Damit Österreich bis zum Jahr 2030 zumindest bilanziell sämtlichen benötigten Strom aus erneuerbaren Quellen beziehen kann, muss beim Ausbau auch und gerade der Windkraft ein Zahn zugelegt werden.

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Nach langem Warten soll es nun Schlag auf Schlag gehen: Neben dem erneuerbaren Wärmegesetz, das am Montag in Begutachtung geschickt wurde und unter anderem das Aus von Gasthermen in Neubauten ab kommendem Jahr beinhaltet, ist Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) selbigen Tags auch mit Vorschlägen zur Beschleunigung der Energiewende herausgerückt.

Die Vorschläge des Klimaschutzministeriums, die laut Gewessler noch mit dem Koalitionspartner ÖVP abzustimmen sind, lassen sich in drei Punkten zusammenfassen:

1) Keine Blockade mehr durch fehlende Energieraumplanung,

2) weniger Mehrfachprüfungen in den Verfahren und

3) die Energiewende, festgeschrieben als von besonders hohem öffentlichem Interesse.

Für das Aufstellen von Windrädern und Freiflächen-Solaranlagen, aber auch von Übertragungsleitungen und Speicheranlagen braucht es passende Flächen. Manche Bundesländer wie das Burgenland, Niederösterreich oder die Steiermark seien beispielhaft vorangegangen.

Tirol, Vorarlberg, Salzburg unter Zugzwang

"Da gibt es Energieraumplanung, da gibt es Zonen, in denen gebaut werden kann. In anderen Bundesländern ist das bisher nicht der Fall", sagte Gewessler – und bezog sich dabei insbesondere auf Tirol, Vorarlberg und, mit Abstrichen, Salzburg. Mit Abstrichen deshalb, weil in Salzburg nach langem Stillstand gerade eine Energieraumplanung in Ausarbeitung ist. Dort gebe es oftmals keine ausgewiesenen Flächen, infolgedessen auch keine Widmungen, was den Ausbau erneuerbarer Energien stark behindere, wenn nicht gar blockiere.

In Zukunft soll, sofern der Koalitionspartner ÖVP mitzieht, festgelegt werden, dass es keine Widmung mehr braucht, wenn in einem Bundesland keine Energieraumplanung vorliegt. Dann wird der Standort im Genehmigungsverfahren überprüft, das beschleunige ein Projekt unglaublich. Werde hingegen eine Energieraumplanung vorgelegt, dürfe "selbstverständlich nur in den ausgewiesenen Zonen gebaut werden", unterstrich Gewessler. Ob ein Datum fixiert wird, bis wann Energieraumplanungen vorzuliegen haben, ließ die Ministerin offen.

Streichen von Mehrfachprüfungen

Eine weitere Beschleunigung soll durch das Streichen von Mehrfachprüfungen erfolgen. Wenn es eine Zonierung gibt, dann wird dort geprüft, ob beispielsweise ein Windpark in dieser Zone das Landschaftsbild nicht stört. Bisher war es notwendig, dies im konkreten Verfahren nochmals nachzuweisen. "Diese Hürde können wir uns sparen", sagte Gewessler. "Wenn eine Prüfung einmal erfolgt ist, dann gibt es ein Ergebnis, das kann man akzeptieren, ohne noch mal von vorne beginnen zu müssen."

Indem der Energiewende im Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz ein besonderes öffentliches Interesse zugeschrieben wird, soll es weitere Verbesserungen und Beschleunigungen für den Ausbau von Windkraft, Kleinwasserkraft und Sonnenenergie geben. Nur so sei das Ziel, den Strombedarf Österreichs 2030 über das Jahr gesehen zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien zu schaffen, erreichbar.

Abstimmungsbedarf mit ÖVP

Gewessler räumte ein, dass das Beschleunigungsvorhaben noch mit dem Koalitionspartner abgestimmt werden muss. Sie gehe aber davon aus, "dass wir (Grüne und ÖVP, Anm.) ein gemeinsames Interesse haben, das rasch umzusetzen".

Stefan Moidl von der IG Windkraft wies in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Ministerin Gewessler darauf hin, wie wichtig es sei, flexibel auch und gerade bei den Genehmigungsverfahren zu sein.

So soll nicht mehr exakt festgeschrieben werden, welche Leistung die zu genehmigende Anlage hat oder wie groß der Rotor zu sein hat. Damit vergebe man sich Chancen, die jeweils modernste Technologie einsetzen zu können, weil zumindest bisher das Genehmigungsverfahren in so einem Fall von neuem gestartet werden musste. Gewessler sicherte zu, dass dies mit der Einstufung als von hohem öffentlichem Interesse möglich sein sollte. (Günther Strobl, 13.6.2022)