Microsoft will im lukrativen Gaming-Markt die Nummer eins werden. Die Weichen dafür scheinen gestellt.

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Rund 100 Millionen Spieler sind derzeit im Xbox-Universum unterwegs – nutzen die Services, die der US-Konzern Microsoft in seinem Gaming-Bereich seit 20 Jahren aufbaut. Die Pläne bleiben trotz dieser hohen Zahlen auch weiterhin ambitioniert, wie Xbox-Chef Phil Spencer in einem aktuellen Interview wissen lässt. Große Studios kaufen, den Mobile-Markt erobern und noch mehr Abos verkaufen. So will Microsoft die Nummer eins in diesem umkämpften Markt werden.

Ambitionierte Ziele

"Starfield wird das meistgespielte Game der Welt", ließ Spencer schon vor einigen Wochen die Welt wissen. Das Weltraumepos, dessen Erscheinungsdatum erst kürzlich auf das nächste Jahr verschoben wurde, entsteht bei Bethesda, einem der vielen von Microsoft gekauften Studios. Im am Donnerstag veröffentlichten Interview, das ausgewählte Medien vorab sehen konnten, wurde Spencer, der seit 16 Jahren bei dem US-Konzern arbeitet und bereits seit 2014 als Xbox-Chef tätig ist, auch auf diesen Satz angesprochen. Die mögliche Zielgruppe liege bei etwa drei Milliarden Spielern, meinte er. Das könne man deshalb erreichen, da man mittlerweile Geräteunabhängig denke und technisch völlig neue Wege gehen könne.

Egal ob im Browser, am Smartphone oder auf der Konsole, lokal heruntergeladen oder via Cloud Gaming zur Verfügung gestellt – die Möglichkeiten, neue Spieler zu erreichen, würden immer mannigfaltiger werden, und damit könne auch die Spieleranzahl speziell bei großen Produktionen noch weiter zunehmen. Schon die Strategie, zwei Konsolen gleichzeitig auf den Markt zu werfen, die leistungsstarke Xbox Series X und die etwas abgespeckte Series S, hätte bereits dazu geführt, neue Zielgruppen zu erreichen. Trotz der Chipkrise und der Lieferengpässe sei man mit den Verkaufszahlen in den letzten zwei Jahren sehr zufrieden, so Spencer.

Das Interview wurde intern bei Microsoft geführt, Journalisten erhielten nur Zugang zu dem Video.
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Schwieriger PC-Markt

Ein Standbein seien weiterhin die Xbox Game Studios, die zuletzt mit "Halo", "Forza" und "Age of Empires" große und erfolgreiche Titel abgeliefert hätten. Aber vor allem neuen Märkte seien das Geheimnis für den Erfolg. Der PC-Markt war hier naheliegend. "Wir haben uns vor ein paar Jahren gefragt, was wir bei diesem breiten Angebot am PC-Markt noch anbieten können." Die Antwort auf diese Frage war etwa, Xbox-Spiele für PC zugänglich zu machen und alte PC-Franchises wiederzubeleben, etwa "Age of Empires" oder den "Flight Simulator". Aber auch der Abo-Dienst PC Game Pass, eine Neuheit in diesem Bereich, sei ein durchschlagender Erfolg gewesen. "Wir hatten einen Zuwachs von 300 Prozent im Vergleich zum Vorjahr", freut sich Spencer. Die Zielsetzung sei allerdings noch höher gewesen, deshalb habe man noch viel zu tun, um die ambitionierten Ziele zu erreichen.

Mehrere Male im Interview erwähnt Spencer auch den bevorstehenden Kauf des Games-Schwergewichts Activision Blizzard ("World of Warcraft", "Diablo", "Overwatch"). Vor allem im Mobile-Bereich hätte man sich hier massiv verstärkt – ein Markt, der bisher noch wenig direkt von Microsoft anvisiert wurde. Die Frage, was Spencer zu der harschen Kritik am kürzlich veröffentlichten Free-2-Play Mobile Game "Diablo Immortal" zu sagen hat, wurde nicht gestellt. Sicher eine Baustelle, der sich der Xbox-Chef spätestens nächstes Jahr wird widmen müssen.

Überall und jederzeit: Microsoft will Spieler unabhängig von bestimmten Geräten – etwa Konsolen – machen.
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Diversität oberstes Gebot

Ein Schwerpunkt des Gesprächs waren auch die von Microsoft in den letzten Jahren immer wieder ins Rampenlicht geschobenen Themen Diversität und Zugänglichkeit. Die Community solle sich wohlfühlen, sagte Spencer, genau wie die Entwickler. "Interaktive Medien haben so eine Macht, weil wir auf diese Weise so unterschiedliche Menschen zusammenbringen, die von völlig verschiedenen Menschen geschaffene Spiele erleben können. Das macht unsere Industrie so einzigartig gegenüber anderen Medien", schwärmte Spencer über die eigene Community. Es gebe bereits in ersten Spielen Gebärdensprache-Unterstützung, und auch mit neuen Controller-Möglichkeiten, etwa dem Adaptive Controller, wolle man allen Menschen ermöglichen, an diesem Medium teilhaben zu können. Spencer gibt zu, dass man hier nicht allein aktiv sei. Die ganze Branche hätte die Relevanz dieser Bereiche erkannt und würde sich zunehmend bemühen, hier Veränderungen anzustreben.

Kurz geht er auch auf "die Probleme" der Branche ein, wie er sie nennt, die eben jenen Grundsätzen widersprechen. Gemeint sind damit zahlreiche Vorwürfe der sexuellen Belästigung in zahlreichen Games-Studios. Ein prominentes Beispiel dafür war das bereits angesprochene Activision Blizzard. Microsoft müsse hier mit gutem Beispiel vorangehen, sagte Spencer.

Microsoft bewirbt ganz stark seine Abo-Dienste. Mit wachsenden Möglichkeiten werden diese Services wohl auch teurer werden.
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Die Zukunft

Der Titel des Interviews war "What's Next for Gaming", und Spencer verriet auch, was er darunter versteht. "Kreative sollen die besten Tools haben, und die Community soll die besten Spiele haben." Xbox Cloud Gaming würde hier eine zentrale Rolle spielen. Zunächst nur im Xbox Game Pass verfügbar, hat man zuletzt mit einem der größten Spiele der Welt – "Fortnite" – eine Kooperation im Bereich Cloud-Gaming gestartet. Die Ergebnisse seien beeindruckend, und das Ziel müsse sein, künftig jedes Spiel so einfach wie möglich konsumieren zu können. Egal welches Gerät, egal an welchem Ort. (Alexander Amon, 9.6.2022)