Sonja Zwazl (ÖVP), aktuell Bundesrätin, war von 1999 bis 2020 Präsidentin der Wirtschaftskammer Niederösterreich. Zu dem Zeitpunkt der Abschiedsfeier war sie nicht mehr Präsidentin, sie habe nach eigenen Angaben nichts mit der Planung und Umsetzung der Veranstaltung zu tun gehabt.

Foto: WKNÖ/Kraus

Mehr als 20 Jahre lang war Sonja Zwazl Präsidentin der Wirtschaftskammer Niederösterreich (WKNÖ). Ihr Abgang wurde August 2020 tosend gefeiert – so tosend, dass das Kontrollamt der Wirtschaftskammer eine Rüge erteilte. Laut diesem kostete das Abschiedsevent Ende August nämlich etwa 58.000 Euro – bei rund 90 Personen, die daran teilnahmen.

Das geht aus dem aktuellen Prüfungsbericht des Kontrollamts hervor, der dem STANDARD und der "Krone" vorliegt. Zusätzlich wurden mit den Geldern ein Buch und ein Abschiedsvideo produziert.

Mitgliedsbeiträge

In Anbetracht der Tatsache, dass es sich "bei den verwendeten Mitteln um gesetzliche Mitgliedsbeiträge handelt", finden die Prüfer, dass "ein strenger Maßstab hinsichtlich des Grundsatzes der Sparsamkeit" anzulegen sei. Derart hohe Aufwendungen für Verabschiedungen in dieser Größenordnung seien "hinkünftig jedenfalls zu vermeiden", heißt es in dem Papier.

Wirtschaftskammer: "Verkürzte Darstellung"

Die WKNÖ erklärte auf Anfrage, dass die Zusammenrechnung durch das Kontrollamt "verkürzt dargestellt ist". So sei damals schon länger eine Veranstaltung mit 300 Personen geplant gewesen, bei der die Teilnehmenden über wirtschaftspolitische Themen sprechen wollten. Im Zuge dessen hätte auch die langjährige Präsidentin Zwazl verabschiedet werden sollen. Dieses Event wurde allerdings, bedingt durch die Pandemie, abgesagt – und sei später auf 90 Personen reduziert worden.

Zwazl nicht beteiligt

Dadurch seien unter anderem aufgrund von Stornokosten Aufwände in der Höhe von 13.200 Euro entstanden. Die Gesamtkosten lagen letztlich laut der WKNÖ nicht bei rund 58.000, sondern bei 54.000 Euro. In dem Betrag sei die Produktion eines Buchs mitgerechnet, das anlässlich des Abgangs von Zwazl produziert wurde und rund 18.500 Euro kostete, sagt ein Sprecher.

Künftig soll so etwas "bei Einschätzung von pandemischen Auswirkungen nicht mehr passieren". Zwazl selbst sagt, sie sei zu dem Zeitpunkt nicht mehr Präsidentin gewesen und habe nichts mit der Planung und Umsetzung der Veranstaltung zu tun gehabt.

Nebenbeschäftigungen ohne Meldung

"Als strittig zu erachten" sei laut dem Kontrollamt zudem der Umgang mit Nebenbeschäftigungen innerhalb der WKNÖ. So waren Lekorats- und Korrektoratstätigkeiten durch die Belegschaft durchgeführt worden, die die Kammer anhand eines Werkvertrags verrechnete. "Etwaige notwendige Nebenbeschäftigungsmeldungen sind nachzuholen", heißt es.

Die WKNÖ erklärt dazu auf Anfrage von STANDARD und "Krone": "Die Wirtschaftskammer Niederösterreich teilt die Einschätzung des Kontrollamts, dass natürlich auch projektbezogene Lektorats- bzw. Korrektoratstätigkeiten auf Werkvertragsbasis der Nebenbeschäftigungsmeldung unterliegen." Im Anlassfall seien die Tätigkeiten historisch begründet, das ändere aber nichts "am Fehlen einer konkreten Nebenbeschäftigungsmeldung". Mittlerweile seien die Tätigkeiten auf Werkvertragsbasis "dauerhaft beendet" worden. (Muzayen Al-Youssef, 2.6.2022)