Prohaska: "Alaba hat sich über einen ewig langen Zeitraum super präsentiert. Meine Hochachtung."

Foto: imago images / SKATA

David Alaba hofft, im Stade de France zu jubeln. Meister mit Real Madrid ist er bereits. Nun wartet Liverpool.

Foto: APA/AFP/GABRIEL BOUYS

Samstag, Stade de France zu St. Denis, 21 Uhr: Liverpool FC und Real Madrid bestreiten das Finale der Champions League. Der 29-jährige David Alaba ist Abwehrchef der Königlichen, der Wiener strebt den dritten Titel in der Königsklasse des Fußballs an. Mit Bayern München war er zweimal erfolgreich. Liverpool hat sechsmal triumphiert, Real ist mit 13 Trophäen Rekordhalter. Herbert Prohaska sieht das Spiel im Patschenkino.

STANDARD: Was hält Österreichs einziger Jahrhundertfußballer von David Alaba?

Prohaska: Was soll ich von ihm halten? Ein sehr, sehr guter Fußballer, der mit großem Abstand die meisten Titel gewonnen hat. Er ist Österreichs erfolgreichster Kicker aller Zeiten. Und bleibt es wohl.

STANDARD: Seine Stärken?

Prohaska: Er hat bei der Wiener Austria das Handwerk gelernt, als Jugendlicher eine Superausbildung genossen. David kann mit dem Ball alles, er ist universell. Deswegen kann er im Prinzip mehrere Positionen spielen. Unlängst habe ich von ihm gelesen, dass er gesagt hat, er will nur mehr Innenverteidiger sein, das ist ihm am liebsten. Das ist für ihn derzeit die beste Position. Er hat gerne das Spiel vor sich, wie jeder Fußballer, da tut man sich leichter, als wenn du mit dem Buckel zum Tor stehst. Deshalb tut er sich im Abwehrzentrum am besten. Linker Außenverteidiger könnte er trotzdem noch sein. Er hat ein exzellentes Stellungsspiel. Und vor allem, das ist heutzutage extrem wichtig, Alaba hat von hinten eine sehr gute Eröffnung. Keiner will mehr die Bälle hoch nach vorne dreschen, du brauchst Leute wie Alaba, die technisch gut sind, den Pass ins Mittelfeld beherrschen.

STANDARD: Er wollte eigentlich nie Innenverteidiger sein.

Prohaska: Ja, aber in der Zwischenzeit füllt ihn diese Position aus. Er kann und muss das spielen. Er hat sowohl auf der Außenbahn als auch im Mittelfeld ewig lange keine Einsätze gehabt. Da geht dir etwas ab, im Mittelfeld hat man viel mehr und andere Laufwege.

STANDARD: Der Vergleich mag natürlich hinken. Aber ist Alaba besser als Prohaska?

Prohaska: Stimmt, der Vergleich hinkt. Er ist von seiner Art und Weise ein ganz anderer Spieler. Für mich war die Rolle des Spielgestalters vorgeschrieben, das war er nie. Er ist ein Linksfuß, ich war ein Rechtsfuß. Der Fußball ist viel schwieriger geworden, Alaba hat sich über einen ewig langen Zeitraum super präsentiert. Meine Hochachtung.

STANDARD: Hat es Sie überrascht, dass er bei Real Madrid sofort eine derart wichtige Rolle einnimmt?

Prohaska: Nein. Er hatte Vorschusslorbeeren. Du kommst von Bayern München, hast zweimal die Champions League gewonnen, warst zehnmal Meister. Da hat auch Real Respekt. Der Einstieg war leicht, weil er ein gestandener und höchst erfolgreicher Profi war und ist. Andererseits musste er niemanden Geringeren als Sergio Ramos ersetzten, eine absolute Legende bei Real. Du wirst mit ihm verglichen, das hat Alaba gut bewältigt. Sie sind Meister geworden, das zählt in Spanien wegen der Rivalität mit Barcelona genauso viel wie die Champions League. Trainer Jupp Heynckes gewann einst die Champions League, in der Liga waren sie klar hinter Barcelona, also haben sie ihn g’stanzt.

STANDARD: Pflegen Sie persönlichen Kontakt zu Alaba?

Prohaska: Nein. Wir haben uns einmal, warum auch immer, im Wachsfigurenkabinett getroffen und kurz geplaudert. Worüber genau, weiß ich nicht mehr.

STANDARD: Liverpool gegen Real, wer ist Favorit?

Prohaska: Vielleicht ist Liverpool von der Klasse und der Art und Weise leichter Favorit. Aber Real hat gerade in diesem Jahr mörderisch viele Comebacks gefeiert, Paris SG, Chelsea und Manchester City rausgehaut. Die haben nach Rückständen drei weggeräumt, die Champions-League-Favoriten waren. Auch in der Liga lagen sie in Sevilla 0:2 hinten, haben 3:2 gewonnen. Da hätte es noch einmal eng werden können. Real hat Herz, Charakter, Mentalität und Selbstvertrauen. Auch Alaba sagt: ‚Wir sind Real‘ Darum geht es. Die haben vor keinem Gegner Angst. Aber Liverpool ist um einen Tick besser.

STANDARD: Wem drücken Sie die Daumen?

Prohaska: Real, dort spielt ein Österreicher, und dort ist mein alter Freund Carlo Ancelotti Trainer. Aber ich mag auch den Jürgen Klopp unglaublich gern.

STANDARD: Klopp und Ancelotti sind zwei Trainerlegenden. Wird das Finale von der Bank aus entschieden?

Prohaska: Schwer zu sagen. Klopp wird sich nichts Neues einfallen lassen. Liverpool wird Liverpool sein. Ancelotti wird immer Italiener bleiben, da kann man davon ausgehen, dass er sich taktisch etwas einfallen lässt. Näher ist mir Ancelotti, mit dem habe ich gespielt, ein wunderbarer Mensch und einer der besten Trainer, die es auf diesem Planeten gibt. Aber wie gesagt, Klopp hätte ich gerne als Trainer gehabt, von dem kann man viel lernen, er ist menschlich überragend. Schafft es Real, freut es mich. Schafft es Liverpool, bin ich auch nicht traurig.

STANDARD: Wo und mit wem verfolgen Sie das Spiel?

Prohaska: Zu Hause. Alleine. Das ist mir am liebsten. In einer Freundesrunde wird geblödelt und dauernd geredet, da versäumt man zu viel vom Match. Und das will ich nicht. (Christian Hackl, 28.5.2022)