Auf Smartphones hat Blizzards neuestes Werk, "Diablo Immortal", einen Frühstart hingelegt. Schon einen Tag vor dem offiziellen Release konnten Spieler sich aufmachen, um Wortham gegen Skarn, den Herrn der Verdammnis, zu verteidigen. Am Donnerstag ab 19 Uhr Ortszeit können dann auch PC-Spieler in die düstere Welt eintauchen.

Damit kann sich nun zeigen, was dieses Spiel, das auf Blizzards Hausmesse Blizzcon vor vier Jahren von auf "Diablo 4" wartenden Besuchern noch mit Buhrufen empfangen worden war, zu bieten hat. Es ist ein Free2Play-Game, kann also grundsätzlich ohne Geldinvestition (durch)gespielt werden. Das bedeutet aber auch, dass es sich mit Ingame-Käufen finanziert – ein Punkt, der bei einigen Spielern vorab für Sorgenfalten gesorgt hat. Bei "Engadget" konnte man "Diablo Immortal" bereits vor dem offiziellen Start spielen und fällt ein gemischtes Urteil.

Spannende Story

Die Hintergrundgeschichte stellt sich als durchaus interessant heraus. Sie ist zwischen den Ereignissen aus "Diablo 2" und "Diablo 3" angesiedelt, vermag aber deutlich mehr zu fesseln als die Handlung des dritten Teils. Der "Engadget"-Autor attestiert dem Spiel, dass die Atmosphäre besser sein könnte und einige Charaktere zu viel reden würden, sieht das Game aber sonst als den erzählerisch besseren Nachfolger zu "Diablo 2" an. Veteranen dürfen sich freuen, dass man zu Beginn auch in die "Dark Woods" zurückkehrt und Charaktere von anno dazumal wiedertrifft.

Screenshot: Diablo Immortal

Was den neuen Teil klar von den bisherigen unterscheidet, ist, dass er im Prinzip als MMO angelegt ist. Man sieht andere Helden durch die Welt laufen und kämpfen. Man kann sich jederzeit zu einer Party zusammenschließen, um gemeinsam in Dungeons vorzudringen oder Storymissionen zu absolvieren.

Die Bedienung ist simpel und geht recht flüssig von der Hand. Gerade wer schon Erfahrung mit anderen Action-RPGs oder MOBAS wie "League of Legends: Wild Rift" oder "Arena of Valor" auf Mobilgeräten hat, wird sich schnell zurechtfinden. Kämpfe machen Spaß, insbesondere solche gegen Bossgegner, die meist in mehreren Phasen ablaufen.

Vereinfachte Klassen

Wo "Immortal" etwas nachhinkt, ist die Anpassbarkeit der Klassen. Als Beispiel nennt man den Barbaren, den man in "Diablo 2" auch als axtwerfenden Fernkämpfer oder Brutalobarden, der seine Gegner zu Tode schreit, spielen konnte. In Blizzards neuestem Werk ist er limitiert auf eine Existenz als Nahkämpfer, der zwei Waffen gleichzeitig führen kann. Pro Klasse gibt es aktuell zwei Hauptfertigkeiten und zwölf Zweitfertigkeiten.

Screenshot: Diablo Immortal

Verändern lassen sich diese nur mit legendären Gegenständen, von denen man bis zu sechs angelegt haben kann. Sie bereichern zum Beispiel eigene Spezialattacken um zusätzliche Effekte. Dazu können verschiedene Angriffs- und Verteidigungswerte verändert werden, indem man Edelsteine in Sockelplätze steckt, sofern Gegenstände solche mitbringen. Besonders starke Gemmen können ebenfalls Zusatzeffekte bringen, um etwa mit eigenen Angriffen auch Kettenblitze auszulösen.

Die Steine bekommt man hauptsächlich, indem man versteckte Dungeons findet und die Gegner darin bezwingt – allerdings mit einem Limit von sechs Edelsteinen pro Tag. Öffnet sich ein Geheimversteck in der Nähe, liefert das Spiel einen Hinweis, und man hat ein paar Minuten, um den Eingang aufzuspüren.

Edelsteine und Wappen

Diese Spielmechanik führt allerdings auch zu den Problemen mit der Monetarisierung von "Diablo Immortal". Besagte "legendäre" Sockelsteine lassen sich auch via Ingame-Auktionshaus für Echtgeld von anderen Spielern oder in Bundles im Ingame-Shop erwerben. In "Diablo 3" war einst auch ein Echtgeld-Auktionshaus integriert, das Blizzard nachträglich aufgrund seiner problematischen Effekte wieder entfernte.

