Görz/Kiew/Moskau – Der Fall dreier russischer Geigerinnen, die wegen ihrer Staatsangehörigkeit aus dem internationalen Musikwettbewerb "Rodolfo Lipizer" in der friaulischen Stadt Görz (Gorizia) ausgeschlossen worden sind, sorgt in Italien für Eklat. "Nach dem Beispiel anderer internationaler Wettbewerbe bedauern wir, Ihnen Ihren Ausschluss von dem 41. Geigenwettbewerb mitteilen zu müssen", heißt es in einem Schreiben der Organisation an die drei jungen Russinnen.

"Wir versichern Ihnen, dass es hier nicht um Diskriminierung der einzelnen Person geht. Wir hoffen, dass der Ukraine-Konflikt so bald wie möglich positiv gelöst und der Frieden wiederhergestellt wird. Sobald das der Fall ist, werden wir uns freuen, Sie wieder als Mitbewerber begrüßen zu dürfen", so das Schreiben. Die drei Musikerinnen, Lidia Kocharyàn, Carolina Averina und Anastasia Pentina, die seit Jahren in Wien lebt, protestierten auf Sozialen Netzwerken gegen den Ausschluss und beklagten eine "unannehmbare Diskriminierung". Daraufhin beschloss das Orchester der Region Friaul Julisch Venetien auf seine Teilnahme am "Lipizer"-Wettbewerb zu verzichten.

Verurteilung gefordert

Auch der Bürgermeister von Görz, Rodolfo Ziberna, kritisierte die Organisatoren des "Lipizer"-Wettbewerbs. Er sprach von "einer unverständlichen und inakzeptablen Entscheidung, die dem Geist der Veranstaltung zuwiderläuft, die Musik immer als Instrument der Annäherung zwischen den Völkern, der Überwindung von Grenzen und der menschlichen und kulturellen Freiheit interpretiert hat". Er bat daher um ein Umdenken seitens der Organisatoren. Nach Ansicht der der slowenischen Minderheit angehörenden italienischen Senatorin Tatjana Rojc sei es "erstaunlich und zutiefst traurig, dass gerade die Grenzstadt Görz nur aufgrund des Geburtsortes oder der Nationalität zwischen würdigen und unwürdigen Künstlern unterscheidet".

Unter dem Druck der Polemik erklärte sich Lorenzo Qualli, Präsident des Verbands, der den "Lipizer"-Wettbewerb organisiert, bereit, seinen Beschluss zu überdenken. Er stellte jedoch die Bedingung, dass die drei Russinnen öffentlich den Ukraine-Angriff verurteilen. Dies sei unzumutbar, reagierten die Geigerinnen. Der Bürgermeister von Görz beschloss unterdessen, ein "Friedenskonzert" mit den drei russischen Geigerinnen am 12. Juli zu organisieren. Daran sollen sich Künstler verschiedener Nationalitäten, darunter der bulgarische Gitarrist David Dyakov, beteiligen, dessen Vater Ukrainer und dessen Mutter Russin ist. Die Stadt Görz werde Reise und Aufenthalt der drei Russinnen finanzieren, erklärte der Bürgermeister.

Die Geigerinnen begrüßten den Beschluss des Stadtchefs. "Für mich, die ich in Österreich aufgewachsen bin, war der Beschluss der Organisatoren des Wettbewerbs eine totale Enttäuschung. Ich bin gegen jegliche Form von Diskriminierung und wenn ich an einem Wettbewerb teilnehme, vertrete ich nur mich selbst. Ich danke den Italienern und dem Bürgermeister von Görz, die in dieser schwierigen Situation russische Künstler unterstützen", so Pentina. (APA, 8.6.2022)