Die Choreografin Emmanuelle Huynh sorgt mit dem Klangforum Wien und der Szenografin Caty Olive für ein lebendiges "Kraanerg".

Foto: Christian Robert

Wien – Am 29. Mai wäre der griechische Komponist Iannis Xenakis 100 Jahre alt geworden. Die Wiener Festwochen feiern den Künstler mit dessen Ballettkomposition Kraanerg – ein Titel, der für die Hoffnung auf Änderung politischer, sozialer und ideologischer Systeme steht.

Neben dem Klangforum Wien unter der Leitung von Sylvain Cambreling wurde die französische Choreografin Emmanuelle Huynh beauftragt, das 1968 entstandene Werk neu zu beleben. Mit ihr teilt der Komponist sowohl die (Wahl-)Heimat Frankreich als auch die Suche nach den eigenen Wurzeln.

Im Widerstand verletzt

In Rumänien geboren, zieht Xenakis mit zehn Jahren nach Griechenland. Mit dem Einmarsch der Truppen Mussolinis schließt er sich der kommunistischen Widerstandsbewegung an. Mit 22 wird er von einer explodierenden Granate schwer im Gesicht verletzt, verliert dabei ein Auge, sein Hörsinn bleibt dauerhaft geschädigt. Es seien die geschwächten Sinne, die ihn das abstrakte Denken gelehrt haben, so Xenakis. Als er 1947 den Einberufungsbefehl verweigert, gelingt ihm – bereits zum Tod verurteilt – die Flucht nach Frankreich.

Dort findet er schnell eine Stellung im Atelier des Architekten Le Corbusier, die ihm die Finanzierung seines Kompositionsstudiums bei Olivier Messiaen ermöglicht.

Als "Architekt der Klänge" macht sich Xenakis später einen Namen und gilt als Erfinder der stochastischen Musik. In seinen Kompositionen verwendete er mathematische Modelle und dachte Musik als Körper im Raum, platzierte Instrumente auch im Auditorium, um dreidimensionalen Klang zu erzeugen.

Lichträume

Die szenische Fassung zu Kraanerg erarbeitete Huynh, die in ihrem jüngsten Werk Nuée die vietnamesischen Wurzeln und die Emigration ihres Vaters nach Frankreich erforscht, mit der Lichtdesignerin Caty Olive. Die französische Bühnenbildnerin ist auf die Realisierung von Lichträumen spezialisiert.

Am 18. Juni schmeißt dann auch der Musiker und Xenakis-Experte Reinhold Friedl ein leuchtendes Fest. We Bear the Light of the Earth: Xenakis Birthday Party ist von dem Leiter des Ensembles Zeitkratzer kuratiert. Beginn ist am Nachmittag. Der Konzertabend bringt dann Xenakis’ Inspirationsquellen wie japanische Biwa-Musik oder afrikanische Perkussion und betont seine zeitgenössische Relevanz. (kst, 30.5.2022)