Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) sicherte vollste Aufklärung zur Causa Wirtschaftsbund zu. Die Vorwürfe, die ihn persönlich betreffen, seien falsch.

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Als um 15 Uhr die Befragung des Vorarlberger Landeshauptmanns Markus Wallner (ÖVP) im ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss startete, hatten die Abgeordneten bereits einen anstrengenden Tag hinter sich. Nicht weil so intensiv mit einem geladenen Finanzprüfer über die Causa Wirtschaftsbund diskutiert wurde, sondern weil allein die ÖVP sich 29-mal zur Geschäftsordnung meldete, um über die Zulässigkeit von Fragen zu sprechen. Auch in den kommenden sechs Stunden, die die Befragung Wallners dauern sollte, folgten noch einige. sollten noch einige Debatten zur Geschäftsordnung.

Wallner sieht rechtliche, inhaltliche und moralische Fragen

In den meisten Fällen wurden die Fragen nicht zugelassen, entweder weil es keinen Zusammenhang etwa zwischen der Steuerprüfung beim Vorarlberger Wirtschaftsbund und der mittelbaren Bundesverwaltung gebe oder weil die Vorgänge außerhalb des Untersuchungszeitraums lägen.

Wallner kam in seinem Eingangsstatement aber von sich aus auf die Causa prima, mit der sich der U-Ausschuss auch noch am Donnerstag befassen wird, zu sprechen. Es gehe einerseits um offene rechtliche Fragen, was die Steuerprüfung beim Wirtschaftsbund betreffe. Es gehe aber auch um inhaltliche Fragen, etwa der Parteienfinanzierung. Hier sei ein strengeres Gesetz geplant. Und drittens gehe es laut Wallner auch um moralische Fragen – er stehe jedenfalls für vollständige Aufklärung.

Unterschiedliche Aussagen während und nach Befragung

Die Vorwürfe eines Managers, Wallner habe selbst für Inserate in der Wirtschaftsbund-Zeitung geworben und ein Entgegenkommen des Landes in Aussicht gestellt, wies der Landeshauptmann erneut zurück. Deshalb ermittelt derzeit ja auch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegen Wallner, es gilt die Unschuldsvermutung.

In der Befragung durch die Abgeordneten ergaben sich dann aber doch spannende Momente. Reinhold Einwallner (SPÖ) wollte etwa wissen, ob Wallner jemals für Inserate im Wirtschaftsbund-Magazin geworben habe. Wallner verwies auf sein Eingangsstatement. Dort hatte er aber nur gesagt, dass er für Inserate keine Amtsgeschäfte in Aussicht gestellt habe. Auf nochmaliges Nachhaken Einwallners meinte Wallner dann, er könne sich nicht erinnern. Einige Stunden später, nach der Befragung und nicht mehr unter Wahrheitspflicht, revidierte Wallner aber erneut und sagte er sei doch kein Inseratenkeiler.

Was Wallner mit "zu lange zugeschaut" meint

Dass sein Umfeld für Inserate geworben hat, etwa der ehemalige Wirtschaftsbund-Direktor Jürgen Kessler bei Betriebsbesuchen, könne Wallner nicht ausschließen. Wenn, dann sei das "sehr selten" gewesen. Bis dato hieß es aus dem Wallner-Büro stets, dass Kessler bei Betriebsbesuchen des Landeshauptmanns gar nicht anwesend war.

Dass im Magazin des Wirtschaftsbunds auch für Beiträge bezahlt wurde, die nicht als Inserate gekennzeichnet wurden, wie Ö1 am Mittwoch berichtete, habe er nicht gewusst. Wallner habe aber mitbekommen, dass der inhaltliche Teil zugunsten des Anzeigenteils weniger werde, ihm wäre es anders lieber gewesen. Darauf habe sich sein Statement bezogen, dass er "zu lange zugeschaut" habe, wie er in einem Interview mit den Vorarlberger Nachrichten vor einigen Wochen gesagt hatte.

