Es war ein befremdlicher Auftritt von Toni Kroos. Nach dem Champions-League-Triumph mit Real Madrid brach der deutsche Fußballstar ein Interview auf dem Feld nach nur 45 Sekunden ab. "Du hattest jetzt 90 Minuten Zeit, dir vernünftige Fragen zu überlegen. Und jetzt stellst du mir zwei solche Scheißfragen", antwortete Kroos dem baffen ZDF-Reporter Nils Kaben. Dieser hatte es gewagt, halbkritisch nachzufragen, warum Real so in Bedrängnis geraten war.

Der deutsche Fußballstar Toni Kroos.
Foto: APA/AFP/OSCAR DEL POZO

Es ist eine exemplarische Situation für das fundamentale Missverständnis, dass Journalisten und Sportler in einem Boot sitzen. Kicker wie Kroos hätten es gerne, dass nach dem Spiel ausschließlich artig gratuliert und nach dem werten Befinden gefragt wird. Es zeigt, dass viele Sportstars kritische Fragen gar nicht mehr gewohnt sind. Was in der Politik längst Einzug gehalten hat, findet auch im Sport statt: Message-Control. Wer seine Geschichte ohne kritische Zwischenrufe erzählen möchte, macht das auf Instagram. Nach dem Motto: Inszenierung statt Inhalte.

Das Interview auf dem Feld ist einer der letzten Begegnungsorte, wo Medien noch halbwegs ungefiltert an Sportler herankommen. Mag sein, dass Kroos direkt nach Schlusspfiff voller Adrenalin war. Ein wenig Selbstkritik würde aber nicht schaden. Kroos verdient schließlich Millionen durch die Aufmerksamkeit, die ihm medial geboten wird. (Florian Vetter, 30.5.2022)