Wo der Schuh in Sachen Arbeitskräftemangel besonders drückt, ist bekannt – in Gastronomie, Landwirtschaft und Pflege.

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Noch hält sich der Zustrom auf den Arbeitsmarkt in Grenzen. Von den bis dato rund 71.850 Menschen, die aus der Ukraine nach Österreich geflüchtet sind, hatten vergangene Woche etwa 3.600 Personen eine Beschäftigungsbewilligung. "Es werden derzeit jeden Tag um hundert bis zweihundert mehr", sagte Arbeitsminister Martin Kocher da im STANDARD-Interview. Sie kämen derzeit vor allem in der Gastronomie, in der Landwirtschaft und in der Pflege unter, so Kocher.

Die Hoffnung, dass viele der Geflüchteten die Personalnot in der IT-Branche lindern könnten, dürfte sich nicht erfüllen. "Jene, die nach Österreich kommen, scheinen nicht so stark in IKT ausgebildet zu sein, wie wir ursprünglich vermuteten", sagt Wifo-Ökonom Peter Huber. Die Nachfrage nach einem vom Wiener ArbeitnehmerInnen-Förderungsfonds (Waff) aufgesetzten Programm sei gering gewesen.

Rascher Einstieg versus adäquater Job

Besteht nun die Gefahr, dass die Ankommenden unter ihren Qualifikationen beschäftigt werden? Diese Doppelmühle, rasch in die Arbeitswelt einzusteigen, versus einen der Ausbildung adäquaten Job zu finden, gebe es bei neu Zuwandernden immer, sagt Huber. Er ist aber auch überzeugt, dass jene, die tatsächlich bleiben, rasch aufsteigen können.

Die Salzburger Hotelière Petra Nocker-Schwarzenbacher, Eigentümerin vom Brückenwirt in St. Johann im Pongau, hat 14 Geflüchtete – allesamt Familien – aufgenommen. Drei Ferienwohnungen hat sie für die Dauer der Krise freigemacht. Eine Person ist bereits bei ihr angestellt, eine weitere beginnt demnächst – gebraucht hätte sie neue Kräfte erst im Juni. Eine Ärztin sei unter ihren Gästen, ein Bauingenieur, eine Umweltökologin, eine IT-Expertin. "Alle, ausnahmslos alle wollen arbeiten", sagt sie.

Hilfsbereitschaft vor Ort

Dass die Kinder zwei Tage nach der Ankunft in die Schule gehen konnten, dass es nach fünf Tagen einen Deutschkurs gab, der jetzt viermal die Woche stattfindet, dass die Menschen ihre Grundbedürfnisse decken konnten, verdanke sich dem Engagement und der Hilfsbereitschaft vor Ort. Der Staat komme erst langsam in die Gänge.

Die Blaue Karte gab es nach einer Wartezeit von vier Wochen, die ersten Zahlungen der öffentlichen Hand für die Geflüchteten kamen nach acht Wochen. Nocker-Schwarzenbacher hat auch ihre Kontakte zu Unternehmen in der Region genützt. Diese seien bereit, "die größte Hürde ist derzeit die Sprache". Auch sie fordert, es müsse rasch eine Lösung für das Problem der Zuverdienstgrenze gefunden werden. Den Vorschlag von Innenminister Gerhard Karner (ÖVP), für jene, die privat untergebracht seien, für jeden Euro Zuverdienst über dem Freibetrag von 110 Euro 70 Cent einzubehalten, hält sie für realitätsfern. (Regina Bruckner, 24.5.2022)