Wirtshausrechnungen und Weihnachtsfeiern

Die Grüne Abgeordnete Nina Tomaselli konfrontierte Wallner mit Rechnungen, die der damalige Landesstatthalter Karlheinz Rüdisser, der aktuell den Wirtschaftsbund führt, zu je 1800 und 1900 Euro für Weihnachtsessen. Rüdisser habe diese Rechnungen an den Wirtschaftsbund weitergeleitet, auf Briefpapier des Landes, und sich für die Begleichung samt Trinkgeld bedankt. Der Wirtschaftsbund habe das Geld dann überwiesen. Wallner seien diese Rechnungen bis jetzt nicht bekannt gewesen, ob es den Compliance-Regeln des Landes entspreche, müsse er prüfen lassen. "Werden Sie das tun", fragte Tomaselli. "Wenn Sie das wollen", entgegnete Wallner.

Als Tomaselli eine weitere Essensrechnung vorlegte, Wallner war laut Aufzeichnungen bei dem Essen dabei, meldete sich Hanger zur Geschäftsordnung: "Wir sind hier keine Wirtshausrunde, sondern der parlamentarische Kontrollausschuss". Auch sein Kollege Christian Stocker zeigte sich "überhaupt nicht einverstanden" damit, dass Fragen zu Essensrechnungen zugelassen wurden.

Kein Zusammenhang zwischen Behördenverfahren und Inseraten

Tomaselli erkundigte sich auch bezüglich Zusammenhängen zwischen erhöhtem Inseratenvolumen und wichtigen Entscheidungen für bestimmte Betriebe. Wallner räumte zwar ein, dass er Kontakte mit bestimmten Unternehmen gehabt habe. Dass es einen Zusammenhang zwischen Behördenverfahren bzw. Amtsgeschäften und Inseraten gegeben habe, könne er aber ausschießen, sagte er wiederholt.

Für die Neos stellte am Mittwoch Gerald Loacker – wie Tomaselli und Einwallner ein Vorarlberger – die Fragen und konfrontierte Wallner unter anderem mit dem Tausch seines Handys. Wallner hatte ja just an dem Tag, an dem publik wurde, dass die WKStA Ermittlungen gegen ihn überprüft, um einen solchen gebeten und von einem Routinetausch gesprochen. Was Routine genau heißt im Sinne von ob das alle zwei oder fünf Jahre passiere, könne Wallner aber nicht sagen.

Prüfer berichtet über Einflussnahme

Weil viele Fragen zur Causa Wirtschaftsbund nicht zugelassen wurden – FPÖ-Mann Wolfgang Zanger kritisierte den "Zirkus", den die ÖVP aufführe – nutzten die Abgeordneten die Anwesenheit des Landeshauptmanns natürlich auch, um ihn zu anderen Themen, die der Ausschuss behandeln soll, zu befragen. Zum Projekt Ballhausplatz habe Wallner "keine Wahrnehmungen", sagte er. Auch die Besetzung des ORF-Landesdirektors und ob Wallner hier Einfluss hatte, wurde thematisiert – der Landeshauptmann habe sich hier aber nicht eingemischt.

Auch bei der Befragung jenes Finanzprüfers, der aktuell noch mit der Betriebsprüfung des Wirtschaftsbunds beschäftigt ist, gab es die meisten Antworten auf Fragen, die nichts mit der ÖVP-Teilorganisation zu tun haben, etwa zu politischer Einflussnahme bei Steuerverfahren von ÖVP-Großspendern.

"Das war erschütternd"

Da konnte der Mann von eigenen Erfahrungen aus dem Jahr 2017 berichten. Der SPÖ-Abgeordnete Jan Krainer hatte ja im Wahlkamfp 2017 steuerliche Daten von KTM-Chef Stefan Pierer bekanntgegeben. Der nun befragte Steuerprüfer und ein weiterer Mitarbeiter waren mit dieser Causa beschäftigt, sie seien vom Finanzministerium bei der WKStA angezeigt worden. "Und zwar mit Nachdruck", wie der Beamte sagte. Über ihn sei unter anderem ein Disziplinarakt von 8000 Seiten angelegt worden. "Welcher Druck da war, kurz vor der Nationalratswahl 2017 die Sau zu finden, die man durchs Dorf treiben muss, war für mich sehr erschütternd", sagte der Mann. Das Verfahren wurde eingestellt, die Datenschutzbehörde rügte das Ministerium. Bei der Prüfung zum Wirtschaftsbund habe er keine Einflussnahme erfahren, betonte der Beamte. Von keiner Partei und keinem Politiker. (Renate Graber, Lara Hagen, 1.6.2022)