Der Anreiz zum Geldausgeben wurde in "Diablo Immortal" jedenfalls geschaffen. Während es in den Geheimverstecken "normale" Edelsteine gibt, findet man in den jederzeit spielbaren "Elder Rifts" legendäre Varianten, die es auch in unterschiedlich starker Ausprägung gibt. Je stärker sie sind, desto geringer die Chance, sie vom niedergestreckten Endgegner zu erhalten.

Screenshot: Diablo Immortal

Wäre da nicht die Möglichkeit, sein Glück zu erzwingen. Denn vor dem Beginn eines Ausflugs in einen Elder Rift kann man die Wahrscheinlichkeit, bessere Steine zu bekommen, mit "seltenen" und "legendären" Wappen steigern. Hinzu kommt, dass die Edelsteine nicht nur in Sachen Stärke in fünf Leveln variieren, sondern auch in puncto Qualität. Mitunter braucht man danach noch andere Edelsteine, um das Maximum herauszuholen.

Besagte legendäre Wappen lassen sich gelegentlich innerhalb des Spiels verdienen oder finden, zuverlässig bekommt man sie aber nur im Ingame-Shop. Ein Zehnerpack kommt auf 1.600 Einheiten der Premiumwährung "Hilts", was im US-Store 25 Dollar entspricht. Dies scheint die wichtigste Finanzierungsquelle für "Diablo Immortal" zu sein, daneben gibt es aber auch rein kosmetische kostenpflichtige Items und einen "Battle Pass", für dessen Inanspruchnahme man Boni und Gegenstände bei der Erfüllung von Missionen erhält.

Wenngleich das Wappensystem nicht funktioniert wie eine klassische "Lootbox", ist es offenbar doch nahe genug dran, dass "Diablo Immortal" zumindest vorerst in Belgien und den Niederlanden nicht an den Start geht. Beide Länder pflegen nämlich strengere Auflagen in Sachen Monetarisierung und verbieten explizit glücksspielartige Mechaniken.

Walfang-Alarm

Auch eine weitere Problemstelle tut sich damit auf, sie nennt sich "Pay2Win". Die logische Konsequenz der Ausgestaltung der Monetarisierung ist, dass man bessere Ausrüstung bekommt, je mehr Echtgeld man in das Spiel steckt. Wer das Game nur "für sich" oder kooperativ mit Freunden spielt, für den mag das ein geringeres Problem sein. Immerhin nimmt man sich ja potenziell die Herausforderung, wenn man einen Helden auf diese Weise hochrüstet.

Diablo Immortal

Allerdings bringt "Diablo Immortal" auch Kämpfe zwischen Spielern mit, die vor allem im Endgame ein wichtiges Feature sein sollen. "Cycle of Strife" nennt sich der Bewerb, in dem Clans untereinander um ihre Rangordnung kämpfen und sich besondere Rechte verdienen können sollen. Aus erzählerischer Sicht wird hier auf dem Schlachtfeld entschieden, wer dazu befähigt ist, zu einem Verteidiger der Welt von Sanctuario ernannt zu werden.

Der Kampf um die auf diese Weise mit einigem Prestige aufgeladenen Titel fördert freilich das sogenannte "Whaling". Damit bezeichnet man das Ködern von Spielern, die gewillt sind, beachtliche Geldmengen dafür aufzuwenden, sich in der Rangliste nach vorne zu arbeiten und ihre Position dann auch zu halten.

Ob auch PvE-Inhalte (Abenteuer mit Kämpfen zwischen Spielern und Computergegnern) gestaltet werden, dass Spieler dazu gedrängt werden, Geld auszugeben – etwa mit übertrieben ansteigendem Schwierigkeitsgrad –, bleibt abzuwarten. Für den Moment hinterlässt "Diablo Immortal" jedenfalls einen zwiespältigen Eindruck.

Vier Jahre zu warten hat sich technisch und spielerisch ausgezahlt. Das Game ist gut und in künstlerischer Hinsicht mit viel Liebe umgesetzt. In vielerlei Hinsicht weiß die Rückkehr nach Sanctuario bisher zu gefallen. Ob Blizzard der Verlockung des Seelensteins gänzlich erliegt und seine Mühen letztlich mit fragwürdiger Monetarisierung komplett kompromittieren wird, werden die nächsten Wochen und Monate weisen. (gpi, 2.6.2022)