Fotografie und Film bekommen eine neue Heimat aus Backstein: Das Objekt 19 im Wiener Arsenal, ein Neubau aus den frühen Sechzigern, wird dafür aufgestockt.

Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Wien – Der Aufschrei in der Kulturszene war groß, als im April bekannt wurde, dass auf die langjährige Kunst-Haus-Wien-Leiterin Bettina Leidl die ehemalige Stadtmarketing-Co-Chefin Gerlinde Riedl folgen soll. Mit der neuen Bestellung wird sich das Profil des Hauses maßgeblich ändern: mehr Hundertwasser, mehr Umwelt- und Klimathemen, weniger Fotografie, die das Steckenpferd von Leidl war.

Einen eigenen Standort für Fotografie in Wien wünschte sich die Szene aber auch abgesehen davon schon lange. Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler präsentierte am Mittwoch gemeinsam mit der Art-for-Art-Geschäftsführerin Petra Höfinger genau das: Das Foto-Arsenal Wien soll ein Zentrum für zeitgenössische Fotografie werden.

Im Objekt 19 im Arsenal Wien wird es ab Herbst 2024 beheimatet sein, in Nachbarschaft zu den Probebühnen der Bundestheater und der Staatsoper. Einem breiteren Publikum sind die Backsteingebäude wegen der dort stattfindenden Workshops des Impulstanz-Festivals bereits bekannt. Auch das Festival Foto Wien, dessen Direktorin Bettina Leidl war, wird an das Foto-Arsenal angedockt. Bis eröffnet wird, wird das Zentrum im Q21 des Museumsquartiers untergebracht sein.

Neues Dach

Wer künstlerische Direktorin oder künstlerischer Direktor des Foto-Arsenals und damit wohl auch der Foto Wien wird, steht noch nicht fest – eine Ausschreibung erfolgt am 8. Juni, Ende Juli sollte die Findungskommission, deren Mitglieder bis dato nicht feststehen, eine Entscheidung getroffen haben. In jedem Fall steht der kaufmännische Direktor fest: Wolfgang Kuzmits. Er ist aktuell für die Kunsthalle Wien GmbH zuständig. Auf diese folgt nun die neugegründete Stadt Wien Kunst GmbH, unter deren Dach auf der einen Seite die Kunsthalle Wien (mit der künstlerischen Leitung WHW) und das Foto-Arsenal Wien mit dem Festival Foto Wien wohnen werden. Das Foto-Arsenal Wien wird keine eigene Sammlung haben oder aufbauen. Stattdessen will man Ausstellungen mit Leihgaben aus den zahlreichen Fotosammlungen der Stadt, privaten wie öffentlichen, bestreiten.

Hier werden ab 2024 Fotos hängen.
Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Kaup-Hasler zählt Sammlungen wie die der Albertina, des Wien-Museums, des Belvedere oder des Mak auf, betont aber, dass es nicht ihre Aufgabe, sondern die der künstlerischen Leitung sein wird, zu entscheiden, mit wem man zusammenarbeitet. Jedenfalls soll der Fokus nicht nur auf österreichischen Fotokünstlerinnen und -künstlern liegen; sie imaginiert eine Ausstellungshalle mit internationaler Ausrichtung. Die Kosten des Umbaus – der Backsteinbau, der dann 950 Quadratmeter für das Zentrum, Büros und einen Shop umfassen soll – wird aufgestockt – zwei Millionen Euro steuert die Stadt zum Umbau bei, das Gros der Kosten des ganzen Objekts, in das auch das Filmmuseum-Lab ziehen wird, trägt Art for Art.

Die Stadt Wien wird die Räumlichkeiten zu "marktüblichen Preisen" mieten, wie Petra Höfinger sagt. Die Stadt verzichtet für rund 20 Jahre auf Kündigung des Vertrags. Ab 2025 erhält das Foto-Arsenal Wien eine Jahressubvention von 1,5 Millionen Euro.

Filmmuseum-Lab

Auch das Filmmuseum-Lab wird ins umgebaute Objekt 19 ziehen. 1500 Quadratmeter werden ihm für seine Sammlungen, die aktuell in Heiligenstadt lagern, zur Verfügung stehen. Filmmuseum-Direktor Michael Loebenstein freut sich, dass endlich eine zukunftsfähige Lösung für Konservierung und Digitalisierung der Sammlungen gefunden wurde.

Das Lab möchte sich verstärkt der Vermittlungsarbeit widmen – zwar wird es vermutlich nicht in dem Sinne zugänglich sein, dass Einzelpersonen jederzeit vorbeischauen können, man wird sich aber für Führungen anmelden können; Schulklassen sowie Studierende gehören zu den Zielgruppen. Für das Filmmuseum entstehen ab Inbetriebnahme jährliche Mehrkosten von 400.000 Euro, die zu gleichen Teilen von Bund und Stadt getragen werden. (Amira Ben Saoud, 1.6.2022)