Im Reinraum wird die Leber an die Perfusionsmaschine angeschlossen.
Foto: Universitätsspital Zürich

Bei Organspenden muss es schnell gehen: In der Praxis werden beispielsweise Spenderlebern meist nicht länger als für zwölf Stunden auf Eis gelegt, bevor sie transplantiert werden. Bei einem so kleinen Zeitfenster ist klar, dass nur verhältnismäßig wenige gespendete Organe passende Empfängerinnen und Empfänger erreichen können. In Österreich stehen etwa 750 Personen auf der Warteliste, die meisten brauchen eine Niere. Danach folgt die Leber: Bei 158 Personen wurde hierzulande im Jahr 2020 eine Lebertransplantation durchgeführt, am Ende des Jahres warteten noch 81 Personen auf das Organ.

Dies könnte sich in Zukunft durch verbesserte Verfahren ändern. Über einen wichtigen Schritt auf diesem Weg berichtet ein Team aus Zürich, das eine Perfusionsmaschine entwickelte. Bis vor wenigen Jahren konnten Spenderlebern maximal 24 Stunden lang in einem solchen Apparat gelagert werden, der den menschlichen Körper imitiert. Hier erhält das Organ Blut, Sauerstoff und Wärme.

Abgelehnte Leber erfolgreich transplantiert

Vor zwei Jahren berichtete das Team, dass sogar eine Lagerung und Regeneration beschädigter Lebern im Zeitraum von einer Woche möglich seien – eine bemerkenswerte Möglichkeit. In seiner Maschine ersetzt eine künstliche Pumpe das menschliche Herz, ein Oxygenator die Lunge, eine Dialyseeinheit die Nieren. Hormon- und Nährstoffinfusionen übernehmen das, was normalerweise Darm und Bauchspeicheldrüse zur Verfügung stellen würden. Und rhythmische Bewegungen imitieren das Auf und Ab des Zwerchfells beim Atmen. Nun gibt es erste Anzeichen dafür, wie gut das Prinzip praktisch funktioniert: Es gelang, eine stark geschädigte Leber drei Tage lang im Gerät zu versorgen und zu transplantieren – der Empfänger lebt bereits seit einem Jahr mit der neuen Leber, schreiben die Forschenden im Fachjournal "Nature Biotechnology".

So sieht die Perfusionsmaschine aus – im weißen Behälter auf der linken Seite wird die Leber an die Apparate angeschlossen.
Foto: Universitätsspital Zürich, beamue

Dies sei in der Medizingeschichte bisher unerreicht, schreiben die Institutionen, die im Rahmen des Projekts "Liver4Life" kooperieren, in einer gemeinsamen Mitteilung. Beteiligt sind im Rahmen von "Wyss Zurich" etwa die ETH Zürich sowie die Universität Zürich, eine maßgebliche Rolle hatte Pierre-Alain Clavien, Direktor der Klinik für Viszeral- und Transplantationschirurgie am Universitätsspital Zürich. Wie die Forschenden in ihrem Beitrag über den bewilligten individuellen Heilversuch darlegen, stand am 19. Mai 2021 eine stark geschädigte Leber einer 29-jährigen Spenderin zur Transplantation zur Verfügung. Sie wurde jedoch von sämtlichen Zentren abgelehnt.

Krebspatient wohlauf

Im Perfusionsapparat ließ sich die Leber aber mit Medikamenten behandeln und so zu einem guten Spenderorgan umwandeln. Am 21. Mai 2021 – drei Tage später – konnte die Leber schließlich einem Krebspatienten eingesetzt werden. Nach der Transplantation beobachteten die Forschenden nur eine sehr geringe Schädigung der behandelten Leber. Zudem war nur eine minimale immunsuppressive Behandlung erforderlich. Zwölf Tage nach dem Eingriff konnte der Patient das Spital verlassen, heute – rund ein Jahr später – ist er wohlauf: "Ich bin sehr dankbar für das lebensrettende Organ. Aufgrund meines rasch fortschreitenden Tumors hatte ich geringe Chancen, innert nützlicher Frist eine Leber von der Warteliste zu erhalten", sagte der Patient gemäß der Mitteilung.

Dieser erste klinische Erfolg mit der Perfusionsmaschine verspricht den Forschenden zufolge, das Zeitfenster für eine Transplantation auf bis zu zehn Tage erweitern zu können. "Unsere Therapie zeigt, dass es mit der Behandlung von Lebern in der Perfusionsmaschine möglich ist, den Mangel an funktionsfähigen Spenderorganen zu mildern und Leben zu retten", sagte Clavien. Allerdings seien noch weitere Untersuchungen mit mehr Patientinnen und Patienten und längeren Beobachtungszeiträumen erforderlich. (sic, APA, 31.5.2022)