Im Gastblog gibt der Jurist Johannes Mitterecker Einblick in die Wichtigkeit der Lizenzierungsverfahren.

Lizenz oder Nichtlizenz, das ist hier die Frage

Jedes Jahr aufs Neue müssen sich die Fußballklubs, die in der ersten und zweiten Bundesliga um den Meistertitel kämpfen wollen, einer "Eignungsprüfung" unterziehen. Sie müssen nämlich für ihre Teilnahme über eine Lizenz (für die erste Bundesliga) beziehungsweise Zulassung (für die zweite Bundesliga) verfügen.

Dieses Jahr war die Entscheidung der Bundesliga mit besonders großer Spannung erwartet worden. Dies deshalb, weil die Prüfung der finanziellen Lizenzkriterien in den vergangenen Jahren aufgrund der Corona-Pandemie ausgesetzt wurde beziehungsweise in abgeschwächter Form stattfand. Nun wurde das Genehmigungsverfahren wieder in gewohnter Weise durchgeführt.

An der Lizenzentscheidung hängen viele Schicksale

Das Genehmigungsverfahren hat für die Klubs tiefgreifende Bedeutung. Ohne Lizenz beziehungsweise Zulassung dürfen sie an den Wettbewerben der Bundesliga nicht teilnehmen. Wenn der Klub im lukrativen Fußballoberhaus nicht mitmischen darf, entgehen ihm wichtige Einnahmequellen, was gravierende Folgen für Spieler, Sponsoren und Arbeitnehmer haben kann. Letztendlich stehen sogar Jobs auf dem Spiel.

Das Medienecho war dementsprechend groß, als die Bundesliga in diesem Jahr mehreren Klubs die Spielgenehmigung für die Saison 2022/23 in erster Instanz verweigerte: Die Wiener Austria und ihr in der zweiten Liga spielendes Zweierteam sowie die Zweitligisten Wacker Innsbruck und St. Pölten erhielten in erster Instanz vom zuständigen Senat 5 keine Spielgenehmigung.

Das Lizenzierungsverfahren in der Hand der österreichischen Fußball-Bundesliga

Um zu wissen, warum Klubs für die Teilnahme in den zwei höchsten Spielklassen im österreichischen Fußball überhaupt ein Lizenzierungsverfahren durchlaufen müssen, muss man zunächst die Verbandsstrukturen des österreichischen Fußballs kennen.

Ganz oben in der Verbandshierarchie steht der Österreichische Fußball-Bund (ÖFB). Er ist der nationale Fußball-Dachverband und die Vereinigung der Landesverbände sowie der Österreichischen Fußball-Bundesliga (ÖFBL). Dabei ist die ÖFBL der Zusammenschluss der Vereine der beiden höchsten Spielklassen (Admiral Bundesliga und Admiral zweite Liga) und ebenfalls ein Verband im Sinne des Vereinsgesetzes 2002.

Um die Attraktivität hoch zu halten, lässt die ÖFBL die Klubs jährlich "auf Herz und Nieren untersuchen".
Foto: APA/EXPA/ROLAND HACKL

Die ÖFBL ist zuständig für die Organisation und Durchführung des Profifußballs in Österreich, respektive der beiden höchsten Klubfußballbewerbe. Das sind die wichtigsten "Produkte" der ÖFBL. Um die Attraktivität hoch zu halten und diese Produkte zu schützen, lässt die ÖFBL die Klubs jährlich "auf Herz und Nieren untersuchen". Erst wenn sie dieser "Untersuchung" standhalten, erwerben sie mit der rechtskräftigen Erteilung der Lizenz beziehungsweise Zulassung die Mitgliedschaft in der ÖFBL und damit einhergehend ein Teilnahmerecht an den Bundesliga-Wettbewerben.

