Die Omikron-Varianten BA.4 und BA.5 sind nochmals deutlich ansteckender als ihre Vorgänger.

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Die sinkenden Infektionen und das schöne Wetter sollen es möglich machen: Ab 1. Juni wird die Maskenpflicht für drei Monate ausgesetzt. Ausnahmen gelten für Bereiche mit vulnerablen Personengruppen wie Spitäler oder Alten- und Pflegeheime. Die Stadt Wien hat noch eine weitere Ausnahme beschlossen: In Öffis muss weiterhin eine FFP2-Maske getragen werden. "In einer Großstadt macht es absolut Sinn, dass die Maske in den öffentlichen Verkehrsmitteln weiterhin getragen werden muss. Hier ist die Situation einfach anders als in weniger dicht besiedelten Gebieten", heißt es aus dem Büro des Wiener Gesundheitsstadtrats Peter Hacker (SPÖ).

Auch wenn die fast vollständige Abschaffung der Maskenpflicht suggerieren könnte, dass die Pandemie bereits vorbei ist, erwarten Expertinnen und Experten die nächste Welle schon früher als gedacht – bereits im Juli. Schuld daran sind die Omikron-Subtypen BA.4 und BA.5, die laut neuesten Erkenntnissen noch einmal deutlich ansteckender sein dürften als ihre Vorgänger BA.1 und die bei uns derzeit vorherrschende Variante BA.2.

Virologin Dorothee von Laer von der Med-Uni Innsbruck erklärt: "BA.4 und BA.5 haben in Südafrika gerade eine Welle verursacht, und auch bei uns steigt die Anzahl der Infektionen mit diesen beiden Varianten stetig an." Noch dürften die Zahlen der mit BA.4 und BA.5 infizierten Personen in Österreich niedrig sein. Doch da beide Varianten eine bereits bestehende Immunität besser umgehen, könnte der saisonale Effekt diesen Sommer nicht so zum Tragen kommen, wie es 2021 der Fall war.

Welle möglich, aber klein

Molekularbiologe Ulrich Elling von der Akademie der Wissenschaften geht davon aus, dass uns bereits im Juli die nächste Welle erreichen wird. "Neueste Daten zeigen, dass die Varianten BA.4 und BA.5 vor allem die Immunabwehr von BA.1-Genesenen umgehen können. In Österreich sind das ungefähr 15 Prozent." Da bei den meisten die letzte Impfung auch schon länger zurückliegt, werden sie sich relativ leicht mit einer der beiden sich jetzt durchsetzenden Varianten anstecken können. Die gute Nachricht: BA.2-Genesene sollten einen relativ hohen Schutz haben. "Diese Tatsache plus der saisonale Effekt sollten dazu beitragen, dass die nächste Welle zwar schon im Sommer kommen wird, jedoch recht flach bleiben sollte."

Auch Virologin von Laer gibt ein Stück weit Entwarnung, vor allem was das Gesundheitssystem anbelangt: "Ich sehe keine Gefahr, dass es im Sommer zu einer Überlastung der Spitäler kommt." Denn: BA.4 und BA.5 sind zwar deutlich ansteckender, führen aber seltener zu schweren Verläufen, als es bei Delta der Fall war.

Bleibt ein Problem, wie aus dem Büro Hacker zu vernehmen ist: Der Bund zahlt derzeit die Variantensequenzierung nicht, Labore müssten diese auf eigene Rechnung machen. Zusätzlich soll das Abwassermonitoring zurückgeschraubt werden. Dadurch weiß man aber nicht so genau, welche Varianten konkret in welchem Ausmaß zirkulieren – was die Prognosen für den weiteren Pandemieverlauf unsicherer macht. (Jasmin Altrock, 30.5.2022)