Das Wesen der italienischen Küche ist nicht Fast Food, sondern Slow Food.
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Pro
von Sascha Aumüller

Getrocknete Korkeichenrinde wird um Grammpreise gehandelt, die reines Platin daneben wie billiges Stanniol wirken lassen.

Warum können sich italophile Foodies also nicht endlich darauf verständigen, dass Parmesanrinde aus dem Sackerl zu den wertvollsten Würzen dieser Welt gezählt werden muss?

Pastaprofis wie Minestrone-Maestros aller Länder sind sich einig, dass getrockneter Parmesan aus dem Sackerl zwar nicht besser, aber doch völlig anders als frisch geriebener schmeckt.

Eben weil in die Beutel so viel in Würde gealterte Käserinde kommt, wird jede damit getoppte Bolognese zum Geschmackserlebnis. Mögen Frischefanantiker und Reiberechthaber noch so sehr die Nase rümpfen, eine Begegnung des Gaumens mit altem und trockenem Käse ist halt immer intensiver als mit unreifem Jungkäse.

Parmigiano aus dem Sackerl ist die Essenz Italiens. Dabei ist es nicht wichtig, ob der verwendete Hartkäse aus den Provinzen Parma, Reggio Emilia, Modena, Bologna westlich des Reno oder aus Mantua östlich des Po stammt. Mein Käs auf den Rigatoni ist nicht rassistisch!

Kontra
von Gianluca Wallisch

Prinzipiell könnte man ja alles – gottlob tut man es aber nicht. Man könnte Sägespäne über die Bolognese schütten (warum sagen eigentlich so viele Menschen Polonaise dazu?); man könnte Sugopulver mit heißem Wasser aufgießen. Oder das Saucenglaserl in die Mikwowelle stellen. Und es am besten dort stehen lassen.

Basta! Das Wesen der italienischen Küche ist nicht Fast Food, sondern Slow Food. Die Zubereitung von Spaghetti all’Aglio, Olio e Peperoncino mag simpel sein – und doch muss sie zelebriert und nicht Studi-WG-mäßig hingerotzt werden. Das Einfache als Kunstform.

Also, per favore: Nie, nie, nie Sand aus dem Packerl! Und bitte auch nicht "selbst" gerieben aus einem Elektrogerät. Nein, der Parmigiano, Grana oder Pecorino verdienen auch am Ende ihres Reifeprozesses ein bisschen Sinnlichkeit. Gehobelt oder gerieben wird nur händisch, nicht auf Vorrat, immer nur in der nötigen Menge. Kräftige Späne oder himmlisch leichte Flöckchen? Das hängt von der persönlichen Vorliebe ab.

Wenn es schon "anders schmecken" darf, dann besser. Das Leben ist zu kurz für Packerlkäs. (RONDO exklusiv, 10.6.2022)