Was tun gegen die Teuerung? Darüber beraten ÖVP und Grüne derzeit. Auch die Einführung des CO2-Preises liegt auf dem Verhandlungstisch.

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Wien – Mit 1. Juli sollte es endlich so weit sein: Ab diesem Datum, so der Plan, sollte das Emittieren einer Tonne CO2 mit 30 Euro zu Buche schlagen. Doch ganz in Stein gemeißelt dürfte der Termin nun doch nicht sein. Wie DER STANDARD in Erfahrung bringen konnte, gibt es innerhalb der Regierung Gespräche darüber, die Einführung der CO2-Abgabe – es handelt sich innerhalb der türkis-grünen Regierung um das grüne Prestigeprojekt schlechthin – um drei Monate auf 1. Oktober 2022 zu verschieben. Entschieden sei aber noch nichts, sagen mit der Materie Vertraute.

Demnach verhandelt die Koalition derzeit über ein Entlastungs-Gesamtpaket, das in den kommenden Tagen fixiert werden soll. Neben der Abschaffung der kalten Progression und der Einführung weiterer Sozialleistungen liegt eben auch das Startdatum der CO2-Bepreisung zur Verhandlung auf dem Tisch. Dass die Bepreisung kommt, steht dabei nicht zur Debatte – lediglich das Datum. Konkrete Ergebnisse gibt es bisher noch nicht. Um das Paket noch vor dem Sommer zu verabschieden, bleibt den Koalitionspartnern aber nicht mehr viel Zeit – das nächste Plenum im Nationalrat findet am 14. Juni statt.

Viele Rufe für Verschiebung

Mit einer Verschiebung würde sich Türkis-Grün jedenfalls den Rufen aus Industrie und Wirtschaft beugen, die angesichts der stark gestiegenen Energiepreise seit Monaten auf ein Hinauszögern pochen. Erst vor wenigen Wochen unterstützte Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer als ÖVP-Politiker öffentlich diese Forderung. Auch die Freiheitlichen plädierten am Donnerstag abermals dafür, die Einführung zu stoppen. Der CO2-Preis würde laut der FPÖ die aktuelle Teuerung befeuern und für Mehrbelastungen sorgen. Für eine Verschiebung sprach sich am Mittwoch auch SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner aus.

Im grünen Klimaschutzministerium wurde eine Diskussion über eine Verschiebung am Donnerstag weder dementiert noch bestätigt. Klimaschutzministerin Leonore Gewessler wich, als sie in einer Pressekonferenz auf die mögliche Verzögerung angesprochen wurde, der Frage mehrfach aus. Sie verwies lediglich auf die geschaffene gesetzliche Grundlage und den geplanten Klimabonus als Ausgleichsmaßnahme.

In besagtem Gesetz wird festgehalten, dass der nationale Emissionszertifikatehandel mit 1. Juli 2022 beginnt, die Einführung des Fixpreises "ab dem 1. Juli 2022" startet. Eine etwaige Änderung des Gesetzestextes ließe sich mit einer einfachen Mehrheit im Nationalrat, also mit den Stimmen von ÖVP und Grünen, bewerkstelligen.

Auch Grünen-Chef Werner Kogler gab im Ö1-"Mittagsjournal" keinen klaren Ausblick darauf, wie es weitergeht: "Die Gesamtkonzeption muss bleiben, dann kann man sich natürlich alles anschauen." Zudem merkte er an, dass man die Systematik "nicht durcheinanderbringen" dürfe. Noch im März lehnte der Vizekanzler eine Verschiebung der Klimamaßnahme ab.

Klimabonus kommt im Oktober

Fix ist jedenfalls schon, dass die Auszahlung des Klimabonus erst mit Oktober über die Bühne gehen wird. Ursprünglich hatte die Regierung vorgesehen, den Bonus noch vor dem Start des CO2-Preises zu verteilen. Die Höhe des Bonus orientiert sich am Wohnort. In Wien ist eine Ausgleichszahlung von 100 Euro vorgesehen, der Maximalbetrag macht 200 Euro aus. Für Kinder und Jugendliche gibt es jeweils die Hälfte.

Wissenschafterinnen und Wissenschafter haben seit der Ankündigung des CO2-Preises weitgehend betont, dass der Einstiegspreis von 30 Euro je Tonne deutlich zu niedrig ist, um einen Lenkungseffekt im Sinne des Klimaschutzes zu erzielen. Die Maßnahme würde Sprit um bis zu neun Cent pro Liter verteuern. (Nora Laufer, 2.6.2022)