Auch auf Youtube und Twitter sind die Influencer vertreten.

Foto: Reuters / Dado Ruvic

Nach Ausbruch des Ukraine-Kriegs zeichnete sich schnell ab, dass die Kämpfe nicht nur am Boden, sondern auch digital stattfinden werden. Es brach ein Meinungskampf im Netz aus, begleitet von einer steigenden Anzahl an Hackerangriffen. Aber nicht nur das. Vor ihrer EU-weiten Sperre verbreiteten russische Staatsmedien wie RT DE und Sputnik unermüdlich Kreml-Propaganda, die russischer Desinformation eine teils enorme Reichweite verliehen.

Innerhalb der EU sind inzwischen weder die Webseite noch der Telegram-Kanal von Russia Today erreichbar. Erfolgreiche prorussische Propaganda gibt es aber weiterhin, wie eine "Zeit Campus"-Recherche aufzeigt. Zentrale Akteurinnen und Akteure sind demnach Influencer, die auch auf sozialen Medien wie Youtube und Instagram teils zehntausende Menschen in westlichen Ländern mit scheinbar unabhängigen Informationen über den Ukraine-Krieg versorgen.

Wachsende Gefolgschaft

Als konkretes Beispiel nennt der Bericht drei Personen: Alina Lipp, Liu Sivaya und Vittorio Rangeloni. Diese würden zwar in Deutschland, Spanien und Italien leben und sich als selbstständige Journalisten bezeichnen, hätten aber russische Wurzeln – und würden zum Beispiel behaupten, dass Russland in der Ukraine Nazis bekämpfe und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj das eigene Volk bombardiere. Schon 2021 soll Lipp zudem mit der Sprecherin des russischen Außenministeriums in Kontakt gewesen sein.

Die Journalistin Isolde Ruhdorfer hat für "Zeit Campus" über russische Influencer recherchiert.

Mit diesen und ähnlichen Inhalten schafften es die genannten Influencer laut der "Zeit", ihre Gefolgschaft von wenigen Tausend auf teils mehr als hunderttausend Personen auszuweiten. Ihr Lieblingsthema seien dabei Desinformationen über die ukrainische Donbass-Region. Wie DER STANDARD berichtete, behaupteten russische Staatssender schon vor Kriegsausbruch, dass es einen Genozid an der dortigen Bevölkerung gebe. Eine Behauptung, die anschließend auch Putin aufgriff.

Verschwörungsszene

In Österreich, Deutschland und der Schweiz zeigte sich nach Ausbruch des Kriegs schnell, dass Russland auch einen großen Einfluss auf hiesige Verschwörungserzähler hat (DER STANDARD berichtete). Prominente Akteurinnen und Akteure der Szene schwenkten rasch von Behauptungen über die vermeintlichen Gefahren der Corona-Impfung auf Kreml-Propaganda um. Auf Demonstrationen in der Wiener Innenstadt tauchten zudem Russland-Fahnen auf. Grund dafür dürfte mitunter sein, dass RT DE seit Jahren zu den wichtigsten Informationsquellen der Szene zählt.

Nun scheint der Propagandaapparat des Kreml einen neuen Weg gefunden zu haben, die eigenen Botschaften zu verbreiten. (red, 10.6.2022)