", sagt Richard Fuchs, ein streitbarer Salzburger, der sich dem Erhalt diverser Nebenbahnen verschrieben hat. Um das zu verhindern, hat er mit dem Verein Neue Gleichenberger Bahn Ende August des Vorjahrs einen Protestzug organisiert. "Die Politiker haben gesagt, die Bahn muss weg. Aber der Protestzug ist regelrecht eingeschlagen, und die Bevölkerung stand hinter uns."

Betrieb bis 2025 gesichert

Während man im Oktober noch vom Ende der Bahn ausging, konnte nach einem langen Gerangel zwischen dem Land Steiermark und der Region doch noch der Durchbruch geschafft werden. Im April 2022 war der Fortbestand des Dschungelexpresses zumindest bis 2025 gesichert. Er fährt nun an Samstagen, Sonn- und Feiertagen in jeweils vier Zugpaaren und richtet sich vor allem an die Touristen in der Region.

"Es muss noch viel in die Bahn investiert werden", erklärt Fuchs, damit diese auch die gesetzlichen Anforderungen der nahen Zukunft erfüllt. Wenn diese Adaptierungen nicht gemacht werden, drohe neuerlich das Aus für die Gleichenberger Bahn. Darum sagt er: "Wir werden lästig bleiben."

Neben dem Erhalt der Bahn fordern Vereine auch deren Modernisierung und den täglichen Betrieb.
Foto: Steiermarkbahn / Fladerer

EU-Gelder anzapfen

Modernisierungen fordert auch der Verkehrsclub Österreich (VCÖ): "Es ist höchst an der Zeit, aus der Gleichenberger Bahn mehr zu machen: Sie ist elektrifiziert und fährt in einer Region, in der die Anzahl der Autos hoch ist und wo es mehr Alternativen zum Pkw braucht – also umfassende Modernisierung, täglichen Betrieb mit häufigen Verbindungen und moderne, barrierefreie Fahrzeuge. Ja, das kostet, aber gerade in Zeiten wie diesen gibt es auch üppige EU-Töpfe für die Forcierung klimaverträglicher Mobilität."

An eine solche Modernisierung denkt das Land Steiermark allerdings nicht. "Die Touristenbahn macht den Charme der Gleichenberger Bahn aus. Der Alltagsverkehr wird, den Wünschen der Region folgend, mit dem Regiobus bewerkstelligt", heißt es aus dem Büro von Verkehrslandesrat Anton Lang (SPÖ). Mit 75.000 Euro sei die Aufrechterhaltung der Infrastruktur budgetiert, die restlichen Kosten der mehr als 90 Jahre alten Bahn würden derzeit erhoben.

Die Geschichte der Bahn

"Aus dem Jahr 1884 stammen erste Projekte, die Bahn im Raabtal über Gleichenberg mit der Bahn im Murtal zu verbinden", schreibt Peter Wegenstein in dem Buch Wege aus Eisen in der Steiermark (Edition Winkler-Hermaden). Erst 1908 wurde das Projekt dann genehmigt. Finanzielle Probleme und der Erste Weltkrieg verzögerten den Bau. "Durch Anhebung der Steigung auf 40,6 Promille", wodurch man sich zwei Tunnelbauten ersparte, konnten "die Baukosten reduziert werden". Diese Steigung, die es nicht einmal auf der Semmeringbahn gibt, machte es notwendig, dass die Gleichenberger Bahn, anders als die ÖBB, mit aktuell 1800 Volt Gleichstrom fährt. Am 14. Juni 1931 wurde die Strecke offiziell eröffnet.

Manche Triebwagen der Gleichenberger Bahn stammen aus den 1930er-Jahren.
Foto: Steiermarkbahn / Fladerer

Doch nicht nur die relativ unaufwendige Adaptierung der Elektrifizierung wäre für den Normalbetrieb nötig. Auch die Barrierefreiheit der Bahnhöfe ist laut Richard Fuchs ein Thema, und das Wagenmaterial ist zum Teil bereits 90 Jahre alt. Damit eignet es sich kaum als Pendlerzug, doch hervorragend für den touristischen Einsatz.

Pendler oder Touristen

"Bahn fahren mit der Gleichenberger Bahn ist Entschleunigung und Urlaub pur", sagt dazu Erich Neuhold, Geschäftsführer des Steiermark Tourismus. "Unbeschwert aus dem Fenster schauen, die Landschaft betrachten und sich dabei schon auf die nachfolgenden Aktivitäten freuen – ob aufs Radfahren, Wandern in den Weinbergen, den Thermenbesuch oder die Jause im Buschenschank. Das ist erfreulicherweise und mittlerweile wieder ein sehr zeitgemäßes Urlaubsangebot."

Mit der aktuellen Lösung ist Fuchs nur einigermaßen zufrieden. Er ist froh, dass es jetzt weitergeht – das ist ihm allerdings noch nicht genug. "Es ist relativ egal, ob ich mit dem Zug nur am Wochenende oder täglich fahre", sagt er und vergleicht die Situation mit einer Küche, die man nur an bestimmten Tagen nutzt, während man im Rest der Woche aus Kostengründen kalt isst.

Personen- und Güterverkehr

"Als Betreiber sind wir erfreut, dass nun die über 90-jährige Geschichte der Gleichenberger Bahn auch im Personenverkehr weiter fortgesetzt wird", sagt Markus Griesangerl, Kommunikationsleiter der Steiermarkbahn und Bus (StB). Der Güterverkehr war von einer möglichen Schließung ohnedies nie betroffen. "Wir befördern derzeit hauptsächlich Hartgestein aus dem Steinbruch in Mühldorf, das österreichweit als Gleisschotter zum Einsatz gelangt. Durch die Investitionen der Firma Appel in deren Basaltwerken werden sich die aktuellen Transportmengen im Lauf der kommenden Jahre noch weiter erhöhen." Daneben liefen auch noch vielversprechende Gespräche mit Kommunen und Betrieben, vor allem für den Transport von Reststoffen wie auch Getreide- und Futtermitteln.

Der Güterverkehr auf der Gleichenberger Bahn dürfte in Zukunft zunehmen.
Foto: Steiermarkbahn / Fladerer

Dies, wie auch die Fortführung des Personenverkehrs, sei ein Beitrag zur klimafreundlichen Mobilität: "Sie sichert regionale Arbeitsplätze und ist gleichzeitig auch eine Wertschätzung gegenüber der Arbeit unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Region", sagt Markus Griesangerl.

Der Auftakt des neuen Dschungelexpresses sei jedenfalls vielversprechend verlaufen. "Das kann gern so weitergehen." In den vergangenen Jahren waren die Fahrgastzahlen rückläufig – nicht zuletzt wegen der Pandemie –, und der nun wegfallende Schülerverkehr durch die Wiederaufnahme als Wochenendzug mache Vergleiche schwer. Doch insgesamt bemerke die StB eine sehr gute Entwicklung "aufgrund der besseren Ausrichtung auf Freizeit- und Tourismusbedürfnisse. Und wir erwarten für heuer weitere Anstiege." (Guido Gluschitsch, 24.5.2022)