ÖVP-Generalsekretärin Laura Sachslehner ist für ihre klare Sprache mittlerweile bekannt.

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Österreich leide an der "pro Kopf zweithöchsten Belastung durch Asylanträge in der EU", twitterte Laura Sachslehner, ÖVP-Generalsekretärin, am Sonntag. In Folgetweets erklärte Sachslehner weiter, dass dies ein "Warnsignal" sei und "wir wachsam sein müssen". Während man in Österreich solch einen Ton offenbar gewohnt ist, wurde der Tweet in Deutschland nach kurzer Zeit gesperrt. Nun wurde die Frage laut, wie das sein kann, dass auf einer internationalen Plattform, deren Richtlinien grenzübergreifend gelten, offenbar auch regional Beiträge gesperrt werden können.

Lautes Organ

Die Wortmeldungen auf Twitter sind nicht erst seit Donald Trump nicht gerade zimperlich oder politisch korrekt. Wohl auch deshalb werden immer wieder Beiträge von Nutzern gemeldet und in manchen Fällen daraufhin gesperrt. Die Gründe für diese Sperrung können ganz unterschiedlich sein. In erster Linie trifft es Beiträge, die nachgewiesenermaßen gegen die Richtlinien der Plattform verstoßen. "Hetzerische Inhalte" etwa, wie auf der Website von Twitter zu lesen ist. Dem Tweet von Sachslehner wurde von einigen Nutzern offener Rassismus vorgeworfen, diese hatten den Beitrag danach offenbar gemeldet.

Vor einigen Jahren führten mehrfache Beschwerden zu einem automatischen Offlinenehmen eines Beitrags. Twitter kontrollierte erst danach den Inhalt und stellte ihn dann gegebenenfalls wieder online. Dies galt sowohl für private als auch gewerbliche Tweets. Laut Twitter-Richtlinien dürfen etwa Unternehmen nur Inhalte im Rahmen ihres Geschäftsfelds schalten, ein Finanzunternehmen etwa nur im Bereich Finanzen. Überschreiten sie hier Grenzen, darf Twitter ebenfalls eingreifen. Ausgenommen ist hier nur das sogenannte "cause advertising", wenn man beispielsweise als Bank Spenden für eine aktuell laufende Aktion sammelt.

Fall Sachslehner

Im Falle des Tweets von Sachslehner erfährt man als deutscher Twitter-Kunde, dass Twitter diesen Inhalt aufgrund von "örtlichen Gesetzen" zurückgezogen hat, und zwar als Reaktion auf Beschwerden an den Support der Plattform. Das erklärt auch, warum der Tweet nur in Deutschland gesperrt ist. Um welches Gesetz es sich dabei handelt, ist allerdings nicht zu erfahren.

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Alternativ dazu gibt es noch die Sperrmeldung, dass Twitter aufgrund eines "rechtsgültigen Verfahrens", zum Beispiel einer gerichtlichen Anordnung, gezwungen wurde, den Tweet zu deaktivieren. Das trifft allerdings in diesem Fall nicht zu.

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In einer Stellungnahme gegenüber dem STANDARD schreibt ein Twitter-Verantwortlicher, dass Tweets nur dann gesperrt werden, wenn Twitter eine ihrer Meinung nach "valide und ordnungsgemäße Anfrage" erhält. Solche Sperrungen würden sich auf regionale Gesetzgebungen beschränken, weshalb solch lokale Sperrungen möglich seien. Transparenz sei dem Unternehmen natürlich sehr wichtig, weshalb die oder der Betroffene sofort eine Nachricht erhalten würde, dass ein bestimmter Beitrag nicht mehr verfügbar ist.

Ursache – Wirkung

Ausgangspunkt für den Tweet der ÖVP-Generalsekretärin war eine APA-Meldung vom Sonntag, die die Asylzahlen für das erste Drittel des Jahres darstellte. Darin wurde etwa das Plus von 138 Prozent gegenüber 2021 thematisiert und die Tatsache, dass die meisten Asylsuchenden aus Afghanistan und Syrien stammen. Sachslehner kommentierte diese Zahlen auf ihren Social-Media-Kanälen, was unter anderem beim Koalitionspartner für öffentliche Kritik sorgte. Grünen-Vizeklubchefin Meri Disoski nannte den Beitrag "beschämend". Die Abgeordnete Ewa Ernst-Dziedzic warf Sachslehner öffentlich Rassismus vor.

Am Dienstag distanzierte sich Sachslehner von der "emotional geführten Debatte", sie wolle allein auf Fakten basiert diskutieren. Weiterhin sprach sie von Warnsignalen und forderte einen effektiveren "Außengrenzschutz".

Wer auf den Geschmack gekommen ist, Beiträge zu melden, der kann das relativ einfach tun, wie auf Twitter zu lesen ist. Man kann übrigens auch bestimmte Personen ausblenden, um zumindest selbst deren Beiträge nicht mehr sehen zu müssen. (aam, 9.6.2022)