Die Gaming-Szene ist international, deshalb ist es auch ihre Sprache.

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Vous ne dites plus ça! Das sagt man nicht mehr! Beamte des Kulturministeriums der Grande Nation erklärten am Montag Anglizismen wieder einmal den Kampf. Es trifft diesmal die Fachbegriffe der international verbreiteten Sprache der Gamer, also Computerspieler. "Pro-Gamer" und "E-Sport" sollen fortan tabu sein, es gibt dafür nun von höchster Stelle abgesegnete französischsprachige Alternativbezeichnungen. Wiewohl die oft umständlich ausfallen: "E-Sport" soll neuerdings "jeu video de competition" heißen, was auf Deutsch übersetzt in etwa "Wettbewerbsvideospiel" bedeutet. Ein "Streamer", der sich beim Spielen live im Internet überträgt, soll fortan "joueur-animateur en direct" genannt werden, also "Live-Spieler-Gastgeber". Und "Cloud Gaming" soll künftig "jeu video en nuage" heißen, also "Videospiel in der Wolke". Mon dieu!

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Die Abneigung Frankreichs gegen Anglizismen ist tief in der stolzen Kultur verankert. Immer wieder wird gewarnt, dass sie die französische Sprache bedrohen. Die Académie Française stellte erst im Februar fest, man müsse die Degradierung des Französischen nicht als unvermeidbar hinnehmen. Das Kulturministerium ließ also tatkräftig französische Gamer-Magazine und Gamer-Webseiten auf schon existierende eigene Begriffe durchforsten.

Neue Technik, neue Wörter

Christiane Pabst kann dem wenig abgewinnen. Sie gibt das Österreichische Wörterbuch heraus. Wer es aufschlägt, findet darin neben dem "Joystick" auch englische IT-Begriffe wie "Streaming". Durch die Globalisierung halten Anglizismen in viele Sprachen Einzug. Verbreite sich etwa eine neue Technologie über die Welt, werde das zugehörige Wort meist gleich aus dem Ursprungsland mitimportiert, sagt Pabst. Kaum etwas wird da noch übersetzt. Weil gerade recht viele Entwicklungen aus dem englischsprachigen Raum kämen, täten dies auch die Bezeichnungen dafür. Der "Screenshot" und das "Smartphone" sind so ganz natürlich in unseren Sprachgebrauch eingegangen.

Kommende Woche erscheint die 44., aktualisierte Auflage des Österreichischen Wörterbuchs, und wieder stecken also ein paar englischsprachige Begriffe mehr darin: "Community", "Posting", "Event". Aufgabe des Nachschlagewerks ist es nämlich nicht, die Sprache "rein" zu halten. Stattdessen beobachtet Pabst, welche Wörter bei Sprechern geläufig sind. Hat ein Begriff sich im allgemeinen Sprachgebrauch verfestigt und durchgesetzt, kommt er ins Wörterbuch.

Generell gehe der deutsche Sprachraum offener mit Sprache um als Frankreich, sagt Pabst. Das mag daran liegen, dass das Deutsche dank vieler Dialekte ohnehin heterogen ist. Die Vergangenheit Österreichs als Vielvölkerstaat und der Umstand, dass bei Hof Französisch gesprochen wurde, könnten auch ins heimische Sprachbewusstsein hineinspielen.

Verständlichkeit als Ziel

Grundsätzlich sei Sprache darauf ausgerichtet, dass Kommunikation möglichst einfach und verständlich bleibt, sagt Pabst. Gemeinsame Begriffe erleichtern das. Englisch ist also die Lingua franca der Gamer, wie Latein es in den Fachbegriffen der Medizin ist. "Deshalb werden die Gamer nach wie vor bei ihrer Terminologie bleiben", ist Pabst sicher. Sie dürfen sie ohnehin weiter verwenden. Laut Regelung müssen nur Regierung und Beamte künftig französische Formen nutzen.

Abwehrkämpfe kennt das Österreichische vor allem in Hinblick auf bundesdeutsche Begriffe, Stichwort Marmelade versus Konfitüre. Eine übergeordnete "Sprachpolizei" wie die Académie Française gibt es für das Deutsche nicht, wiewohl konservative private Gruppen wie der Verein Deutsche Sprache sich mitunter aufregen oder die "Sprachpanscher des Jahres" wählen. Papst befürwortet das Fehlen einer normativen Kraft hierzulande, sei der Sprachgebrauch doch extrem demokratisch und Sprache insofern Spiegel der Gesellschaft. "Hat man eine Sprachpolizei, kann die sich Unerquickliches einfallen lassen."

Pabst appelliert eher an die Vernunft, nicht unnötig mit Anglizismen um sich zu werfen. Wolle man damit beeindrucken, wirke es lächerlich. Andererseits sollte man "der Gesellschaft gegenüber so loyal sein, dass man für möglichst viele, auch Ältere, verständlich bleibt". (Michael Wurmitzer, 4.6.2022)