Weder besonders schnell noch besonders günstig: der Bitblaze Titan BM15.

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Mit dem Angriffskrieg gegen die Ukraine hat sich Russland international weitestgehend isoliert. Viele Güter werden aktuell nicht mehr in das Land exportiert, weil sie mit Embargos belegt sind. Besonders hart getroffen wird die russische Wirtschaft dabei von fehlenden Tech-Importen, von denen sie in vielen Bereichen stark abhängig ist. Dabei geht es einerseits etwa um Gerätschaften zur Erschließung tief liegender Gas- und Ölvorkommen, andererseits aber auch Computerchips für die Herstellung verschiedener Güter.

Bereits vor dem Krieg rief die Regierung unter Kreml-Chef Wladimir Putin Initiativen ins Leben, mit denen zumindest teilweise technologische Autarkie erreicht werden sollte. Mit MCST und Baikal Electronics hat man auch Chipentwickler im eigenen Land. Ersterer musste infolge des Krieges aber die Veröffentlichung neuer "Elbrus"-Prozessoren absagen. Letzterer ist noch im Geschäft und stellt nun die Chips für den ersten "Made in Russia"-Laptop bereit: den Bitblaze Titan BM15.

Foto: Promobit

Standardausstattung

Zusammengebaut wird er vom Unternehmen Promobit, dem die Marke Bitblaze gehört. Die Basisausstattung wirkt für einen Office-Laptop erst einmal nicht ungewöhnlich. Das Notebook bringt ein 15,6-Zoll-Display mit IPS-Panel in Full-HD-Auflösung (1.920 x 1.080 Pixel). Als Speicher für Daten dient eine NVMe-SSD mit 250 oder 512 GB. Dazu gibt es 16 GB an Arbeitsspeicher.

An Bord sind außerdem WLAN und Bluetooth, dazu kommen vier USB 3.0-Anschlüsse, ein USB-C-Port, ein RJ45-Netzwerkanschluss, ein HDMI-Ausgang sowie eine 3,5-mm-Kopfhörerbuchse. Die Kapazität des Akkus wird mit 6.000 mAh angegeben.

Chip mit alten ARM-Kernen

So weit, so gut. Anstelle gängiger Prozessorausstattung mit einem Produkt von AMD oder Intel – die der Hersteller aktuell nicht importieren kann – nutzt der Titan BM15 allerdings einen Chip der Baikal-M-Serie.

Dieser nutzt nicht mehr ganz neue Cortex-A57-Rechenkerne des britischen Chipentwicklers ARM, die mit maximal 1,5 GHz laufen. Gefertigt werden diese von TSMC im 28-Nanometer-Verfahren. Debütiert hat der Cortex-A57 im Jahr 2012. Das bekannteste Produkt, in dem er zum Einsatz kommt, ist wohl der Snapdragon 810 von Qualcomm aus dem Jahr 2014. Dieser wurde in Smartphones wie das Sony Xperia Z5, HTC One M9 und das Microsoft Lumia 950 XL verbaut. Als Grafikeinheit nutzt der Baikal-M den Mali-T628 MP8 mit Taktrate von 750 MHz. Die Leistungsaufnahme des Prozessors soll maximal bei 35 Watt liegen.

Ein russischer Youtuber stellt einen Produktionsprototyp des Bitblaze Titan BM15 vor.
Ай, Как Просто!

Seitdem hat die ARM-Architektur beachtliche Fortschritte erzielt und ist durchaus zu einer Alternative für "reguläre" Computer geworden, wie Apples eigene M-Chips beweisen. Die zehn Jahre alten Rechenkerne des Baikal-M lassen erwarten, dass der Laptop eher kein Performancewunder wird. Wie gut er sich für den Bürobetrieb nutzen lassen wird, hängt freilich auch vom genutzten Betriebssystem ab. Offiziell verfügbar sind Astra Linux und Alt Linux.

Hinzu gesellt sich ein anderes Problem: Baikal vertreibt zwar den Prozessor, kann ihn aber selbst nicht fertigen. Dazu ist man auf den taiwanischen TSMC-Konzern angewiesen, allerdings hat sich Taiwan – der mit Abstand wichtigste Chipertigungsstandort der Welt – dem Techembargo angeschlossen. Bis sich hier auf politischer Eben etwas ändert, kann Baikal also nur noch auf bestehende Lagerstände des Prozessors zugreifen, aber keine neuen produzieren lassen. Gleichzeitig liegen damit auch die russischen Autarkiepläne vorläufig zwangsweise auf Eis.

Teurer Spaß

Angekündigt wurde der Laptop bereits vor ein paar Monaten, nun soll die Produktion des BM15 bald anlaufen. In den kommenden Monaten will man eine erste Charge von über 1.000 Stück produzieren, die an Regierungs- und Enterprise-Kunden verkauft werden. Angeboten wird er in zwei verschiedenen Materialausführungen, Aluminium-Legierung und Titan-Legierung.

Mit einem Einstiegspreis von 100.000 Rubel (derzeit rund 1.550 Euro) dürften auch tatsächlich nur Firmen und Regierungsstellen als Kundschaft infrage kommen. Für viele Privatpersonen dürfte das Notebook insbesondere angesichts der Wirtschaftslage kaum leistbar sein. Laut Daten von CEIC liegt das russische Haushaltseinkommen pro Kopf im Jahr bei knapp 6.500 Dollar und damit etwa bei einem Viertel von jenem in Österreich, das mit etwa 25.000 Dollar (beide Stand 2021) angegeben wird. (gpi, 8.6.2022)