Ernst J. Fuchs und Marie-Thérèse Harnoncourt vom Wiener Architekturbüro The Next Enterprise konnten sich mit ihrem Entwurf im Wettbewerb 2019 gegen Kuehn Malvezzi und Ortner & Ortner durchsetzen.
Foto: Rupert Steiner / Heidi Horten Collection

Constantin Luser bläst in seinen 6,22 Meter hohen Vibrosaurier. 25 Blasinstrumente erklingen in schrillen Tönen. Die Kakofonie füllt das ganze Haus. "Dieses Freispielen der Ecken und Durchbrechen der Decken war uns von Anfang an wichtig", sagen Ernst J. Fuchs und Marie-Thérèse Harnoncourt vom Wiener Architekturbüro The Next Enterprise, die sich mit ihrem Entwurf im Wettbewerb 2019 gegen Kuehn Malvezzi und Ortner & Ortner durchsetzen. "Auf diese Weise gibt es kleine und große, gemütliche und dramatische Räume, und die Kunst kann sich optisch und akustisch ausbreiten."

Mit nicht einmal 1500 Quadratmetern, verteilt auf drei Ausstellungsebenen und eine Büroetage im Dachgeschoß, ist das Haus deutlich kleiner, als man auf den ersten Blick glauben möchte. Das Foyer mit eingezogenen Ebenen und einer schluchtartigen Raumhöhe von über 17 Metern bis unters Dach verströmt beim Eintreten eine Weite, die man im Wiener Mumok etwa vergeblich sucht und im New Yorker MoMA erfolgreich findet. Die 240 Quadratmeter großen Lichtdecken und die frech in den Altbau eingeschriebene, um rund 45 Grad verdrehte Geometrie tun ihr Übriges.

Mit nicht einmal 1500 Quadratmetern, verteilt auf drei Ausstellungsebenen und eine Büroetage im Dachgeschoß, ist das Haus deutlich kleiner, als man auf den ersten Blick glauben möchte.
Foto: Rupert Steiner / Heidi Horten Collection

13 Millionen netto

Highlight sind die beiden Treppenläufe, die sich trotz ihres imposanten Gewichts von 6,5 Tonnen fast schwerelos an die schwebenden "Plateaus" klammern. Die massiven Edelstahlskulpturen, die vor Ort zusammengeschweißt und in einem aufwendigen Verfahren glasperlengestrahlt wurden, animieren die Besucher zum Klopfen und Streicheln – und verraten nebenbei, dass die Auftraggeberin Heidi Horten weder Kosten noch Mühen gescheut hat. Von 13 Millionen Euro Nettobaukosten war in der Wettbewerbsausschreibung die Rede. Zu den tatsächlichen Kosten will sich Museumsdirektorin Agnes Husslein-Arco nicht äußern.

"Das Wichtigste ist doch, dass dieses private Museum viele unterschiedliche Nutzungen und Bespielungen zulässt", so Husslein-Arco. "Ich persönlich finde die Sequenz aus permanenten Überraschungen zwischen Altbau und Neubau am faszinierendsten." Ein solcher Überraschungsmoment ist auch der Tea Room in einem der Kabinette. Markus Schinwald entwickelte eine fast romantische Vitrinenwand mit gläsernen Bullaugen, und Hans Kupelwieser verschrottete mit einem Bagger 13 Alutafeln, die er in einem metallisch-samtigen Rot eloxieren ließ.

Das Foyer mit eingezogenen Ebenen und einer schluchtartigen Raumhöhe von über 17 Metern bis unters Dach verströmt beim Eintreten eine Weite, die man im Wiener Mumok etwa vergeblich sucht und im New Yorker MoMA erfolgreich findet.
Foto: Rupert Steiner / Heidi Horten Collection

Fazit: Der 1914 errichtete, komplett entkernte und vanillesaucengelb gestrichene Altbau im Innenhof des Hanuschhofs ist von außen keine Wucht, aber das ist mit 29 Grundstückseigentümern an so einer Adresse auch kein Wunder. Doch in seinem Inneren entfaltet das Ding eine kleine, dramatische Museumslandschaft mit architektonischem Seltenheitswert. (Wojciech Czaja, 30.5.2022)