Unter den Kämpfern im Asow-Stahlwerk, die sich schließlich ergaben und mit dem Bus weggeführt wurden, befinden sich auch Ausländer.

Foto: Reuters / Alexander Ermochenko

Mit drakonischen Strafen gegen gefangen genommene Söldner versucht Russland, den Zustrom ausländischer Kämpfer in die ukrainische Armee zu stoppen. Am Donnerstag hat das Oberste Gericht der Separatistenrepublik Donezk Todesurteile gegen zwei Briten und einen Marokkaner verhängt, die in Mariupol gefangen genommen worden waren. Ihnen wurden "Handlungen zur gewaltsamen Machtergreifung" vorgeworfen. Die drei können innerhalb eines Monats Berufung einlegen.

Söldner keine Kombattanten

Gefangene Söldner gelten laut Kriegsvölkerrecht nicht als Kriegsgefangene, sondern als gewöhnliche Zivilisten, die illegal an Kampfhandlungen teilnehmen. Igor Konaschenkow, Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, sagt, Söldner würden nicht als Kombattanten betrachtet. Internationale Konventionen zur Behandlung von Kriegsgefangenen würden für sie nicht gelten. Daher müssten sie bei einer Gefangennahme "im besten Fall" mit einer langen Haftstrafe rechnen. Auch in westlichen Ländern werden Söldner vor Gericht gestellt, auch in Österreich und Deutschland.

Laut dem Verteidigungsministerium in Moskau kämpfen fast 7000 Ausländer aus 63 Ländern, darunter Polen, die USA und Großbritannien, in der Ukraine. Nachprüfen lassen sich diese Zahlen nicht. Dass jedoch Ausländer an der Seite der ukrainischen Armee kämpfen, ist unstrittig. Drei Tage nach Kriegsbeginn kündigte Präsident Wolodymyr Selenskyj die Gründung einer International Territorial Defense Legion an. "Freunde der Ukraine" aus der ganzen Welt sollten sich dem Kampf gegen Russland anschließen. Selenskyj sprach zeitweilig sogar von 16.000 ausländischen Freiwilligen.

Patriotische Motive

Viele der Ausländer, die für die Ukraine in den Krieg zogen und nun in Gefangenschaft sind, haben patriotische Motive. Der Brite Aiden E. beispielsweise, denn seine Verlobte ist Ukrainerin. E. kämpfte in Mariupol im Asow-Stahlwerk. Am 12. April twitterte er: "48 Tage sind vergangen, wir haben unser Bestes versucht, um Mariupol zu verteidigen, aber wir haben keine andere Wahl, als uns den russischen Truppen zu ergeben. Wir haben keine Nahrung und Munition. Es war uns eine Ehre, ich hoffe, dieser Krieg endet bald."

Früher arbeitete der junge Mann laut britischen Zeitungsberichten in der Kinderfürsorge. Später kämpfte er in Syrien auf der Seite der kurdischen Miliz YPG gegen den "Islamischen Staat". In Großbritannien sei gegen E. wegen Terrorismusverdachts ermittelt worden.

Eine Frage des Geldes

Auch geht es vermutlich manchem Kämpfer um Geld. Der Brite Andrew H. aus Plymouth, gefangen genommen in der Region Mykolajiw, sagt in einem Video, ob unter Druck entstanden oder auch nicht, er habe in Polen Flüchtlingen geholfen und sich dann den ukrainischen Truppen angeschlossen, um zu kämpfen. Ihm sei Geld versprochen worden, doch erhalten habe er keines.

Oder der 21-jährige Marokkaner Brahim S. Er ergab sich am 12. März. Die russische Zeitung Kommersant zitiert seinen Anwalt: S. habe in Marokko keinen Job gefunden und konnte nicht auf die Universität gehen, weshalb er sich 2019 entschieden habe, in die Ukraine zu ziehen. Der Konflikt im Donbass habe ihn interessiert, und er habe beschlossen, in die Streitkräfte der Ukraine einzutreten.

"Böse Menschen und Sadisten"

Wohl unter Zwang gemachte Aussagen von gefangenen Söldnern dienen auch der russischen Propaganda. Am 2. Mai veröffentlichte ein russischer Journalist auf Twitter ein Video mit Andrew H. Dieser spricht von der Grausamkeit ausländischer Söldner. Sie seien "böse Menschen und Sadisten", die den Krieg genießen, alle wahllos töten, Zivilisten ausrauben, russische Militärs foltern und den Nationalsozialismus unterstützen würden. Doch was ist dran an dem Narrativ, dass etwa die Kämpfer des Asowschen Regiments, die sich in Mariupol ergaben, Nazis oder Rechtsradikale seien?

Gegründet wurde das Regiment 2014 als Freiwilligenbataillon. Noch im selben Jahr wurde es Teil der Nationalgarde des ukrainischen Innenministeriums. Zumindest damals war die Truppe rechtsextrem, man warb auch unter deutschen Rechtsradikalen um Mitglieder.

Anwerben beim Festival

So wurden auf einem Rechtsrock-Festival im thüringischen Themar unter den Besuchern deutschsprachige Flyer verteilt, die dazu einluden, "in die Reihen der Besten" einzutreten, um "Europa vor dem Aussterben" zu bewahren. Offiziell distanziert sich das Asowsche Regiment heute von Neonazis, man kann es wohl als "ultranational" bezeichnen. Auch in ihm dienten ausländische Söldner. (Jo Angerer aus Moskau, 10.6.2022)