Fieberhafte Arbeiten im Mittelkreis. Denn natürlich sollen Frankreichs Weltmeister am Freitag nicht in ein Loch fallen.

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Der Spott, den die dänischen Kicker nach ihrem 2:1 über Österreich ausgeschüttet haben, mag bald einmal vergessen sein. Den "schlimmsten Boden", auf dem sie je gespielt hätten, nannten die Dänen das Spielfeld im Ernst-Happel-Stadion – verständlich angesichts eines gut zwanzig Zentimeter tiefen, gemeingefährlichen Lochs im Mittelkreis, das nach Schlusspfiff entdeckt worden war. Das dänische Kopfschütteln über die Wiener Zustände hatte schon viel früher begonnen, als die Partie um eineinhalb Stunden verschoben werden musste, weil der Strom ausgefallen war und weil vor allem auch das Notstromaggregat nicht funktionierte, das zumindest Flutlicht garantieren sollte.

Der Schaden, zumindest jener in Lochform, verursacht durch hinaufdrückendes Grundwasser, wird rechtzeitig zum Freitag-Länderspiel gegen Weltmeister Frankreich behoben sein. Doch der Fußballbund (ÖFB) und Europas Fußballverband (Uefa) wollten klarerweise auf Nummer sicher gehen, eine Untersuchung des Spielfelds wurde angeordnet. Schließlich konzentriert sich das Grundwasser vielleicht nicht auf einen Quadratmeter.

Laut ÖFB wurde das von externen Spezialisten durchgeführte Gutachten an die Uefa übermittelt und die Freigabe der Partie beantragt. Die Antwort des Kontinentalverbandes traf am späten Mittwochabend ein, da gab die Uefa wie erwartet Grünes Licht für Österreichs Duell mit Frankreich. Die Untersuchungen hatten keine neuen Problemfelder auf dem Spielfeld ergeben, wie ÖFB-Geschäftsführer Bernhard Neuhold auch der Austria Presse Agentur (APA) bestätigte. "Aus dem Gutachten geht die klare Empfehlung hervor, dass alles wie geplant stattfinden kann", sagte Neuhold.

ÖFB kann Neubau nicht mitfinanzieren

Ein Imageschaden lässt sich nicht leugnen, das Loch sorgte europaweit für Belustigung. Dass das Happel-Stadion den Anforderungen großer Spiele seit Jahren nicht mehr gerecht wird, ist kein Geheimnis. Auch ÖFB-Präsident Gerhard Milletich macht kein Hehl daraus. "Wir können keine Forderungen erstellen", sagt er und fordert: "Es muss ein Umdenken in Bund und Land stattfinden, wir brauchen ein multifunktionales Stadion. Wir sind das einzige Land in Europa mit einer derartig schlechten Infrastruktur. Irgendwann werden wir hier nicht mehr spielen können oder dürfen. So realistisch muss man sein." Eine finanzielle Beteiligung des ÖFB an einem Neubau ist laut Milletich aber nicht möglich. "Das würden wir nicht stemmen."

Demnach würde es also am Bund und an der Stadt hängen, das im besten Fall altehrwürdige Happel-Stadion durch eine moderne, am besten multifunktionale Arena zu ersetzen. Diskussionen darüber finden regelmäßig statt. Zuletzt kamen sie auf, als Österreich keine Chance hatte, auch nur ein einziges Spiel der auf elf Städte verteilten EM 2021 auszutragen.

Straches Vision

Zuvor hatte schon der damalige Sportminister Heinz-Christian Strache (FPÖ) die Vision eines Nationalstadions, in dem sogar Skispringen stattfinden sollten, wie sich auch Peter Schröcksnadel (ÖSV) vorstellen konnte. Es war bekanntlich nicht die einzige Strache-Vision, aus der nichts geworden ist.

Sportstadtrat Peter Hacker (SPÖ) unterzog sich am Dienstag einer Hüftoperation. An seinem Standpunkt, heißt es, habe sich nichts geändert. Den Strache-Schröcksnadel-Plan hatte er so kommentiert: "Und auf den Sprungturm der Großschanze kommt dann noch ein Restaurant mit einem Heli-Port auf dem Dach." Generell wolle man sich der Diskussion aber nicht verschließen. Freilich brauche es zunächst zwei Pläne, heißt es aus Hackers Büro. "Einen zur Finanzierung des Baus. Und einen dazu, wie sich danach der Betrieb finanziert." Die Stadt investiere viel in Sportanlagen, 150 Millionen Euro flossen und fließen u. a. in die Sport-Arena (anstelle des abgerissenen Dusika-Stadions), in Rundhallen, Kunstrasenplätze und die Halle im Stadionbad.

Ein neues modernes Fußballstadion würde mindestens genauso viel kosten. Das lässt erwarten, dass das Happel-Stadion noch lange eine Zumutung für Fußballteams und Fans bleibt. Nicht zuletzt auch dem Namensgeber, ist da und dort zu lesen und zu hören, werde einiges zugemutet. Denn das, heißt es, hätte sich Ernst Happel nicht verdient, dass sein Name ausgerechnet mit diesem Stadion verknüpft sei. (Fritz Neumann, Christian Hackl, 8.6.2022)

Um 1:30 Uhr aktualisiert mit der Uefa-Freigabe für das Länderspiel gegen Frankreich