In "Depois do silêncio" vermischen sich Theater und Film.

Foto: Itamar Vieira

Wien – Den Goldenen Löwen für ihr bisheriges Lebenswerk bekam die Brasilianerin Christiane Jatahy erst Anfang dieses Jahres bei der Biennale di Venezia zugesprochen. Der Jury gilt sie als "eine der originellsten Figuren der Theaterwelle, die über den Atlantik geschwappt ist und die europäische Szene erneuert hat".

Noch vor der Preisverleihung im Juni präsentiert die 1968 in Rio de Janeiro geborene Theater- und Filmregisseurin bei den Festwochen die Uraufführung von Depois do silêncio. Das Stück ist der Abschluss einer Serie mit dem Titel Trilogy of Horror, in deren erstem Teil, Entre chien et loup, Jatahy die Mechanismen des Faschismus durchleuchtete.

Uraufgeführt vor einem Jahr in Avignon, wurzelt dieses Stück in Lars von Triers großartigem Film Dogville. Teil zwei der Trilogie des Grauens, Before the Sky Falls, behandelt toxische Männlichkeit und stellt Brasiliens Präsidenten Jair Bolsonaro als modernen Macbeth dar.

Geschichte der Sklaverei

In Depois do silêncio (dt. Nach dem Schweigen) untersucht Jatahy nun die Geschichte der Sklaverei und wie sich diese bis heute auswirkt. Brasilien hat bekanntlich – als eines der letzten amerikanischen Länder – die Sklaverei erst 1888 abgeschafft.

Hier bezieht sich Jatahy auf den aktuellen Roman Torto Arado (dt. Der krumme Pflug) des brasilianischen Autors Itamar Vieira Júnior (42). Darin ist beschrieben, wie Brasilien bis heute Menschen ausbeutet und indigene Gemeinden zerstört.

Dafür arbeitet die Regisseurin an der Schnittstelle zwischen Theater und Kino und verwebt Vieiras Geschichte mit ihrer eigenen, ganz speziellen Bildsprache.

Christiane Jatahy und Itamar Vieira Júnior präsentieren sich übrigens auch in der Talk-Reihe der Festwochen am 16. 6., 19.00, im Odeon-Theater und sprechen über anhaltenden Kolonialismus und Kunst als Widerstand. (ploe, 30.5.2022)