Gabriele Aicher, Rechtsschutzbeauftragte der Justiz (mit Maske).

Foto: APA/Fohringer

Viele Sympathiepunkte genießen die grünen Ministerinnen und Minister bei ihrem Koalitionspartner nicht. Mit Ausnahme von Vizekanzler Werner Kogler wird von türkiser Seite immer wieder über die Gesundheitsminister (vor allem damals Rudolf Anschober) und Umweltministerin Leonore Gewessler geschimpft. Den größten Unmut bekommt aber Justizminister Alma Zadić ab: Sie habe ihr Ressort nicht im Griff, ÖVP-nahe Spitzenbeamte aus Amt und Würden gedrängt und einer überpolitische WKStA freien Lauf gelassen.

Besonders im U-Ausschuss versucht die ÖVP-Fraktion unter Andreas Hanger eine Art von paradoxer Intervention: Nicht Zadić sei es, die gegen parteipolitische Netzwerke vorgehe, sondern sie selbst nehme politische Einflussnahme auf Ermittlungen, heißt es da. Das versuchte die ÖVP diese Woche im U-Ausschuss mit Auskunftspersonen aus der Justiz zu beweisen.

Vorweg: Besonders erfolgreich war sie damit nicht. Einer der Angriffspunkte ist beispielsweise, dass der Strafantrag gegen den Leitenden Oberstaatsanwalt Johann Fuchs zuerst vom Weisungsrat beanstandet, dem dann aber nicht mehr vorgelegt wurde. Alles korrekt, meinte dazu die Strafrechtsexpertin Susanne Reindl-Krauskopf, die Mitglied des Weisungsrats ist. Dieser wolle gar keine zweite Vorlage.

Fragen abprallen lassen

Barbara Göth-Flemmich, Nachfolgerin von Christian Pilnacek als Sektionschefin für Strafrecht, hatte schon am Dienstag Fragen auf nahezu groteske Art und Weise an sich abprallen lassen. Einziges Bonmot: Parlamentarische Anfragen schreibe sie nicht, Beschuldigte bereite sie ebenso wenig vor – zwei Seitenhiebe gegen Pilnacek. Für Abteilungsleiter Gerhard Nogratnig, der am Montagnachmittag befragt wurde, seien in der Justiz "zu viele Emotionen" im Spiel, diese täten Beamten nicht gut.

Auch aus Sarah Böhler, Zadić’ Kabinettschefin, war nichts Skandalöses herauszukriegen. Die Unterstellung, diese leite Informationen an ihren früheren Chef Peter Pilz weiter, wies sie "aufs Schärfste" zurück. Unangenehm wurde es eher für die ÖVP selbst – erzählte Böhler doch, der damalige Kanzler Sebastian Kurz habe sich für Pilnacek eingesetzt.

Rechtsschutzbeauftragte redete sich in Rage

Glücklich konnte sich die ÖVP einzig über die Befragung der Rechtsschutzbeauftragten in der Justiz, Gabriele Aicher, schätzen. Diese kritisierte wie erwartet die WKStA und Zadić scharf, aber auch deren Vorgänger, die von der ÖVP nominiert worden waren. Dass die nach der heimlichen Aufnahme der Eurofighter-Dienstbesprechung, die Christian Pilnaceks Karriere wahnsinnig geschadet hat, nichts unternommen hätten, sei entsetzlich.

Laut Aicher sei Kritik an der WKStA gefährlich, deshalb habe sie sich auch vom Anwalt Manfred Ainedter beraten lassen. Zadić hatte sie dafür ermahnt, vertritt Ainedter doch namhafte Beschuldigte in Fällen der WKStA; einsichtig zeigte sich Aicher dazu nicht. Die WKStA sei jedenfalls so beliebt, dass sogar schon "I love WKStA"-T-Shirts existierten, meinte Aicher, und setzte lachend nach: Womöglich wäre sie mit einem "I love Rechtsschutz"-T-Shirt besser dran gewesen.

Im Lauf ihrer Befragung redete sich Aicher zusehends in Rage und teilte manchmal bizarre Feststellungen, etwa dass jeder Querulant "eine Anzeige besser als die WKStA" mache. Außerdem habe sie Angst gehabt, abgehört zu werden. Sie habe ihren Rücktritt erklärt, weil "die" – gemeint: WKStA – "einfach keine Ruhe geben". Die WKStA verfolge jeden, es sei "ein Trauerspiel". (Fabian Schmid, Renate Graber, 25.5.2022)