Asylwerberinnen und Asylwerber warten in einer zentralen Aufnahmeeinrichtung in Berlin.

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Wien – Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) hat sich vor dem Treffen der EU-Innenminister ab Donnerstag dafür ausgesprochen, nach dem Vorbild Großbritanniens und Dänemarks Asylwerber in Drittstaaten außerhalb der EU zu bringen. "Es wäre eine gute Lösung, künftig Migranten von der EU in Drittstaaten zurückzuschicken und dort ihre Asylanträge prüfen zu lassen", sagte Karner gegenüber der deutschen Zeitung "Die Welt".

Idee ist nicht ganz neu

Die Drittstaaten sollten im Gegenzug wirtschaftlich unterstützt werden, forderte der Innenminister. "Wer nicht schutzberechtigt ist, muss wieder in sein Herkunftsland zurückkehren. Wer einen Anspruch auf Asyl hat, bekommt Schutz in der EU", so Karner, der aber zugleich betonte: "Dazu müssten aber einige europäische Gesetze geändert werden, und klar muss auch sein: Diese Lösung kann nur kommen, wenn alle EU-Länder zustimmen." Einmal mehr sprach sich Karner gegen Quoten zur Verteilung von Flüchtlingen innerhalb der EU aus.

Die Lösung könne nur zustande kommen, sofern alle EU-Länder mitmachen, sagt Innenminister Gerhard Karner (ÖVP).
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Die Idee von Asylzentren in Drittstaaten ist nicht neu, ähnliche Vorschläge hatte es bereits in der Vergangenheit vonseiten europäischer Länder – darunter auch Österreich – gegeben. Bisher hat sich jedoch keiner der angesprochenen Drittstaaten bereiterklärt, die geforderten Asylzentren einzurichten.

Umstrittenes Abkommen mit Ruanda

Großbritannien hat seinerseits ein umstrittenes Abkommen mit Ruanda geschlossen. Demnach sollen ab kommender Woche zahlreiche illegal eingereiste Migranten nach Ruanda geschickt werden und dort einen Antrag auf Asyl in dem ostafrikanischen Land stellen können. Ist ihr Asylantrag erfolgreich, können sie in Ruanda leben. Im Gegenzug erhält Ruanda entsprechende finanzielle Mittel. In Großbritannien trafen die Pläne auf massive Kritik von der Opposition, Verbänden, der Kirche und selbst innerhalb der regierenden Tory-Partei.

Das dänische Parlament hat Anfang Juni ein Gesetz verabschiedet, das Asylzentren in anderen Ländern möglich macht. Damit können die Behörden Asylbewerber in Drittländer fliegen, wo sie darauf warten müssen, dass ihr Antrag in Dänemark behandelt wird.

Streit zwischen ÖVP und Grünen

Karners Vorstoß reiht sich ein in eine Asyldebatte, die am Wochenende entbrannt ist. Ausgangspunkt ist der Umstand, dass in Österreich von Jänner bis April 2022 rund 16.000 Menschen um Asyl ansuchten. Das entspricht einem Anstieg von 138 Prozent – DER STANDARD berichtete. Wobei die Vorjahre, unter anderem wegen der Corona-Pandemie, auffallend geringe Zahlen aufwiesen.

Justizministerin Alma Zadić (Grüne) sagte, auf den Vorschlag angesprochen: "Österreich ist sehr wohl an internationale Verträge gebunden. Wir haben uns dazu bekannt, dass wir Menschen, die bei uns Schutz suchen, diesen Schutz auch gewähren."

ÖVP-Generalsekretärin Laura Sachslehner sah Österreich durch die Zahl der Asylanträge "leiden". Eine Wortwahl, die Vertreterinnen und Vertreter der Grünen prompt als "rassistisch" und "menschenverachtend" bezeichneten. Am Dienstag sperrte Twitter in Deutschland wegen der dort geltenden Gesetze sogar einen von Sachslehners Tweets zu diesem Thema.

Lage im Schengen-Raum auf Agenda

Das Treffen der EU-Innenminister ist übrigens für Donnerstag und Freitag angesetzt. Am ersten Tag wird über die Position des Rates für Justiz und Inneres unter anderem zu Vorschlägen zur Modernisierung der justiziellen Zusammenarbeit und zur Unterstützung der EU bei der Ermittlung und Verfolgung internationaler Straftaten debattiert. Am zweiten Tag diskutieren die zuständigen Ministerinnen und Minister dann eine Reform des Schengener Grenzkodex, die Lage im Schengen-Raum und die Leitung der EU-Grenzwache Frontex. (APA, red, 8.6.2022)