Die Bakterienstämme bilden ein Toxin (Gift), dass sich über die Blutbahn im Körper ausbreiten kann. Das macht die Krankheit so gefährlich.

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Obwohl eine Grundimmunisierung mit drei Impfungen gegen Diphtherie für Babys im ersten Lebensjahr im österreichischen Impfplan vorgesehen ist, treten seit 2014 immer wieder einzelne Fälle auf. Das Gesundheitsministerium meldet aktuell zwei Fälle von Diphtherie in Österreich. Ein Patient ist bereits verstorben, ein anderer wird in einem Krankenhaus in Wien behandelt.

Zur Erklärung: Diphtherie wird in erster Linie durch Diphtherie-Toxin-produzierende Bakterienstämme ausgelöst – dem sogenanten Corynebacterium diphtheriae. Die Ansteckung erfolgt meistens durch Tröpfchen- oder Schmierinfektion. Nach einer Inkubationszeit von ungefähr zwei bis fünf Tagen beginnt die Diphtherie häufig mit Halsschmerzen, hohem Fieber und Schluckbeschwerden. Ein paar Tage später kommt eine Angina tonsillaris (Mandelentzündung) dazu, und es bildet sich ein weiß-grauer bis bräunlicher Belag im Hals. Neben der beschriebenen respiratorischen Diphtherie gibt es noch zwei weitere Formen wie Haut- und Wunddiphtherie – diese sind jedoch sehr selten.

Dass jetzt gleich zwei Fälle von Diphtherie in Österreich aufgetreten sind, sieht der Infektiologe Heimo Lagler von der klinischen Abteilung für Infektionen und Tropenmedizin der Med-Uni Wien als sehr ungewöhnlich an. "Diphtherie ist in Österreich wirklich sehr selten. Ich persönlich habe seit meiner Ausbildung 2003 keinen Fall erlebt." Dennoch ist seit 2020 ein leichter Anstieg an Diphtherie-Fällen in Österreich zu beobachten. Was bedeutet das jetzt für Österreich? Eine Einschätzung.

Frage: Was macht Diphtherie so gefährlich?

Antwort: "Die Diphtherie ist eine Infektionskrankheit, die noch nicht ausgestorben ist und vor allem in den Regionen vorkommt, in denen wenig geimpft wird", berichtet Lagler. Gefährlich an der Krankheit ist, dass die Bakterien ein Toxin bilden und sich dieses über die Blutbahn im Körper ausbreiten kann. Bei schweren Verläufen kann es zu Schädigungen am Herzen, den Nieren und dem Nervensystem kommen.

Frage: Wie sieht die Therapie aus?

Antwort: Da es sich bei den Erregern um Bakterien handelt, wird im ersten Schritt eine Therapie mit Antibiotika gestartet. Das reicht aber im Normalfall nicht aus, denn "der Erreger bildet ein sehr starkes Toxin, das sich im Körper ausbreiten und dort zu Schäden führen kann. Darum wird immer auch ein Antitoxin verabreicht. Dieses haben wir in Österreich lagernd", weiß der Experte. Warum ein Patient in Wien trotzdem verstorben ist, konnte noch nicht geklärt werden. Lagler vermutet, dass "die Infektion schon zu weit vorangeschritten war".

Frage: Weiß man, wo sich die Patienten angesteckt haben könnten?

Antwort: "Bei dem Patienten, der verstorben ist, wird vermutet, dass er sich nicht in Österreich angesteckt hat, da er kurz zuvor aus dem Ausland gekommen ist", berichtet der Infektiologe. Zu dem anderen Patienten liegen Lagler keine Daten vor.

Frage: Im Impfplan für Kinder ist die Diphtherie-Impfung als kombinierte Sechsfach-Impfung im ersten Lebensjahr vorgesehen. Danach gibt es dann noch eine Auffrischungsimpfung zwischen dem siebenten und neunten Lebensjahr. Wie sieht es mit dem allgemeinen Impfschutz in Österreich aus?

Antwort: Damit ein ausreichender Schutz gewährleistet werden kann, muss die Diphtherie-Impfung alle zehn Jahre wieder aufgefrischt werden, ab dem 60. Lebensjahr sogar alle fünf Jahre. Und genau hier sieht Lagler ein Problem: "Eine Seroprävalenzstudie aus 18 Ländern ergab vor einem Jahr, dass in Österreich bei mehr als der Hälfte der Österreicherinnen und Österreicher in der Altersgruppe zwischen 40 und 59 kein ausreichender Impfschutz vor Diphtherie vorhanden war." Entweder wurden diese Personen gar nicht geimpft, oder die Impfung ist schon zu lange her.

Frage: Viele Menschen kennen ihren Impfstatus nicht, weil sie keinen Impfpass haben. Wie kann man sich am besten vor der Krankheit schützen?

Antwort: Da eine Überimpfung nicht möglich ist, empfiehlt Lagler allen Personen, die sich nicht sicher sind, eine Impfung gegen Diphtherie: "Am besten ist sogar eine Vierfach-Impfung. Dabei handelt es sich um einen kombinierten Impfstoff gegen Tetanus, Diphtherie, Pertussis (Keuchhusten) und Polio (Kinderlähmung)." Wer kürzlich jedoch einen Unfall hatte und ins Krankenhaus eingeliefert worden ist, hat vermutlich eine Tetanus-Impfung bekommen und ist somit auch gegen Diphtherie geschützt. Denn: "Bei der Tetanus-Impfung ist auch immer der Impfstoff gegen Diphtherie dabei", weiß der Infektiologe. (Jasmin Altrock. 9.6.2022)