Der Antritt zur Eignungsprüfung

Man könnte das Bundesliga-Lizenzierungsverfahren mit der periodischen "Pickerl"-Überprüfung des Kraftfahrzeugs vergleichen. Mit dieser wird die Verkehrs- und Betriebssicherheit sowie die Umweltbelästigung des Fahrzeugs nach dem aktuellen Stand der Technik überprüft. Dies dient nicht nur zur eigenen Sicherheit, sondern auch zum Schutz anderer Verkehrsteilnehmer. Nicht anders ist das beim Lizenzierungsverfahren. Jenes dient der Sicherung von Qualitätsstandards im sportlichen, personellen und administrativen Bereich, der Stadion- und Trainingsinfrastruktur sowie der finanziellen und rechtlichen Rahmenbedingungen. Dabei schützt das Verfahren nicht nur die Klubs selbst, sondern auch die gesamte Liga.

Denn eine Schieflage eines einzelnen Klubs – gleichgültig, ob aus finanziellen oder sonstigen Gründen – kann sich über das persönliche Schicksal hinaus auf das Gesamtgebilde Bundesliga dramatisch auswirken. Das Sprichwort vom faulen Apfel, der den ganzen Korb verdirbt, trifft buchstäblich zu; denn schon ein einziger Klub, der sich nicht an die Lizenzierungsregeln hält, kann die ganze Liga für Fans und Sponsoren unattraktiv machen und sohin alle anderen Klubs ebenso belasten.

Deshalb legen Lizenzierungs- und Zulassungshandbuch eine Vielzahl an unterschiedlichen Zugangskriterien fest. Denn nur wenn von den Klubs gewisse Qualitätsstandards eingehalten werden, ist sichergestellt, dass das Produkt Bundesliga allen schmackhaft gemacht werden kann. Beeindruckende Stadien, ein sicheres Stadionerlebnis, professionelle Vermarktung und ein kompetentes Umfeld lassen Zuseher in das Stadion strömen und können einen sportlichen und wirtschaftlichen sowie letztlich gesellschaftlichen Mehrwert schaffen. Kurzum: Mit dem Lizenzierungsverfahren möchte die ÖFBL – wie sie es im Lizenzhandbuch so schön beschreibt – einen "Circulus virtuosus" schaffen.

Sehr zu begrüßen ist im Übrigen die seit der Ligareform im Jahr 2018/19 geltende Unterscheidung zwischen einer "Lizenz" für die höchste Spielklasse beziehungsweise Uefa-Bewerbe und einer "Zulassung" für die zweite Liga. Denn vielen Regionalligisten war es lange Zeit zu teuer und schwierig, überhaupt aufsteigen zu können. Eine unterschiedliche Handhabung zwischen ersten Bundesliga und zweiten Bundesliga war für die österreichische Fußballlandschaft unausweichlich.

Kriterienkatalog des Lizenzierungshandbuchs

Das Lizenzierungs- beziehungsweise Zulassungshandbuch ist das wichtigste Mittel zur Wahrung einheitlicher Qualitätsstandards für Klubs hinsichtlich sportlicher, infrastruktureller, personeller und administrativer, rechtlicher und finanzieller Kriterien. Nur wer den gesamten Kriterienkatalog erfüllt, ist zur Teilnahme an den Bundesliga-Bewerben berechtigt.

Diese Kriterien sind in drei verschiedene Abstufungen eingeteilt:

  • A-Kriterium: Dieses Kriterium muss grundsätzlich während der gesamten Spielzeit erfüllt sein. Wenn der Klub ein solches nicht erfüllt, kann ihm keine Lizenz beziehungsweise Zulassung erteilt werden.
  • B-Kriterium: Erfüllt der Lizenzbewerber das Kriterium nicht, drohen Sanktionen (zum Beispiel: Verwarnung, Punkteabzug, Transfersperre, Zwangsabstieg, Platzsperre, Geldstrafe), doch bleibt die Zulassung zum ÖFBL-Klubwettbewerb davon unberührt.
  • C-Kriterium: Dabei handelt es sich um eine bloße Empfehlung.

