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21 Menschen starben am Dienstag an einer US-Schule. Die Suche nach Schuldigen lässt die Vernunft oft außen vor.

Foto: APA/AFP/GETTY IMAGES/Brandon Bel

Kurz nach dem furchtbaren Amoklauf an einer US-amerikanischen Mittelschule, bei dem 21 Menschen aus dem Leben gerissen wurden, tauchten auf einschlägigen Plattformen wie 4chan Fotos von zwei Trans-Frauen auf, die dem Attentäter zugeordnet wurden. Obwohl es keinerlei Beweise gibt, dass der 18-jährige Täter transsexuell war, starteten Rechtspopulisten und Nutzer der umstrittenen Plattform 4chan eine hässliche Schlammschlacht.

Mehrere solcher Beiträge starteten ein Lauffeuer an Falschinformationen.
Foto: Twitter

Angriffe von allen Seiten

"OMG! Ich habe den Reddit-Account des Amokläufers gefunden. Er war transsexuell", schreibt ein Twitter-Nutzer und postet dazu zwei Fotos von einer Person, die zufällig dem Attentäter von Uvalde ähnlich sieht. Schon zuvor werden Fotos der 22-jährigen Sabrina auf 4chan mit derselben Schlussfolgerung geteilt und zahlreich kommentiert. Die beiden Betroffenen reagieren, als sie von der Verwechslung erfahren und erbitten die Löschung der Beiträge. "Ich möchte meine Fotos nicht mit dieser Tragödie in Zusammenhang gebracht sehen", tweetet Sabrina noch am Mittwoch, wenige Stunden nach dem Attentat.

Die Online-Nutzer wollen Beweise, sehen sie doch ihre Theorie angegriffen. Sowohl Sabrina als auch das andere Opfer des aggressiven Shitstorms, Sam, beweisen mit aktuellen Fotos, dass sie unmöglich der tote Amokläufer sein können. "Ich lebe nicht mal in Texas", schreibt Sam auf Reddit über einem aktuellen Foto.

Im Strom an Falschmeldungen geht der zahlenmäßig unterlegene Widerspruch unter. Die Kommentare und Postings werden beleidigender, das Thema Transsexualität in den Mittelpunkt der Aggression gestellt. Der seit elf Jahren als US-Abgeordneter tätige Paul Gosar schrieb schon am Dienstag auf Twitter, obwohl zu diesem Zeitpunkt noch nicht ansatzweise alle Fakten der Tat auf dem Tisch lagen: "Es war ein transsexueller, linker, illegaler Ausländer." Der mittlerweile gelöschte Tweet kam als Antwort auf die Falschinformation, die sich zu diesem Zeitpunkt wie ein Lauffeuer verbreitete.

Einen Tag später schlug die US-Autorin Candace Owens in eine ähnliche Kerbe. "Was treibt einen 18-Jährigen dazu, unschuldige Kinder zu töten? Ich weiß es nicht. Aber wenn man sich die Fotos von ihm in den Frauenkleidern ansieht, dann kann man annehmen, dass es viele Anzeichen auf eine geistige Verwirrung gab und er von Erwachsenen misshandelt wurde." Trotz zahlreicher Kommentare, ihr Beitrag würde Falschinformationen enthalten, ist der Tweet weiterhin online.

Der einzige Trost für die beiden Betroffenen, deren Fotos aus dem Zusammenhang gerissen und instrumentalisiert wurden, ist, dass die Zahl der Kommentare seit gestern stark abnimmt. In einem Interview mit "Mashable" erzählt Sabrina allerdings, sie habe ihren Twitter-Account gesperrt und Angst davor, diesen wieder zu öffnen. Warum gerade sie als Ziel ausgesucht wurde, beantwortet Sabrina resignierend mit den Worten, es sei "mit Sicherheit" deshalb, weil sie trans sei. (red, 26.5.2022)