Der Vorfall fand kurz vor drei Uhr Früh statt. Dennoch waren einige Gäste am Tatort, ohne aber einzugreifen.

Foto: Supchina

Die verstörenden Bilder einer Überwachungskamera in der chinesischen Stadt Tangshan sorgen seit Freitag für eine erneut aufgeflammte Debatte über Gewalt gegen Frauen. Vor allem chinesische Social-Media-Kanäle sorgten schnell dafür, dass das Video viral ging.

Unfassbar

Das Video zeigt eine Frau, die mit ihren Freundinnen in einem Restaurant in Tangshan sitzt. Auf einmal nähert sich ein Mann und betatscht die Frau. Sie weist ihn deutlich zurück, woraufhin der Mann der Frau einen Kinnhaken verpasst und auch in weiterer Folge auf sie einschlägt. Die Freundinnen, die zu Hilfe eilen wollen, werden von anderen Männern ebenfalls attackiert. Die Frauen werden getreten und auch ein Stuhl fliegt in die Richtung einer bereits liegenden Frau.

Kaum jemand hilft und so zieht der Mann sein Opfer an den Haaren auf die Straße und prügelt dort weiter auf sie ein. Eine Freundin wird umgestoßen und fliegt mit dem Kopf gegen den Bordstein. Weiterhin gehen Leute an der Szenerie vorbei, nur wenige greifen halbherzig ein. Die Polizei erschien erst am Tatort, als die Täter längst nicht mehr zu sehen waren. In einer Stellungnahme wurde verlautbart, dass die beiden Frauen ins Spital eingeliefert wurden und keine lebensbedrohlichen Verletzungen davongetragen hätten.

Gegen die Verdächtigen wurde laut Medienberichten, etwa durch "Supchina", zunächst gar nicht ermittelt. Erst als der Aufschrei im Netz so groß war, sahen sich die Behörden offenbar gezwungen, etwas zu tun. Wenig später wurde die Verhaftung von neun Verdächtigen auf der Plattform Weibo verkündet.

Grundsätzliches Problem

"Ich konnte nicht aufhören zu zittern als ich das Video gesehen habe," schreibt eine Frau auf der Plattform WeChat. "Sie wollte nur ihre Ruhe haben. Das könnte auch mir jederzeit passieren". Am Samstag bestimmen Diskussionen rund um den Fall die obersten Plätze auf der wohl wichtigsten chinesischen Social-Media-Plattform. In vielen Kommentaren ist zu lesen, dass Gewalt gegen Frauen ein strukturelles Problem in China ist und viel zu wenig geahndet wird. "Dieser Vorfall geschieht in einer Gesellschaft, in der Gewalt gegen Frauen weit verbreitet ist. Die Perspektive dieses Geschlechts zu ignorieren und weiterhin zu unterdrücken bedeutet, die Gewalt zu leugnen", heißt es in einem anonymen Post auf WeChat.

Kritik wurde auch an diversen Medien laut, die für viele die falschen Worte für die Tat nutzten. Der mittlerweile gelöschte Beitrag von "Beijing Youth Daily" etwa schrieb über den Angreifer, dass er "eine Unterhaltung mit der Frau geführt" habe. Andere bezeichneten den Vorfall als "körperlichen Konflikt".

Die chinesische Frauenbewegung reagierte mit einem Statement am Samstag und verlangt, dass "es nur eine Null-Toleranz für solch bösartige Fälle schwerwiegender Verletzungen der Rechte und Interessen von Frauen geben kann und darf".

Für solch große Bestürzung sorgte zuletzt ein Fall im Februar. Damals wurde ein Video aus der östlichen Provinz von Jiangsu geteilt, in dem eine Frau zu sehen war, die am Hals angekettet gefilmt wurde. Im Jahr 2020 wurde die tibetanische Video-Influencerin Lhamo von ihrem Ex-Mann vor der Kamera angezündet. (red, 11.6.2022)