Die 33. Novelle der Straßenverkehrsordnung widmet sich überwiegend dem Radverkehr.

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Rechtsabbiegen bei Rot. Ein fast generelles Erlauben von Radeln gegen die Einbahn. Das Ermöglichen von Nebeneinanderfahren von Eltern und Kindern. Mehr Sicherheitsabstand zwischen Auto- und Radfahrern beim Überholen: Diese und mehr Änderungen sieht die 33. Novelle zur Straßenverkehrsordnung (StVO) vor. Am 1. Juni ist die Begutachtungsfrist zu Ende gegangen, 140 teils auch sehr kritische Stellungnahmen zur Gesetzesänderung sind eingetrudelt.

Welche Anmerkungen in der Novelle berücksichtigt werden, wird nun erarbeitet. Der grüne Mobilitätssprecher Lukas Hammer hofft aber, dass die Novelle noch vor der Sommerpause im Parlament beschlossen werden kann. "Das ist das Ziel", sagte er am Freitag dem STANDARD. Mit einem Inkrafttreten rechnet er noch in diesem Jahr. Bei einigen Vorhaben werde es zeitliche Übergangsfristen geben, sagt Hammer. Andere Punkte wie das Nebeneinanderfahren von Kindern und Begleitpersonen – ausgenommen auf Schienenstraßen – könnten auch sofort aktiviert werden.

"Enttäuscht" zeigt sich Hammer über die Stellungnahme der Stadt Wien: Diese sprach sich unter anderem gegen die Öffnung aller Einbahnen für Radler aus, sofern die Straßen breiter als vier Meter sind. "Die Denke der SPÖ ist in den 1960ern hängen geblieben – und ist damit so alt wie die StVO", sagte Hammer. Jede Einbahn, die breit genug ist, müsse geöffnet werden. Kritik übte der Grüne auch an Wirtschaftskammer und ÖAMTC: Diese hätten 2019 Rechtsabbiegen bei Rot als Pilotversuch grundsätzlich begrüßt, diesmal seien die Institutionen dagegen. "2019 ging es auch um Autofahrer, 2022 um Radfahrer."

Hammer meint, dass Rechtsabbiegen bei Rot in einigen Ländern Europas bereits Realität sei, Österreich müsse hier nachziehen. Geplant ist, dass eine Zusatztafel mit grünem Pfeil die Möglichkeit zum Rechtsabbiegen für Radfahrer bei Rot an Kreuzungen anzeigt.

Neu mit der Novelle ist auch, dass das Hineinragen von Fahrzeugen in Rad- oder Fußgängerwege künftig verboten ist. Auf Gehsteigen ist nur ein "Hineinragen in geringfügigem Ausmaß", etwa mit Seitenspiegel und Stoßstange" gestattet, sowie bei Landetätigkeiten für bis zu zehn Minuten. In jedem Fall hat dabei der Querschnitt des Fußgängerweges aber mindestens 1,5 Meter zu betragen.

Zwist um Temporeduktion

Einen veritablen Streit zwischen ÖVP und Grünen löste ein Thema aus, das gar nicht Teil der StVO-Novelle ist: Eine vom schwarz-grün regierten Land Tirol abgegebene Stellungnahme sprach sich für eine Temporeduktion auf allen Straßen (30 km/h im Ortsgebiet, 80 km/h auf Freilandstraßen, 100 km/h auf Autobahnen) aus. Landeschef Günther Platter (ÖVP) stellte via Facebook klar, dass das nicht mit ihm akkordiert wurde: Er sprach sich "ausdrücklich gegen eine generelle Temporeduktion auf Tirols Straßen" aus. Hammer meint, dass es für das Vorhaben "derzeit keine Mehrheit im Parlament gibt". In den türkis-grünen Koalitionsverhandlungen sei das Thema gewesen: Die Grünen hätten sich hier aber nicht durchgesetzt. "Es ist nicht so, dass wir es nicht versucht hätten."

60 Millionen Euro Förderbudget für Radwege

Seit 2020 wird vom Bund für Ausbau und Verbesserung von Radwegen deutlich mehr Geld in die Hand genommen. Das Förderbudget wurde nach Angaben des Verkehrsministeriums von rund vier auf bis zu 40 Millionen Euro fast verzehnfacht. Heuer wurde das Förderbudget erneut auf insgesamt 60 Millionen Euro aufgestockt. Laut Hammer wurden die 40-Millionen-Euro-Förderbudgets in den Jahren 2020 und 2021 von Ländern, Städten und Gemeinden jedenfalls abgeholt, wie er dem STANDARD sagt.

Das im türkis-grünen Regierungsprogramm paktierte Ziel wird dennoch nicht erreicht: ÖVP und Grüne hatten vereinbart, den Radverkehrsanteil bis zum Jahr 2025 von sieben auf 13 Prozent fast zu verdoppeln. Nach wie vor stagniert der Radanteil österreichweit aber bei rund sieben Prozent. Laut dem Büro von Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) wurde das Zieldatum zuletzt auf das Jahr 2030 ausgedehnt. Das sehe auch der Mobilitätsmasterplan so vor. (David Krutzler, 4.6.2022)