Ein Schlag gegen die organisierte Kriminalität: Im Frühjahr 2021 gelangen im Zuge der Operation Trojan Shield 800 Festnahmen in 16 Ländern.

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Unter dem Decknamen Trojan Shield haben FBI und Europol vergangenes Jahr zu einem noch nie dagewesenen Schlag gegen die organisierte Kriminalität ausgeholt. Der US-Behörde war es gelungen, manipulierte Telefone, die vermeintlich abhörsicher waren, in kriminellen Netzwerken in Umlauf zu bringen.

Die Fülle an Chatprotokollen, die die Ermittler daraus gewannen, führte im Frühjahr 2021 in 16 Ländern zu 800 Festnahmen, 81 davon in Österreich. Aber durften österreichische Gerichte die umstrittenen Daten überhaupt verwerten?

Verbot von Lockspitzeln?

Ein mutmaßlicher Drogendealer, gegen den das Landesgericht Wien Untersuchungshaft verhängt hatte, beschwerte sich trotz der eindeutigen Beweislage: Die Daten des FBI, die über die Handys gewonnen worden waren, hätten im Verfahren nicht verwertet werden dürfen. Die Ermittlungsmethode gelte in Österreich als unerlaubter Einsatz von Lockspitzeln.

Erfolg hatte der Häftling mit seinen Argumenten aber nicht – auch nicht vor dem Obersten Gerichtshof (OGH). Selbst wenn die Vorgangsweise nach österreichischem Recht unzulässig wäre, dürften die Gerichte die Daten verwerten. Schließlich habe das FBI die Ermittlungen in die Wege geleitet – "ohne Zutun und ohne Veranlassung" der Österreicher (OGH 22. 2. 2022, 15Os11/22i).

"OGH-Linie überdenken"

Laut Ingeborg Zerbes, Professorin für Strafrecht an der Universität Wien, ist die Linie des OGH nicht neu. Die Strafprozessordnung gelte nur für österreichische Ermittlungen. Das FBI oder andere ausländische Behörden sind nicht daran gebunden.

Daten, die bloß übermittelt werden, können daher verwertet werden – nicht nur bei den Ermittlungen, sondern auch im Urteil. Anders wären dagegen Fälle zu beurteilen, in denen die Initiative von den Österreichern ausgehe. "Dann sind sie mitverantwortlich", sagt Zerbes.

In Anbetracht neuer technischer Möglichkeiten und riesiger Datenmengen sollte der Oberste Gerichtshof seine Rechtsprechung laut der Strafrechtlerin aber überdenken. Früher oder später werde die Frage auch beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg akut werden. (Jakob Pflügl, 30.5.2022)