Ein näherer Blick auf den Kriterienkatalog des Lizenzhandbuches

Eine überblicksartige Tour d’horizon durch die wichtigsten Kriterien des Lizenzhandbuches für die erste Bundesliga stellt sich wie folgt dar:

Aus sportlicher Sicht muss sich ein Klub selbstverständlich zunächst für einen Bundesliga-Wettbewerb qualifizieren. Daneben muss der Klub über ein genehmigtes Jugendförderprogramm verfügen. Weiters finden sich Anforderungen an die Anzahl von Nachwuchsmannschaften, Nachwuchsakademien, die medizinische Betreuung von Spielern usw.

Im Vordergrund der infrastrukturellen Kriterien steht das Stadion. Durch entsprechende Dokumente (Baugenehmigungen, Bestandvertrag, etc.) ist darzulegen, dass der Klub das Stadion benutzen darf und das Stadion gewisse Standards erfüllt. Dabei geht es beispielsweise um das Fassungsvermögen, die Überdachung von Tribünen und Flutlichtanlagen.

Die personellen und administrativen Kriterien zielen darauf ab, dass gut ausgebildete, qualifizierte und erfahrene Spezialisten mit einem bestimmten Know-how und entsprechender Erfahrung den lizenzansuchenden Klubs zur Verfügung stehen. Die Kriterien enthalten Anforderungen an den Trainerstab; so müssen die Klubs einen Cheftrainer mit Uefa-Pro-Lizenz, einen Assistenztrainer mit (zumindest) Uefa-A-Lizenz, einen eigenen Tormanntrainer mit Uefa-Torwarttrainer-A-Lizenz, Jugendtrainer usw. haben. Weiters finden sich Anforderungen an den medizinischen Stab und die Physiotherapeuten, an Sicherheitsverantwortliche und den Ordnerdienst, Medien- und Fanbeauftragte und an viele weitere Spezialisten.

Rechtliche Anforderungen werden in Bezug auf die Gesellschafterzusammensetzung (Stichwort 50+1-Regel) gemacht. Daneben finden sich viele rechtliche Unterwerfungserklärungen und Bestätigungen. Auch die aufrechte Deckung einer Veranstalterhaftpflichtversicherung ist nachzuweisen.

Herzstück sind aber sicherlich die finanziellen Kriterien. Mit dem Lizenzierungsverfahren lässt sich erreichen, dass nur wirtschaftlich solide aufgestellte Klubs an den Lizenzligen teilnehmen. Das ist auch jener Bereich, der vielen Klubs regelmäßig Kopfzerbrechen bereitet. Alle Vereine, denen die Lizenz beziehungsweise Zulassung für die Saison 2022/23 in erster Instanz verweigerte wurde, stolperten über die finanziellen Kriterien (bei der Wiener Austria wurde daneben noch rechtliche Gründe, bei Wacker Innsbruck infrastrukturelle Gründe genannt).

Die Qualitätsstandards sind hoch und insbesondere die finanziellen Kriterien sind nicht immer leicht zu erfüllen oder nachzuweisen. Es verwundert daher nicht, dass die Musterschüler unter den Klubs sich gerne in öffentlichen Stellungnahmen damit brüsten, die Lizenz beziehungsweise Zulassung in erster Instanz ohne weitere Auflagen erhalten zu haben – das ist immerhin ein besonderes Gütesiegel für die Klubs, das gerne als Vermarktungs-Tool verwendet wird, um so neue Fans, Sponsoren und Mitarbeiter an Bord holen zu können.

Der Senat 5 als Hüter der Lizenzvorschriften

Hüter der Lizenzkriterien ist der Bundesliga-Senat 5. Dieser ist ein von der ÖFBL unabhängiges Gremium und stellt im Rahmen des Lizenzierungs- beziehungsweise Zulassungsverfahrens das Entscheidungsgremium erster Instanz dar. Dessen Hauptaufgabe liegt darin, die Erfüllung der einzelnen Kriterien festzustellen und folglich über die Erteilung oder Verweigerung der Lizenz beziehungsweise Zulassung zu entscheiden.

