Für Bitpanda-Chef Eric Demuth dreht sich beruflich und privat vieles um digitale Welten. Seine Hündin Piccolina holt ihn aber immer wieder ins analoge Leben zurück.

Foto: Regine Hendrich

Bei der Eröffnung des neuen Bürogebäudes in Wien-Leopoldstadt neben dem OMV-Tower ist Bitpanda-Mitgründer und Geschäftsführer Eric Demuth sichtlich gut gelaunt und entspannt. Das Besprechungszimmer im fünften Stock bietet einen Blick auf die Trabrennbahn Krieau – während des Gesprächs begibt sich ein Gespann zu Übungszwecken auf die Bahn. Demuth erzählt über die schnell wachsende Firma, sein Vermögen und die Vorliebe für digitale Welten.

STANDARD: Zuletzt kamen Kryptowährungen und Aktien unter die Räder. Hatten Sie schlaflose Nächte?

Demuth: Nein, gar nicht. Das haben wir schon drei-, viermal erlebt. Gerade aus dem Kryptobereich kennen wir das schon. Es geht hoch und wieder hinunter, hoch und wieder hinunter …

STANDARD: Waren die Schwankungen früher nicht noch stärker?

Demuth: Es gibt viel weniger Volatilität als je zuvor. Es kommen immer mehr institutionelle Investoren herein, und die ganzen Großbanken kommen herein. Je größer das Ganze wird, desto erwachsener wird es.

STANDARD: Sie wurden nicht auf dem falschen Fuß erwischt?

Demuth: Wir sind nicht überrascht worden. Das Budget ist für jegliche Szenarien geplant.

STANDARD: Bitpanda wurde letzten Sommer mit 4,1 Milliarden Dollar bewertet. Ihr Firmenanteil ist demnach fast 900 Millionen Dollar wert. Wie lebt es sich als Multimillionär?

Demuth: Das bin ich nur auf dem Papier. Und es ist nicht über Nacht passiert, sondern über viele Jahre gewachsen. Es ist wie die Frage zum Geburtstag: Wie fühlt man sich ein Jahr älter? Genauso wie gestern. Es hat sich ja nichts geändert.

STANDARD: Also ist es kein Ziel von Ihnen, Milliardär zu werden?

Demuth: Das wäre ja schrecklich. (lacht) Das ist einfach der positive Effekt, wenn alles floriert.

STANDARD: Sie haben Bitpanda 2014 zu dritt gegründet. Hätten Sie sich träumen lassen, dass es so gut läuft?

Demuth: Nein, weil man so etwas nicht vorausplant. Je nachdem, wie sich die Industrie entwickelt, entwickeln sich auch die Ideen und die Firma. Ich weiß auch nicht, was wir in zwei Jahren alles anbieten oder nicht anbieten. Man muss flexibel sein und in Halbjahresschritten, maximal Jahresschritten denken.

STANDARD: Warum hat sich Bitpanda von einer Kryptoplattform zu einem Investmentanbieter entwickelt? Das Timing war gut, denn das Interesse an Aktien ist während der Corona-Pandemie emporgeschnellt.

Demuth: Die Frage war: Warum sieht die Aktienwelt für Privatanleger so aus wie in den 90er-Jahren? Wie würde sie aussehen, wenn sie jetzt erfunden würde? Deshalb gibt es bei uns Teilaktien, man kann 24 Stunden handeln. Auch durch die Karte, die wir haben, kann man sie jederzeit nutzen. Samstagnacht kann ich damit mein Bier mit einer Tesla-Aktie zahlen. Oder mit Euro oder Gold. Alles ist in der digitalen Welt teilbar und kann jederzeit genutzt werden.

STANDARD: Gerade junge Menschen interessieren sich seit Corona mehr für Veranlagung. Warum?

Demuth: Das Internetzeitalter hat vieles aufgebrochen. Für jeden, der sich dafür interessiert, ist es zugänglich geworden. Daher denken immer mehr Leute: Dann nehme ich es selbst in die Hand.

STANDARD: Also ist die Zugänglichkeit der springende Punkt?

Demuth: Aktien traden war früher superschwierig und superkompliziert. Die Leute waren völlig überfordert: Was ist eine Limit-Order? Brief, Geld – wieso gibt es da unterschiedliche Kurse? Unsere Produkte sollen so sein wie Apple-Produkte. Das heißt intuitiv. Eine Bedienungsanleitung benötigt man nicht. Wenn man etwas Komplexes den Leuten intuitiv näherbringt, dann nehmen sie es an. Auch Aktien.

"Um den Kopf freizubekommen, spiele ich Computer", sagt Eric Demuth. "Bei mir ist alles rund um die Uhr digital."
Foto: Regine Hendrich

STANDARD: Dafür bieten mehr Neobroker und Banken auch Kryptowährungen an. Wächst der Anlagebereich zusammen?

Demuth: Weil Kryptowährungen eine Anlageklasse sind, die sich etabliert hat und die die Kunden wollen. Daher können sich die Banken nicht davor verschließen.

STANDARD: Bei Aktien ging es schon seit 2009, wenn man vom Einbruch anlässlich der Corona-Krise absieht, nach oben. Der Kryptobereich hat sich auch gut entwickelt. Was ist, wenn es mehrere Jahre nicht aufwärts, sondern seitwärts geht?

Demuth: Dass es einige Jahre zur Seite geht, erwarte ich für keine Assetklasse. Da gibt es zu viele Steuerungsmodelle. Wir haben ja schon gesehen, wie die Druckerpresse der Notenbanken angeschoben wurde. Eine lange Seitwärtsbewegung halte ich für ausgeschlossen, dafür ist die Welt zu schnelllebig geworden.

STANDARD: Ist die hohe Inflation in der Firma ein Thema?

Demuth: Inflation treibt die Finanzmärkte momentan, dementsprechend ist es ein Thema. Es ist spannend, wie sich das Jahr entwickelt. Wie teuer wird alles? Viele haben Angst vor einer Rezession. Aber wir haben schon viele Schwankungen mit der Firma erlebt.

STANDARD: Haben Sie schon Kaufangebote für Bitpanda erhalten?

Demuth:Es kommt vor, dass einmal jemand vorfühlt, aber das ist eher unkonkret. Das ist auch nicht unsere Strategie, sonst hätten wir das Geschäftsmodell anders aufgesetzt.

STANDARD: Sind Sie drei Gründer also noch mit dem Herz dabei?

Demuth: Ja, in jeder Hinsicht. Es gibt nicht Privatleben und Arbeit, es ist alles stark verwachsen. Aus heutiger Sicht gibt es keinen Exit-Plan.

STANDARD: Sie haben beruflich sehr viel mit digitalen Dingen zu tun. Wie schalten Sie ab? Darf es dann auch einmal analog sein?

Demuth: Bei mir nicht. Paul (Klanschek, Mitgründer, Anm.) schon, der würde eine ganz andere Antwort geben. Um den Kopf freizubekommen, spiele ich Computer. Bei mir ist rund um die Uhr alles digital.

STANDARD: Haben Sie ein Haustier, weil hier Leckerlis auf dem Tisch liegen?

Demuth: Ja, eine Hündin – Piccolina.

STANDARD: Also gibt es doch etwas Analoges im Leben.

Demuth: Ja, so gesehen schon. (Alexander Hahn, 5.6.2022)