Eine Reservierungspflicht gibt es nur bei den Nachtzügen der ÖBB. Das soll auch in Zukunft so bleiben.

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Die Reiselust ist zurück und Pfingsten steht vor der Tür. Zugleich sind die Spritpreise explodiert, was auch an den Feiertagen für mehr Bahnfahrer sorgen wird. Im April und Mai wurden erstmals seit Corona mehr Fahrgäste gezählt, als im selben Zeitraum 2019, dem bisher stärksten ÖBB-Reisejahr jemals. Trotz zuletzt sehr voller Züge und einzelnen Räumungen kommt aber keine Reservierungspflicht. Im April gab es um zehn Prozent mehr Fern-Passagiere, im Mai dürfte die Steigerung noch größer sein. Weitere Gründe sind das mittlerweile flächendeckende Parkpickerl in Wien und auch täglich laut ÖBB 2000 Passagiere aus der Ukraine, die als Vertriebene gratis mit der Bahn fahren.

Bessere Lenkung versprochen

Der Ansturm auf die Eisenbahn sorgte zuletzt nicht nur für Freude. Es häuften sich Beschwerden über zu volle Züge und immer wieder müssen Passagiere an besonders starken Reisetagen ihren Wunschzug verlassen. "Wir werden besser bei der Prognose, wir werden besser bei der Lenkung", verspricht Sabine Stock, im ÖBB-Vorstand unter anderem zuständig für Fern-, Nah- und Regionalverkehr. "Die Kapazitäten werden auch laufend erweitert", fügt Klaus Garstenauer hinzu. Er ist im Bahn-Vorstandsgremium unter anderem fürs Flottenmanagement zuständig.

"Insgesamt gibt es absolute Rekordzahlen", sagt Stock zum Passagieraufkommen. "Wir fahren jedes einzelne Fahrzeug, das wir haben", ergänzt Garstenauer. Auf der Weststrecke habe das Plus im April 14 Prozent gegenüber April 2019 betragen. Absolute Zahlen nennen die ÖBB nur fürs Gesamtjahr. Kurzfristig zu Pfingsten werden 13.000 zusätzliche Plätze bereitgestellt.

Mehr Geld, mehr Kilometer

Da die ÖBB mit weiter steigenden Passagierzahlen rechnen, werden bis 2030 4,1 Milliarden Euro in neue und die Erneuerung bestehender Garnituren investiert. Derzeit fahren die ÖBB 111 Millionen Zugkilometer pro Jahr, das ist 2800 Mal um die Erde. Bis 2028 werden es laut Garstenauer mit 125 Millionen Zugkilometer um 12,5 Prozent mehr werden. Dafür wird der integrierte Taktfahrplan ausgebaut.

Die Starkreisetage werden aber herausfordernd bleiben, gestehen die ÖBB-Vorstände ein. "Wir haben Verständnis für Frustration, aber wenn wir die Kapazitäten so auslegen, dass immer alle gleichzeitig fahren können, dass stehen Züge sehr oft herum, und das ist für den Steuerzahler nicht darstellbar", sagt Stock. Für die Zukunft ist neben der weiteren stetigen Weiterentwicklung eine Weiterentwicklung der ÖBB-App und ein Ausbau der digitalen Werkzeuge zum Buchen und vielleicht auch fürs Einchecken in den Zug zu rechnen.

Zusätzliche Züge und Busse

Vergangenen Sonntag habe man 16 zusätzliche Züge auf die Strecken gebracht, bestehende Zuge verlängert und Busse bereitgehalten, um im Bedarf damit weiterzubefördern. Dazu stelle man Personal auf den Bahnsteigen bereit, um die Menschen in den Zügen besser zu verteilen. Wenn aber ein Zugbegleiter nicht mehr rasch zu seinem Platz gelangen könne, um Sicherheitsdurchsagen zu tätigen, dann müsse dieser die schwere Entscheidung treffen, Leute aus den Zug zu verweisen. Das seien meist Menschen nahe der Türen. Dass dies in der Verantwortung des Begleiters liege, sei gut und richtig. Die Vorstände betonen aber, dass Menschen, die raus müssen, nicht im Stich gelassen würden. Im Regionalverkehr würden Züge fast so schnell von Wien in St. Pölten oder Wiener Neustadt sein, wie die Railjets. "Auch wenn die ursprünglich geplante Verbindung nicht klappt, sorgen wir dafür, dass die gesamte Reisekette für die Fahrgäste gesichert ist", erklärt Stock.

Keine Reservierungspflicht

Vorige Woche von Mittwoch um 14 Uhr bis Sonntagabend haben die ÖBB 3,6 Mio. Fernverkehrsreisende in 1.500 Zügen gezählt. 700 Fahrgäste aus elf Zügen mussten ihren Wunschzug verlassen und seien gebeten worden mit dem selben Ticket ein anderes Verkehrsmittel zu nutzen. Eine Reservierungspflicht schließen die ÖBB inzwischen aus. Man wolle bei der "einzigartigen Kombination" bleiben, ein offenes System mit Reservierungsmöglichkeit ohne Pflicht (außer bei Nachtzügen) beibehalten. So kann man in Österreich mit dem selben Ticket in einen Railjet oder in einen Regionalzug steigen – in Deutschland ist etwa eine ICE-Fahrt mit einem Nahverkehrsticket ausgeschlossen. Dem Vernehmen nach übersteigen Reservierungen bei den ÖBB niemals 70 Prozent der Plätze. Die Bahn schließt sogar aus, dass Züge ganz durchreserviert werden. Es müsse immer Platz für Menschen mit Verbundtickets, Spontanreisende und Klimaticketbesitzer sein. (APA, red, 1.6.2022)