Welche rechtlichen Schritte kann man gegen eine negative Entscheidung des Senates 5 ergreifen?

Gegen einen Beschluss des Senats 5 können Lizenz- beziehungsweise Zulassungsbewerber innerhalb von acht Tagen beim Protestkomitee Protest erheben. Dabei besteht die Möglichkeit, neue Nachweise der (wirtschaftlichen) Leistungsfähigkeit vorzubringen. Mit der Entscheidung des Protestkomitees ist der Instanzenweg innerhalb der Bundesliga abgeschlossen.

Nach Abschluss dieses verbandsinternen Verfahrens kann bei Verweigerung der Lizenz- beziehungsweise Zulassungserteilung vom Protestkomitee innerhalb von acht Tagen mit Klage vor das Ständige Neutrale Schiedsgericht, ein Schiedsgericht im Sinne der §§ 577 ff Zivilprozessordnung, gezogen werden.

Die Fristen sind angesichts der Komplexität der oft strittigen Lizenzfragen sehr "sportlich". Eine schnelle Entscheidung ist aber wichtig, um die Integrität der Wettbewerbe wahren und rechtzeitig mit der Meisterschaft starten zu können. Der einzige kleinere Schwachpunkt ist ein möglicher letzter Gang zum Obersten Gerichtshof (OGH). So kann Aufhebungsklage gegen den Schiedsspruch vor dem OGH erhoben werden. Eine Entscheidung rechtzeitig vor Ligastart ist dann aber denkunmöglich. Bisher zog erst ein Klub, nämlich Austria Klagenfurt, vor den OGH und blieb dabei erfolglos.

Paukenschlag beim Genehmigungsverfahren für die kommende Saison

Wie bereits ausgeführt, hat der zuständige Senat 5 einigen Vereinen in erster Instanz die Genehmigung für die kommende Saison versagt. Das Protestkomitee hat schlussendlich dem FK Austria Wien (und dem Zweierteam) und St. Pölten die Lizenz (und die Zulassung) für die kommende Saison 2022/23 erteilt. Offen ist noch, ob die Austria mit einem Punktabzug in die neue Saison starten muss und eine Geldstrafe ausfassen wird.

Bei der Lizenzentscheidung der Austria hat wohl auch der Sponsoring-Vertrag mit Gazprom eine Rolle gespielt. Dabei geht es um ein Millionen-Sponsoring und damit Geld, dass der Wiener Klub dringend benötigt. Damit befindet sich die Austria in einer Zwickmühle, denn aus moralischen Gründen soll man sich um eine Vertragsauflösung bemühen. Fraglich ist im Übrigen, ob die Sponsoreneinnahmen aus dem Gazprom-Deal aufgrund der wirtschaftlichen Sanktionen gegen Russland überhaupt an die Austria fließen dürfen.

Ein nicht so gutes Ende wird die Saison bei Wacker Innsbruck finden. Die Tiroler verzichteten auf eine Klage beim Ständigen Neutralen Schiedsgericht. Sie werden mangels Zulassung mit Saisonende aus der zweiten Liga und damit auch als Mitglied der ÖFBL ausscheiden.

Schlussstrich

Dieser Streifzug durch das Lizenzierungsverfahren verdeutlicht hoffentlich dessen Wichtigkeit. Auch wenn man an einzelnen Kriterien durchaus in die ein oder andere Richtung schrauben könnte, ist die Lizenzierung unumgänglich für einen attraktiven und fairen Wettbewerb im österreichischen Spitzenfußball.

Im internationalen Kontext gilt Österreich als "Lizenz-Musterschüler". Als eines von nur wenigen Uefa-Mitgliedern darf in Österreich aufgrund der national geltenden Lizenzkriterien auch die Uefa-Lizenz gemeinsam mit der nationalen Lizenz vergeben werden. (Johannes Mitterecker, 13.6.2022)